Eine Leiche zu Ferragosto
prächtiges Abendessen in einem Restaurant organisiert, zu dem er der Anzahl halber sowohl Cousine Mina Soppa, verheiratete D’Onofrio, als auch Schwager Arturo Pasqualetti mit Gemahlin und Kindern geladen hatte.
Sie alle kannten den Zweck der Festivität, nämlich der betagten und launischen Tante um den Bart zu gehen, die ihren Neunzigsten feierte und den Anschein erweckte, als wolle sie noch doppelt so alt werden. Die Alte war fest in der Hand ihres Neffen Avvocato Fasulo, der sicher auch den größten Batzen der Erbschaft abbekommen würde, doch die übrigen Angehörigen hofften, dass höfliche Zuvorkommenheit und liebevolle Zuwendung vielleicht auch ihnen ein Plätzchen im Testament bescheren würden. Deshalb präsentierten sie sich vollzählig, selbst die drei D’Onofrio-Töchter, die zwei kleinen Pasqualettis sowie der einzige und anmaßende Fasulo-Sprössling, die allesamt lieber weit weg gewesen wären. Die drei polnischen Hausmädchen an einem Extratischchen waren auf Signora Pasqualettis Betreiben hin zugelassen worden, die bekannt war für ihre progressive Haltung.
Das Abendessen war lang und ausgefeilt, unterbrochen nurvon den Toasts, die mit erhobenen Gläsern auf die Gesundheit der Jubilarin ausgebracht wurden, welche mit ihrer durch die erfahrenen Hände einer Barbarella Pilerci rundum erneuerten Dauerwelle gutmütig lächelnd dasaß und so tat, als wüsste sie nichts von den geheimen Wünschen der liebenden Verwandtenschar.
Nach Hause zurückgekehrt, fanden alle eine kleine Überraschung vor. Da die drei Villen in unmittelbarer Nachbarschaft in einer Seitenstraße von Sigmalea standen, bedurfte es von den drei zu Recht erschütterten Hausbesitzern nur eines einzigen Anrufs bei den Carabinieri. Cozzone, der Nachtschicht hatte, wurde losgeschickt, um die Einbrüche zu untersuchen, denen man schnell anmerkte, dass sie von Insidern geplant worden sein mussten.
Jede der Familien Fasulo, D’Onofrio und Pasqualetti hatte ein polnisches Dienstmädchen, riefen aber für gröbere Arbeiten ein und dieselbe Haushaltskraft, die omnipräsente Amavila Ciccuto, so dass der erste Verdacht unvermeidlich auf sie fiel sowie auf die Friseurin und den Gärtner, die sie sich ebenfalls teilten. Höchstwahrscheinlich hatte einer von ihnen absichtlich oder unbedacht die Pläne der Familie für den Abend einem Spitzel verraten, der dann die Ruhe der Villen gestört hatte.
Die Operation selbst war einfach gewesen und noch durch den Umstand erleichtert worden, dass in keinem der drei Fälle die Alarmanlage aktiviert war. Wie bei beinah allen Luxusvillen der Gegend gab es auch hier große Glastüren, Veranden und Fenster, die leicht zugänglich waren.
Der Gefreite dachte sofort an ein paar ähnlich gelagerte Einbrüche von vor wenigen Wochen, die Verbindung lag auf der Hand, da solche Vorfälle in der Gegend eher rar waren. Also machte er sich daran, die Zeugenaussagen der hysterischen Damen des Hauses aufzunehmen, die hektisch kontrollierten, was fehlte, während die alte Signora ungerührt zu Bett gegangen war, die Jugendlichen die Neuigkeit aufgeregt per Telefon im Freundeskreis verbreiteten und die Familienväter sich in bitteren und weitgehend übereinstimmenden Klagen über die Unfähigkeitder Ordnungskräfte ergingen, gemeinen Verbrechen wie diesen zuvorzukommen.
Drei Stunden kostete es den armen Cozzone, von Villa zu Villa zu gehen und alle Daten aufzunehmen, zwei weitere, um anschließend in der Kaserne seine Notizen zu sortieren und in einem Bericht abzutippen, dem in den darauffolgenden Tagen niemand weiter Beachtung schenken sollte. Dann konnte auch er sich in der Gewissheit, seine Pflicht getan zu haben, zur Ruhe legen.
Im Hause Fasulo kam man nach einer ausführlichen Erörterung durch die Signora zu dem Schluss, dass der Dieb, nachdem er ein Fenster eingeschlagen hatte, direkt in das Elternschlafzimmer vorgedrungen war. Es fehlten zwei Paar teure Ohrringe, außerdem eine Korallenkette, die die Signora lange nicht mehr getragen hatte. Darüber hinaus, aber in dem Punkt war sie sich nicht ganz sicher, fünf Unterwäschegarnituren aus Slip und BH in Größe achtunddreißig, neu. Das ganze Zimmer war auf den Kopf gestellt, und der Avvocato war sich nicht sicher über den Verbleib von etwas Bargeld, das er auf der Kommode hatte liegenlassen. Im Kühlschrank fehlten zwei Packungen Scheibletten und in der Vorratskammer acht Packungen Beluga-Kaviar, die als eiserne Reserve vom letzten Sommer übrig waren.
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