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Eine Lady verschwindet

Eine Lady verschwindet

Titel: Eine Lady verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zu Ende.«
Er lächelte verschlagen, und gleich darauf glitt ein Pistolenlauf über den
unteren Rand des Fensters. »Gehen wir in die Hütte, Holman .«
    »Was, zum Teufel, soll das
heißen?«
    »Darüber sprechen wir drinnen.«
    Ich habe noch nie viel dafür
übrig gehabt, mich mit einem Burschen herumzustreiten, der eine Waffe in der
Hand hält, und schon gar nicht, wenn mein Blick genau in deren Lauf gerichtet
ist. Also drehte ich mich um und strebte der Hütte zu. Lonnie schloß die Tür hinter
uns und durchsuchte mich anschließend mit geübten Händen.
    »Sie haben keine Waffe bei
sich?« Er schien vage erstaunt zu sein.
    »Ich nehme nur eine mit, wenn
ich den Eindruck habe, ich würde sie brauchen«, sagte ich wahrheitsgemäß.
    »Und diesmal hatten Sie diesen
Eindruck nicht, was ?« Er schnalzte mitfühlend mit der
Zunge. »Manchmal täuscht man sich eben.«
    Ich drehte mich ganz langsam
um, damit er nicht auf falsche Gedanken käme, und sah ihn an. »Was soll das
Ganze eigentlich?«
    »Es hat nichts mit Ihnen persönlich
zu tun, wissen Sie. Ich bin lediglich ein Mann, der tut, was man ihm befiehlt.«
    »Was hat man Ihnen befohlen?«
    »Sie zu erledigen. O’Neil ist der Ansicht, daß er Sie nicht mehr braucht und
daß Sie lästig werden könnten.«
    »Sie wollen mich umbringen?«
    »Was sonst?«
    Ich konnte es nach wie vor
nicht glauben, und das muß meinem Gesicht anzusehen gewesen sein, denn Lonnie
schüttelte den Kopf.
    »Sehen Sie die Sache mal so an, Holman «, sagte er. »Jeder hat seine Arbeit zu
erledigen. Ich bin in meiner sehr gut. Ich bringe Leute um.«
    »Warum mich?«
    Er zuckte die Schultern. » O’Neil ist der Boss. Wenn er mir sagt, ich soll Holman umlegen, dann tue ich das.«
    »Wie?«
    » O’Neil dachte an so was Schickes wie einen Autounfall, aber das habe ich ihm
ausgeredet. Eine Kugel genügt durchaus, habe ich ihm gesagt. Ein Bursche wie Holman macht sich in der Branche, in der er arbeitet, seine
Feinde. Die Polypen werden glauben, einer von ihnen habe endlich mit Ihnen
abgerechnet, und nicht im Traum werden sie auf den Gedanken einer Verbindung
zwischen Ihnen und Axel Barnaby kommen. Also wird Ihre Akte dann schließlich
unter der Rubrik >Ungeklärt< in irgendeiner Schublade verrotten.«
    »Haben Sie dabei nicht was
vergessen?« knurrte ich. » Manatti hat mich engagiert,
um Anna Flamini zu suchen. Wenn ich tot aufgefunden
werde, wird er mit Sicherheit wissen, daß jemand aus der Umgebung Barnabys mich
umgebracht hat.«
    »Und was wird er dann
unternehmen?« Lonnie lächelte wieder auf seine schüchterne Art. »Er wird
annehmen, daß Sie Ihren Auftrag verpfuscht haben, und sich einen neuen Knaben
anheuern.«
    »Und was ist mit dem Mädchen —
Daphne Woodrow?«
    »Ich nehme an, O’Neil hat vor, sie auch auf die eine oder andere Weise
auszuschalten«, sagte er gelassen.
    Mir gingen plötzlich die Argumente
aus. Es schien eine verteufelte Art und Weise zu sterben zu sein — nur einfach
so dazustehen und sich erschießen zu lassen. Aber die Chance, mit einem Profi
wie Lonnie fertig zu werden, indem ich mich auf ihn stürzte, war ungefähr
ebenso groß, als wenn ich den Versuch unternommen hätte, durch die Decke zu
fliegen.
    »Kann ich hinterher noch was
für Sie tun, Holman ?« fragte er. »Vielleicht Ihre
weißhaarige alte Mutter anrufen und ihr mitteilen, daß sie den Leichenbestatter
anrufen soll?«
    Ich spürte, wie dunkle,
ohnmächtige Wut in mir hochstieg, als ich merkte, daß der Drecksack die
Situation auch noch genoß.
    »Nein?« Er zuckte erneut die
Schultern. »Wenn Sie vorziehen, von hinten erschossen zu werden, warte ich, bis
Sie sich umgedreht haben.«
    »Wissen Sie was?« sagte ich mit
belegter Stimme. »Jemand hätte Sie gleich mit dem Stiefel zertrampeln sollen,
als Sie unter diesem Stein hervorgekrochen kamen!«
    »Die Zeit wird knapp für Sie«,
zischte er. »Sagen Sie bye-bye, Holman !«
    Meine Bauchmuskeln zogen sich
unwillkürlich zusammen, als der Knall von zwei schnell aufeinanderfolgenden
Schüssen mein Trommelfell erschütterte. In Lonnies Augen trat ein Ausdruck der
Überraschung und gefror dort. Ein hellroter Blutstrom quoll aus einem Loch in
seiner Kehle, als er rückwärts taumelte, um dann auf dem Boden
zusammenzubrechen.
    Es dauerte lange — mindestens
zehn Sekunden — , bis ich schließlich begriff, daß es
Lonnie war, der erschossen worden war, und nicht ich. Ich hob seine Pistole auf
und steckte sie automatisch in meine Jackentasche. Dann kniete

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