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Eine Leiche zu Ferragosto

Eine Leiche zu Ferragosto

Titel: Eine Leiche zu Ferragosto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Fiammetta Lama
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schüttelte noch zweimal den Lockenkopf, als wolle er leugnen, was offensichtlich war, dann begann er zu reden.
    »Er war ein guter Freund. Wirklich ein guter Freund. Normalerweise haben wir wenig mit den Leuten aus anderen Ländern zu tun, jeder bleibt lieber bei den eigenen Landsleuten, aber ich und er waren echte Freunde.« Er blickte zu Santomauro auf, und der Maresciallo sah, dass seine Augen glänzten. »Ich habe in meinem Land eine Frau und sieben Kinder. Samirgab mir häufig Geld für sie. Mit dieser Arbeit verdiene ich nicht viel, er hat mir geholfen. Er war ein guter Freund.«
    »Weißt du, womit er so viel Geld verdiente?«
    »Ja, ich weiß«, sagte er und schaute zu Boden, »aber das ist egal. Er hat nichts Schlechtes getan. Sein Traum war es, Kino zu machen, dafür hatte er sein Haus und eine gute Arbeit zurückgelassen, und er sparte sein Geld, aber wenn er sah, dass ich es brauchte, half er mir. Er war ein guter Freund«, wiederholte er stur.
    »Du weißt, dass er vielleicht umgebracht wurde wegen dem, was er tat?«
    »Nein!« Es war fast ein Schrei. Er packte Santomauros Hand und fuhr eindringlich fort: »Samir hatte nie Probleme mit seinen Frauen. Nie. Es war etwas anderes. Er hatte Angst.«
    »Angst wovor?«
    »Ich weiß es nicht. Dienstagvormittag kam er zurück und hatte Angst. Er hat kaum etwas zu mir gesagt und hat sich in sein Zimmer eingeschlossen. Wir haben zwei Zimmer mit einem gemeinsamen Eingang. Aber ich habe gehört, wie er telefonierte, dann ist er weggegangen. Ich habe ihn nicht mehr gesehen, aber ich habe mir keine Sorgen gemacht, manchmal blieb er zwei oder drei Tage weg, bei einer Frau.«
    »Du wusstest, dass wir ihn suchten. Warum hast du uns nicht informiert, dass er zurück war?«, fragte der Maresciallo leise.
    »Er war mein Freund«, erwiderte Mebazi hartnäckig.
     
    Bei Ascea war das Meer bekanntermaßen tückisch. Jeden Sommer verschlang es mindestens einen oder zwei Schwimmer, in der Regel leichtsinnige Jugendliche, und spuckte sie leblos wieder an den Strand. Sein sandiger Untergrund und die Unterwasserströmungen stellten eine gefährliche Falle dar, die die Urlauber allerdings guten Gewissens zu ignorieren schienen.
    An der gesamten Küste brutzelten braune oder bleiche Körper auf bunten Badetüchern in der Sonne. Kinder jeglichen Alters scharrten am Strand oder im Wasser im Sand, unter dengelassenen Blicken ihrer Mütter und Großmütter, die im Schutz der Sonnenschirme saßen. Seeungeheuer, Haie, Krokodile und alle Arten von Wasser- und Landtieren schaukelten inmitten der Badenden, während Schwärme von Kindern zwischen den genervten Sonnenanbetern Fußball spielten. Verpackungen wurden aufgerissen, Makkaroniomelettes ausgepackt, kleine Frikadellen und frittierte Mozzarellabrote; Getränkeflaschen wurden aufgeschraubt, aus den Tüten kamen Kroketten und Gemüsepizzen zum Vorschein. Die Leute bereiteten sich aufs Mittagessen vor, und danach würden sie sich wieder ins Wasser werfen, um sich zu erfrischen und die Verdauung anzuregen. Gnarra erschauerte trotz der sengenden Sonne. Er selbst würde bei Ascea nicht einmal die Spitze seines kleinen linken Zehs ins Wasser tauchen, womit er auch keineswegs hinterm Berg hielt. Im vorigen Sommer war er bei der Bergung eines Ertrunkenen dabei gewesen, eines zwölfjährigen Jungen, und die herzzerreißenden Schreie der Mutter klangen ihm noch heute in den Ohren.
    Er lief weiter am Strand entlang und versuchte, über glänzende Pobacken und verschiedengradig gebräunte Rücken hinwegzusehen. Hinter ihm keuchte Cozzone, der mit jedem Schritt eine Wolke Sand aufwirbelte. Gnarra hatte Mitleid.
    »Was hältst du davon, wenn ich dich zu einer granita einlade? Kleine Erfrischung zwischendurch.«
    »Danke, Brigadiè, aber wenn ich darf, würde ich Sie gerne einladen.«
    »Aber nein, ich hatte die Idee und ich zahle auch.« Entschiedenen Schrittes ging Gnarra zu dem bunten Karren ein Stück weiter vorn.
    Peppino, der Granitaverkäufer, war an allen Stränden der Gegend eine Institution. Seit einigen Jahren pensioniert – früher war er Maurer gewesen oder etwas Ähnliches –, hatte er sich den Karren gebaut, ihn angemalt, eine Markise montiert und eine Klingel, um die Kinder herbeizuläuten, und fuhr nun unermüdlich über die Strände, um sein zerstoßenes Wassereis mit Sirup unter die Leute zu bringen.
    »Was darf ’s sein, Dottò?«, fragte er mit seinem runzeligen, braungebrannten Lächeln. Vor ihm standen Sirupflaschen in allen

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