Eine Lady zu gewinnen ...
zugegeben, dass ich weniger vertrug als er und nicht die mindeste Ahnung hatte, wovon er sprach. Ich hätte wie ein Narr dagestanden.«
Es brach ihr das Herz, zu sehen, wie er litt.
Er wandte seinen Blick von ihr ab. »Es reichte mir zu wissen, dass wir eine Wette abgeschlossen hatten. Denn für einen Gentleman ist eine Wette eine Wette, egal ob er sie betrunken oder nüchtern eingegangen ist.«
Sie erinnerte sich an das, was Poppy gesagt hatte, und warf ihm einen raschen Blick zu, aber er war völlig von Gabriels Erzählung gefangen.
»Also sind Sie einfach mit ihm gegangen, wie irgendein Grünschnabel?«, fragte ihr Großvater.
»Genau wie irgendein Grünschnabel. Er sagte: ›Also, bringen wir es hinter uns. Diesmal gewinne ich, Sharpe‹, und ich quälte mich aus dem Bett und ging hinaus, um mein Pferd zu satteln. Es war mir egal, wo das Rennen stattfand oder was der Einsatz war. Ich war einzig daran interessiert, ihn zu schlagen.« Bitterkeit lag in seiner Stimme.
»Weil er immer gegen dich gewinnen musste«, sagte Lord Jarret sanft.
Lord Jarret hatte recht, daran erinnerte sie sich. Ihre Rivalität hatte auf Gegenseitigkeit beruht. Roger hatte damals hin und wieder behauptet, dass Gabriel seine Pferde verhext oder dass Gabriel beim Kartenspielen gewonnen habe, weil er mit dem Teufel im Bunde stand.
Und bei ihrem Kutschenrennen hatte sie dasselbe zu Gabriel gesagt. Bei dem Gedanken wand sie sich innerlich.
Gabes Blick war in die Ferne gerichtet, als ob er alles noch einmal vor sich sehen würde. »Als mir klar wurde, wohin unser Weg führte, hatte ich einen lichten Moment. Ich wusste, dass die Strecke in Turnham Green zu gefährlich war. Ich hatte erlebt, wie andere Männer dort schwere Unfälle erlitten hatten.« Er schluckte hart. »Aber wir hatten schon Lyons aus dem Bett geholt, damit er als Rennrichter fungierte, und ich wollte vor den beiden keinen Rückzieher machen. Ich hätte mir lieber das Genick gebrochen als das, versteht ihr?« Seine Stimme wurde eisig und schien jetzt von weit her zu kommen. »Lieber brachte ich meinen besten Freund um.«
»Du hast ihn nicht umgebracht, Gabriel«, sagte Virginia sanft. Sie ertrug seinen Schmerz nicht mehr.
»Bist du sicher?« Er funkelte sie an. »Denn ich bin es nicht. Dein Großvater sagt, dass ich Roger betrunken gemacht und zu dem Rennen genötigt habe – vielleicht war es so. Vielleicht habe ich ihn provoziert. Vielleicht habe ich ihn einen Feigling genannt. Vielleicht habe ich ihm sogar gedroht. Wir werden es niemals wissen.« Er blieb direkt vor ihr stehen, sein Gesicht so tot und kalt wie seine Stimme. »Aber eins wissen wir: Ich war zu stolz, um zuzugeben, dass ich mich nicht erinnern konnte. Ich war zu hochmütig, einen Rückzieher zu machen oder meinen besten Freund einfach gewinnen zu lassen. Denn wenn ich ein Rennen fuhr, bei Gott, dann musste ich gewinnen, selbst wenn das bedeutete …« Seine Kehle war wie zugeschnürt. »Nun kennst du meinen Charakter. Der General hat recht, Virginia, ich verdiene dich nicht.«
»Das glaube ich nicht«, flüsterte sie.
Er zwang ihren Blick nieder. »Das glaubst du nicht? Warum hast du dann so darauf gedrängt, dass ich mein Innerstes offenbare? Und behaupte jetzt nicht, es sei für deinen Großvater gewesen. Wir wissen beide, es war für dich, damit du Gewissheit hast, ob ich ein ›Mann von gutem Charakter‹ bin. Weil du dir dessen nie sicher warst.«
Hatte er recht? War sie es gewesen, die sie beide bis an diesen Abgrund geführt hatte?
Sein Atem ging stoßweise. »Egal, wer die Herausforderung ausgesprochen hat, dein Bruder ist gestorben, weil ich zu eitel war, um das Rennen abzusagen, und zu ruhmsüchtig, um ihn gewinnen zu lassen. Glaubst du wirklich, dass du jemals in der Lage sein wirst, das zu vergessen? Oder mir dafür zu vergeben?«
Für Sekunden blitzte ein Bild in ihrem Kopf auf: Roger, ausgestreckt auf seinem Bett, unnatürlich steif. Gabriel hätte das Rennen verhindern können. Aber er hatte es nicht getan.
Doch auch Roger hätte einlenken können.
Aber wenn er nicht begriffen hatte, dass Gabriel sich an nichts erinnerte …
»Das habe ich mir gedacht«, sagte er kalt, als sie nicht antwortete. »Da du nun die Tatsachen kennst, hast du wenigstens einen Grund, mich zu hassen.«
Er drängte sich an ihr vorbei und ging auf die Tür zu.
»Warte!« In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander, was er gerade enthüllt hatte. »Wo willst du hin?«
Obwohl er im Türrahmen stehen blieb,
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