Eine Leiche im Badehaus
ordentlich über die Lenden des toten Architekten. Dann gab ich den Trägern ein Zeichen, die Leiche wegzutragen.
»So, sieht also so aus, als hätte der junge Malergehilfe Pomponius ermordet. Es gibt nur einen Weg, das mit Sicherheit herauszufinden. Ich werde ihn bitten, ein guter Junge zu sein und zu gestehen.«
XXXIX
Mir kam es ganz natürlich vor, denselben Rückweg einzuschlagen, über den Flur und durch meine eigene Unterkunft. Ich musste mich beruhigen. Ich fand Helena und erzählte ihr, was passiert war.
»Dieser Pinsel ist nachträglich dahin gekommen. Die Bäder zu öffnen, damit jeder Zugang hatte, ist absichtlich geschehen, nicht aus Nachlässigkeit der Arbeiter. Ich hab mich den ganzen Morgen von Alexas ablenken und aufhalten lassen und davor auch von Strephon. Die halbe Projektmannschaft muss hinter meinem Rücken herumgewieselt sein.«
»Um Verwirrung zu stiften? Nicht sehr subtil, auf diese Weise jemandem die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen, Marcus. Wenn der junge Maler unschuldig ist …«
»Seine Unschuld ist nicht der Punkt«, sagte ich.
Helena spitzte die Lippen, ihre großen dunklen Augen voller Besorgnis. »Warum glaubst du will man ihn zum Sündenbock machen? Hat er jemanden beleidigt?«
»Na ja, er trinkt, macht den Mädchen schöne Augen, prügelt sich und haut anderen eins auf die Rübe.« Aber Justinus mochte ihn immer noch, trotz des Veilchens. »Außerdem habe ich seine Arbeit gesehen. Er ist ein verdammt guter Künstler.«
»Eifersucht?«
»Könnte sein.«
»Klingt so, als hätte die halbe Projektmannschaft sich verschworen, diese falsche Fährte zu legen«, meinte Helena verärgert. »Also haben sie – oder einige von ihnen – Pomponius umgebracht?«
»Das kann ich jetzt noch nicht sagen.« Meine Stimmung hatte sich etwas gebessert. »Aber eines ist sicher, die Projektmannschaft hasst den neuen Projektleiter wirklich.«
Helena wusste sofort, was ich bei der Besprechung am Morgen verfügt hatte. »Ah ja! Du möchtest also selbst die Chance haben, dogmatisch und anmaßend zu sein?«
Ich grinste. »Und ich verfüge auch über keinerlei berufliche Erfahrung, wie mir vorgeworfen wurde. Ich bin wie geschaffen für den Posten. Mit diesen Fähigkeiten hätte ich Architekt werden können.«
Ich sprach noch rasch mit Maia. Sie hatte wenig hinzuzufügen. Derjenige, den sie an diesem Morgen in den Bädern gehört hatte, war mit raschen Schritten am Kaltraum vorbeigeeilt und bald darauf zum Ausgang zurückgekehrt. Das passte. Er musste in den Heißraum gegangen sein, den Pinsel versteckt und sich dann davongemacht haben.
Jetzt hatte Maia darüber nachgedacht, wie sie sich wohl gefühlt hätte, wenn sie über den Toten gestolpert wäre. Sie gestand, dass sie sich regelmäßig allein ins Badehaus geschlichen hatte, zu Zeiten, wo sie hoffte, niemanden dort anzutreffen. Sie sei zum Beispiel auch gestern Abend dort gewesen, erzählte sie mir schuldbewusst.
»Nachdem ich mich auf den Weg nach Novio gemacht hatte?«
»Nach dem Abendessen.«
»Dummkopf! Maia Favonia, deine Mutter hat dir beigebracht, dass Baden mit vollem Magen zu Anfällen führen kann.«
»Es führt aber auch dazu, dass du viel Zeit zum Nachdenken hast«, grummelte Maia. Ich zog es vor, nicht zu erfahren, worüber sie nachdachte. Die dunkleren Kammern der Seele meiner Schwester zu erforschen würde warten müssen.
»Fremde könnten denken, du wärst auf ein Stelldichein aus.«
»Mir ist völlig egal, was andere denken.«
»War es schon immer. Du warst also gestern Nacht am Tatort, Maia. Erzähl mir davon. In allen Einzelheiten.«
Maia war jetzt bereit, mir zu helfen. »Ich merkte, dass vor mir jemand reingegangen war. Als ich ankam, lagen Kleidungsstücke in zwei Spinden.«
»Zwei?«
»Ich kann zählen, Marcus.«
»Du kannst auch ganz schön schnippisch sein. Beschreib mir die Kleidung.«
Maia hatte in ihrer Jugend bei einem Schneider gearbeitet. »Farbiges in dem einen Spind – teurer Stoff, unordentlich hineingestopft. Ungewöhnlich, Jacquard, vielleicht mit Seide durchwirkt. In dem anderen lag eine schlichte weiße Tunika – Wolle, von gewöhnlicher Webart –, ordentlich zusammengefaltet, mit einem Männergürtel obendrauf.«
»War das teure Material in Braun und Türkis eingefärbt?« Sie nickte. »Pomponius. Aber wer war der andere Mann? Hätte es Cyprianus sein können, der die Leiche entdeckt hat? Warst du im Badehaus, kurz bevor ich aus Noviomagus zurückkam?«
»Nein, sehr
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