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Eine lange dunkle Nacht

Eine lange dunkle Nacht

Titel: Eine lange dunkle Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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sein!«
    Rene lachte leise. »Zum Glück du und nicht ich«, sagte sie, während sie wendete.
    »Du und Bill, fangt bloß nicht an loszujohlen, wenn ich auf die Bühne komme.«
    Rene nickte. »Ich werde keinen Mucks von mir geben.« Dann fügte sie hinzu: »Ich freue mich, daß ich endlich Bill kennenlerne. Sieht er wirklich so gut aus, wie du sagst?«
    Teresa überlegte einen Augenblick. »Ich glaub' schon. Aber ich kann's gar nicht mehr so genau sagen. Ich liebe ihn so sehr, daß ich ihn durch eine rosarote Brille betrachte. Verstehst du, was ich meine?«
    Rene schüttelte den Kopf. »Nee, ehrlich gesagt habe ich so was noch nie erlebt.«
    »Wirst du aber bald, bestimmt«, kicherte Teresa. »Bloß nicht heute abend mit meinem Freund, okay?«
    Der weiße Hosenanzug war perfekt – so lange, bis sie wieder in Renes Wagen saßen und zum Summit losbrausten, doch Rene verbot Teresa, noch mal die Klamotten zu wechseln. Ihnen blieben nur noch neunzig Minuten. Teresa war eine Autofahrt noch nie so langsam vorgekommen. Ihre Nervosität war unerträglich. Sie versuchte sich einzureden, daß der Auftritt nicht an diesem Abend war, doch ihr klopfendes Herz und ihre trockene Kehle ließen sich nicht täuschen. Wieder und wieder malte sie sich aus, was alles schiefgehen konnte. Ihre schlimmste Befürchtung war, daß sie erstarren und keinen Ton rausbringen würde. Aber sie wußte auch, wenn sie den ersten Song irgendwie hinter sich brachte und den Applaus hörte – und sollte auch nur eine Person klatschen –, würde sie sich entspannen. Sie legte Rene die Hand auf die Schulter.
    »Ich bin froh, daß du heute abend dabei bist«, sagte sie.
    Die Sentimentalität in ihrer Stimme verwirrte Rene, denn normalerweise zeigten die beiden einander gegenüber keine tiefen Gefühle. Rene war stets reserviert – und würde es wahrscheinlich immer bleiben. Sie lebte mit ihrem Vater, einem Staatsanwalt, und ihrer Stiefmutter, die niemals eigene Kinder gewollt hatte.
    »Und ich bin froh, daß du das sagst«, erwiderte Rene. »Schwitzt du?«
    Teresa spielte nervös mit ihren Fingern. »Blut und Wasser. Wie konnte ich mich bloß auf diese Sache einlassen? Ich hasse es, mich so zu fühlen. Es ist so, als würde ich darauf warten, zum Galgen geführt zu werden.« Sie schloß ihre Augen. »Wenn ich versage, will ich sterben, soviel ist sicher.«
    »Ich beneide dich«, sagte Rene.
    Teresa machte die Augen wieder auf. »Das bildest du dir bloß ein. Ich würde alles in der Welt geben, um mit dir tauschen zu können.«
    Rene sah zu Teresa hinüber. Sie hatte so dunkle Augen – sie waren beinahe so schwarz wie ihre Haare und ebenso schön. »Geht mir genauso.«
    »Echt?«
    Rene nickte. »Echt.«
    »Wieso?«
    »Weil du so lebendig aussiehst.«
    »Ich sagte doch, ich fühle mich eher, als würde ich gleich sterben.«
    Rene schwieg einen Moment. »Viele kranke Menschen, die erfahren haben, daß sie bald sterben werden, sagen, sie hätten gerade dann richtig zu leben angefangen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, das war's, was ich sagen wollte. Ach, ich weiß auch nicht.«
    Teresa mußte lachen. »Sehe ich so schlecht aus?«
    Ein trauriges Lächeln huschte über Renes Gesicht. »Du siehst wundervoll aus.«
    Schließlich erreichten sie das Summit. Der Parkplatz war voll. Voll! Das war unmöglich. Um Himmels willen, es war doch Dienstag. Mr. Gracione hatte gesagt, daß dienstags höchstens sechzig Leute kämen. Schlagartig wurde ihr bewußt, was geschehen war. Mr. Gracione hatte seinen Stammkunden von ihr erzählt. O nein, dachte sie, sie würde an einem einzigen Abend sein gesamtes Stammpublikum vergraulen. Als sie aus Renes Wagen stieg, stolperte sie fast über ihre eigenen Beine.
    »Mehr Leute als erwartet?« fragte Rene. Teresa schluckte.
    »Ja.«
    Sie betraten den Club durch den Hintereingang. Mr. Gracione und Bill, beide im Anzug, begrüßten sie. Bill besaß einen Anzug? Das hatte sie gar nicht gewußt. Er mußte ihn extra für diesen Abend gekauft haben. Sie stellte ihm Rene vor, und die beiden schüttelten sich die Hände und sagten irgend etwas, das Teresa nicht verstand. Sie zitterte dermaßen und konnte sich kaum vorstellen, in Kürze vernünftig Gitarre zu spielen. Mr. Gracione nahm sie zur Seite.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Miserabel. Es ist so voll. Wieso haben Sie all die Leute eingeladen?«
    »Nun, ich habe von dir geschwärmt«, sagte er entschuldigend, »und etwas von meinem Enthusiasmus muß wohl abgefärbt haben. Aber

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