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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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durchscheinen. Er stellte sich vor, wie er sich in die kalten Fluten stürzte, die er vom Fenster aus sah, und hätte liebend gern eine weitere Nacht Schlaf gegeben für das Gefühl des eiskalt prickelnden Wassers um seinen Körper, wenn er hinaus zur Landzunge schwamm. Das Bild von Bebè Polignani, die das Prickeln des Wassers nicht mehr hatte spüren können, schob sich machtvoll und grell vor sein inneres Auge, und ebenso der Anblick von Samir und seinem halb geöffneten Lid auf dem Obduktionstisch und der des grauenerregenden, verwesten Etwas auf dem Algenbett, das Elena Mazzoleni gewesen war.
    Nein, beschloss er, er würde nicht mehr im Meer schwimmen, ehe diese Geschichte nicht endlich aufgeklärt war.
    Gnarra hingegen plapperte aufgedreht auf ihn ein, als hätte er nicht genau wie er kaum mehr als drei oder vier Stunden Schlaf bekommen.
    »Was für eine Löwin, diese Frau! Totò ist ein echter Glückspilz. Maria Pia gibt nicht so schnell auf. Wenn ich jemals entführt und verschleppt werden sollte, möchte ich, dass sie mich sucht und rettet. Stell dir nur vor! Wenn sie nicht wäre, wäre Gustavo jetzt schon Schmorbraten oder Hasenpfeffer. Und diese zwei Stinktiere hätten alles aufgefressen, ohne auch nur einen Löffel davon übrigzulassen!«
    »Hättest wohl auch gerne vom braven Gustavo probiert, was?«
    »Psst! Wenn die Löwin das hört, wandere ich selbst in den Topf. Ich will ja gar nicht leugnen, daran gedacht zu haben, aber wenn ich jetzt das dicke Tierchen mit seinem glänzenden Fell so sehe …«
    »Komm schon, Pietro.«
    »Na ja, ehrlich gesagt war ich schon gerührt, als die Kinder ihn in die Arme geschlossen haben. Was hast du mit Bancuso und Licalzi vor?«
    »Da bleibt mir wohl keine Wahl, oder? Sie bekommen einen Verweis und werden versetzt. Immerhin handelt es sich um Diebstahl, auch wenn es einen albernen Beigeschmack hat.«
    »O ja, Diebstahl eines Kaninchens, um es zu mästen und zu verzehren! Bisher hatte ich nicht den Eindruck, dass die Jungs hier Hunger leiden müssen.«
    »Deswegen wiegt es ja umso schwerer. Sie haben es aus Freude an der Regelwidrigkeit getan, aus purer Lust am Verbotenen, und haben sich hinter unserem Rücken über uns lustig gemacht, während die Manfredi-Kinder litten. Das finde ich unverzeihlich, mal ganz abgesehen von dem Diebstahl als solchem.«
    »Himmel, diese Kaltblütigkeit, zwei abgebrühte Ganoven. Und wir dachten, Gustavo sei längst tot, während seine Knochen zwischen den Küchenabfällen von morgen gelandet wären. Teuflisch!«
    Ja, wahrhaft teuflisch, dachte Santomauro einmal mehr, während Gnarra hinausging, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Fast hätte er ihn zurückgerufen. Da war etwas, das er gesagt hatte … Nichts zu machen, aber es würde ihm schon wieder einfallen.
     
    Pater Lillo Lucarello hatte in seinem Leben zwei große Fehler begangen: Der erste war gewesen, mit Elena Mazzoleni zu schlafen, in einem emotional sehr aufgewühlten Moment, und der zweite, Olimpia Casaburi in einem ebensolchen Moment davon zu erzählen. Er hatte es bereut, tausendfach, wenngleich diese Reue nichts mit dem Herrgott zu tun hatte, der alles siehtund alles versteht. In dieser Hinsicht hatte er bereits Abbitte geleistet, auch dies über Gebühr schmerzhaft, da sein Beichtvater ein alter Jesuit war, bissig und gnadenlos, aber sehr klar.
    Der erste Fehler lag ein Jahr zurück, als sein Antrag auf die Versetzung in eine Mission nach Brasilien zum dritten Mal abgelehnt worden war. In der Hierarchie über ihm hielt man ihn in Neapel für unabkömmlich, um die Spenden der wohlhabenden Damen in die Ordenskassen zu spülen.
    Elena hatte für ihn Verständnis gezeigt, war unerwartet einfühlsam und sensibel gewesen. Er war ihr auf den Leim gegangen, um fast gleichzeitig zu merken, dass er die Maus in den Klauen einer reichen, gelangweilten Katze war. Blitzschnell war er geflohen, und sie hatte sich kurz darauf anderweitig getröstet.
    Damit schien die Sache beendet, doch Anfang des Sommers war eine Diskussion mit Olimpia über das priesterliche Zölibat in einen wilden Streit ausgeartet, bei dem sie ihm ihre Gefühle teilweise offenbart hatte und ihn der emotionalen Kälte und Frigidität beschuldigt hatte. Lillo war ein Wort zu viel herausgerutscht, getrieben von einer unbegreiflichen Eitelkeit, und schon war es geschehen. Olimpia hatte eine Woche lang nicht mit ihm geredet, dann war sie in seine Messe gekommen, und alles schien wieder zu sein wie früher.
    Die Einladung

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