Eine Leiche zu Ferragosto
bei ihr auftauchen.«
In Wirklichkeit war Pietro Gnarra mehr als glücklich, dass er in der Kaserne bleiben durfte. Er wäre lieber gestorben, als es jemandem einzugestehen, doch diesem Tag sah er schon lange voll Furcht entgegen, genauer gesagt seit Januar, als er im neuen Jahreskalender gesehen hatte, dass der 17. August auf einen Freitag fiel. Nicht dass er abergläubisch gewesen wäre, neeein, ganz und gar nicht, aber wer wusste schon so genau, ob da nicht doch was dran war, selbst im dritten Jahrtausend …
Vorsichtshalber hatte er jedenfalls dem Goldgehänge, das er um den Hals trug, zwei Hörner hinzugefügt. Eines war aus Korallen, ein ganz machtvolles Mittel gegen den bösen Blick, das andere aus Gold, das sicherlich Glück brachte, während er einen dritten Anhänger, den stärksten und wirksamsten von allen, ein schwarzes Horn aus echtem Horn, in der Hosentasche verborgen hielt, fernab von den Blicken der anderen, denn schließlich wusste jedes Kind, dass ein Horn, das von fremden und vielleicht feindseligen Augen angesehen wurde, schlagartig all seine Kraft verlor.
Zu Hause bei seinen Eltern, in Boscotrecase, hatte Gnarra ein sicheres Mittel gegen jede Art von Unglücksbringern, Freitag den 17. eingeschlossen: ein Zimmer, in dessen Mauern sein Vater kleine Nischen hatte schlagen lassen, wo er vor dem Zuspachteln Dutzende und Aberdutzende von Hörnern in allen Größen und jeglichen Materials deponiert hatte. Nicht dass Don Ciccio Gnarra abergläubisch gewesen wäre, um Himmels willen, aber man konnte ja nicht vorsichtig genug sein. In diesem Zimmer jedenfalls konnte man ganz ruhig abwarten, bis der Sturm vorüber war, doch Boscotrecase war leider weit weg, und Gnarra dachte, dass der Fluch vom Freitag dem 17. ihn schon getroffen hatte: Es würde ein Elendstag werden.
»Möchten Sie wissen, was für ein Mensch Valentina ist? Einmal, als sie sechzehn war, wettete sie mit Freunden, dass sie keineAngst hätte, aufs offene Meer hinauszuschwimmen. Wir mussten sie im Schlauchboot zurückholen, sie schwamm immer noch, nach drei Stunden. Das war typisch Valentina.«
De Giorgio schmunzelte, und sein Blick schien in die Ferne zu schweifen. Santomauro glaubte sie vor sich zu sehen, die junge Valentina, wie sie hartnäckig drei Stunden weiterschwamm, nur um zu beweisen, dass sie kein Feigling war. Widerstrebend musste auch er lächeln.
»Waren Sie befreundet?«
»Wir sind es noch immer«, erwiderte der Mann einfach. »Valentina ist die beste Freundin, die ich auf der Welt habe. Sie war die Einzige, die mich nicht verurteilt hat wegen dieser unseligen Geschichte. Die Einzige, die sich nicht geschämt hat, mit mir gesehen zu werden, als ich für alle Girolimoni, das Ungeheuer von Rom 1 , war. Sie ist zu Olimpia gegangen und hat ihr gesagt, sie sei eine dumme Ziege, die sich wie ein billiges Waschweib manipulieren lasse. Ich kann Ihnen Olimpias Gesicht nicht beschreiben, aber ich fühle mich noch heute gut, wenn ich daran denke.«
»Dann wusste sie also auch, dass Elena Mazzoleni alles eingefädelt hatte«, schlussfolgerte Santomauro laut.
»Ich habe es ihr selbst erzählt, in meiner ersten Verzweiflung. Valentina sagte, sie würde mit ihr reden, und das hat sie wohl auch getan, denn danach haben sie eine ganze Weile kein Wort mehr miteinander gesprochen. Auch wenn …«, und hier hielt De Giorgio inne.
»Keine Sorge«, meinte der Maresciallo jovial, »ich weiß alles von Pippo, Sie brauchen nicht zu fürchten, Ihre Freundin zu verraten.«
»Ich kann mir vorstellen, dass so manch einer nur zu froh ist, Sie über alles aufzuklären. Es ist nicht, wie es vielleicht aussieht«, meinte De Giorgio düster.
»Nein? Wie denn? Sagen Sie es mir.«
»Tja. Dann hören Sie die Geschichte wenigstens von einem, der sie mag.«
»Die Männer scheinen Signorina Forlenza insgesamt recht wohlgesonnen zu sein, jedenfalls mehr als die Frauen.«
»Das ist eine bösartige Unterstellung, Maresciallo, ich muss mich wundern.« Und gegen seinen Willen errötete Santomauro. Immerhin hatte er erreicht, dass sein Gegenüber nun kein Blatt mehr vor den Mund nahm.
»Fallen Sie nicht auf Klischees herein, Maresciallo, wir reden nicht von einem hübschen, zügellosen Mädchen, das keine Komplexe und Skrupel kennt.«
Nein?, dachte Santomauro, behielt es aber für sich.
»Valentina ist anders. Ich meine anders, als die Damen der Troika und der Peretroika es Ihnen weismachen möchten, aber anders auch als alle Frauen, die Sie in
Weitere Kostenlose Bücher