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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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die dünnen Waden schmiegte. Die Todesursache lag auf der Hand: Eine Gesichtshälfte und der halbe Hinterkopf waren eingedrückt und deformiert, Knochenstücke schimmerten weiß unter dem Fleisch. Doch das übrige Gesicht war gut zu erkennen, sie war es wirklich, Bebè, der fröhliche, eitle Schmetterling, der vielleicht etwas zu sagen gehabt hatte, vielleicht auch nicht.
    Santomauro stand vor ihrer Leiche und fühlte sich schuldig.
     
    »Sie hat sich von der Gruppe entfernt, aber keiner weiß, warum. Regina glaubt sich zu erinnern, dass sie zuvor sagte, ihr sei schlecht.«
    »Klar. Olimpia zufolge hatte sie sechs Zimtstangen verzehrt.«
    »Immer eine Spitze auf Lager, diese Frau.«
    »Jedenfalls will keiner gesehen haben, wie sie hinausgegangen ist, und natürlich will auch sonst niemand hinausgegangen sein.«
    »Aber de Collis meint, er habe Pippo zum Rauchen nach draußen gehen sehen, Olimpia sagt, dass Regina nicht die ganze Zeit neben ihr stand, Regina glaubt dasselbe von Olimpia, D’Onofrio kann sich beim besten Willen nicht an Pater Lucarello erinnern, dafür umso deutlicher an De Giorgio …«
    »Ja danke, er wird ihn keine Sekunde aus den Augen gelassen haben!«
    »Mina D’Onofrio sagt, dass Titta Sangiacomo ein komischesGesicht gezogen habe, Martina Ceccarelli schwört, dass sie die ganze Zeit Händchen hielten, er erinnert sich, dass er einmal wegging, um eine Zitronengranita von der Theke zu holen …«
    »Kurz gesagt, sie sind alle unglaubwürdig.«
    »Allesamt, vom Ersten bis zum Letzten, und sie sterben vor Angst. Es wirkt gerade so, als seien sie alle schuldig.«
    »In Ordnung, für heute Nacht lassen wir sie laufen, wir wissen ja, wo wir sie finden.«
    »Simone, da ist ein Anruf für dich.«
    »Maresciallo, Gaudioso hier, ich wurde gerade zu nachtschlafender Zeit aus den Träumen gerissen und mit mir meine Frau, meine Schwiegermutter, das Neugeborene und die anderen Kinder, und zwar durch den Anruf eines Freundes, der grundlos mit seiner gesamten Familie von Ihnen festgehalten wird, und das mit Mitteln, die mich an die Zeiten der Inquisition erinnern … Santomauro? Santomauro, hören Sie mich? Hach, jetzt ist die Verbindung abgebrochen.«
     
    Es war gegen vier Uhr morgens, als Santomauro und seine Leute endlich nach Hause kamen. Die Dynamik des Geschehens schien geklärt, aber mehr leider auch nicht, alles Übrige lag im Dunkeln.
    Ein Dunkel so undurchdringlich wie das schwarze Hafenwasser, dort wo die letzten Boote vertäut lagen und ein Pärchen, das sich zum Knutschen zurückgezogen hatte, etwas Eigenartiges und Furchtbares aus dem Wasser hatte auftauchen sehen.
    Die Schreie des Mädchens hatten die Leute alarmiert, die noch unterwegs waren, es war relativ früh am Abend, und niemandem aus der Gruppe war Bebès Fehlen bislang aufgefallen. Doch später, als die Streifenwagen der Carabinieri mit Martinshörnern herbeirasten und auch ein überflüssiger Krankenwagen, hatten sie das Verschwinden der Freundin bemerkt und sich Sorgen gemacht, und eine Abordnung aus de Collis, Pippo Mazzoleni und Regina hatte sich den Carabinieri und dem obszönen Ding genähert, das gerade aus dem Hafenbecken ins Trockene gezogen wurde.
    Während er sich auskleidete und aufs Bett legte, vergeblich auf einen Schlaf hoffend, der nicht kommen würde, kreisten Santomauros Gedanken immer wieder um die gleichen, sinnlosen Fragen.
    Was hätte Bebè ihm am nächsten Morgen mitgeteilt, wenn sie gekonnt hätte? War das der Grund, warum der Mörder sie zum Schweigen bringen wollte? Wie hatte er sie von den anderen weggelockt, unter welchem Vorwand hatte er sie überzeugt, dorthin zu gehen, wo es am dunkelsten war? Und warum hatte sie ihm vertraut, gerade sie, die scheinbar schon Verdacht geschöpft hatte?
    Vielleicht war der Mann oder auch die Frau ihr gefolgt, hatte dann die allgemeine Unaufmerksamkeit genutzt, das Gelächter und das Spektakel auf der Bühne des Puppentheaters, das die Blicke aller Freunde in Bann hielt?
    Hatte Bebè in dem Moment vor ihrem Tod gewusst, dass sie sterben würde? Hatte sie sich umgedreht, auf dem hübschen Gesicht einen überraschten, erschrockenen Ausdruck, hatte sie vergeblich versucht, den ersten Schlag abzuwehren? Oder hatte sie unwissend und ahnungslos aufs Meer geschaut, das unter ihr an den Kai schwappte?
    Die Tatwaffe war eine große Ankerkette, an den rostigen Ringen klebten noch Reste von Gewebe, Knochen und Haaren, obwohl sie kurz im Wasser gelegen hatte. Die Leiche war in aller

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