Eine Leiche zu Ferragosto
Außerdem noch andere verschiedene Lebensmittel wie Spaghetti, Thunfisch in Öl, Bohnen und Linsen in Konservendosen, nebst zwei Kilo sizilianischen Frisilli-Keksen, welche die Dame des Hauses einen Monat zuvor erstanden hatte. Aus dem Zimmer der alten Signora Biggiano war nichts entwendet worden, auch nicht aus dem von Fasulo Junior, der schwerlich zugeben konnte, dass er vier Tütchen Kokain vermisste, die er für Notfälle hier versteckt hatte. Der Polin, Signorina Irina Balova, fehlte nichts, was angesichts der Kargheit ihres Kämmerchens schnell überprüft war.
Das Haus D’Onofrio war über die Veranda betreten worden. Aus dem Zimmer der Signora fehlte ein Goldarmband, das sie nie anlegte, weil es ihr nicht gefiel, ein Seidenschal, den sie aufgrund eines Kaffeeflecks in den hintersten Winkel des Schranksverbannt und lange nicht getragen hatte, drei Echthaarperücken – eine wahnsinnig kostspielige Laune von vor drei Jahren –, die sie ebenso wenig benutzte, sowie eine fürchterlich hässliche Porzellanfigur für Bonbons, ein Geschenk der kleinen Pasqualetti, das aus naheliegenden Gründen nicht hatte entsorgt werden können, dafür aber seinen Platz außer Sichtweite auf dem höchsten Regal im Wohnzimmer gefunden hatte. Das Bad war buchstäblich verwüstet, doch eine grobe Durchsicht ergab, dass lediglich drei teure Parfüms fehlten, zwei nicht minder teure Nagellacke und der Nagellackentferner. Die D’Onofrio-Mädchen beklagten den Verlust von goldenen und silbernen Ohrringen und Piercingsteckern, gaben aber gleichzeitig zu, nicht ganz sicher zu sein, da sie unzählige davon besaßen und sie leicht verlegten oder verloren.
Avvocato D’Onofrio selbst beklagte nur, unfassbar genervt zu sein, so dass Cozzone schnell zum nächsten Haus überging, nachdem er der Form halber auch die Polin befragt hatte, Elka Fibula, die ihre Reisetasche kontrollierte, aber nichts fand, das fehlte. Insgeheim verdächtigte D’Onofrio eine oder alle seiner Töchter, mit der Sache zu tun zu haben, da er ihnen am Vortag Geld verweigert hatte, mit dem sie seiner Meinung nach Drogen kaufen wollten. Doch er behielt den Verdacht für sich.
In die Villa Pasqualetti war genau wie in die anderen eingebrochen worden, doch hier hatte der Dieb den Kleiderschrank der Signora ins Visier genommen. Es fehlten zwei schwarze Kaftane Größe achtundvierzig (die Signora war leicht übergewichtig, hatte aber jüngst eine neue Diät angefangen, der sich auch alle anderen Familienmitglieder unterziehen mussten). Der Schmuck war noch da, stattdessen fehlte ein Paar teure japanische Badesandalen des Familienoberhauptes, eine Flasche Fensterreiniger, ein Doppelpack Küchenrollen, eine Flasche Meister Proper und eine Flasche Spüli aus dem großzügigen Vorrat im Spind der Reinlichkeitsfanatikerin Poppi Pasqualetti. Außerdem blieben zwei Packungen Schokokekse unauffindbar, die für Notfälle im Büro des Hausherrn deponiert waren, sowieeine komplette Salami und die schon bekannten, im Kilo gekauften Frisilli.
Bei den Schokokeksen wurde Cozzone zum ersten Mal misstrauisch, angesichts der schmalen Gesichter von Polin und Kindern im Gegensatz zu den runden Wangen der Signora, doch er dachte lieber nicht weiter darüber nach. Schade, denn hätte er die Spur weiterverfolgt, hätte er ein Stück der Wahrheit erahnen können.
In düsteren Stimmungslagen ging Gerry Buonocore gerne laufen. Er stieg in seine Joggingklamotten, abgetragene Shorts, ein graues, ausgeleiertes T-Shirt, sündhaft teure Profi-Nikes, und los ging’s. Am liebsten lief er die Küste entlang, manchmal bis Acciaroli oder Ogliastro. Beim Laufen genoss er dann den Anblick des Meeres und hing seinen Gedanken nach, wenngleich er in jeder Haarnadelkurve sein Leben riskierte, da die Straßen schmal und die Autofahrer häufig unaufmerksam waren, wahrscheinlich weil auch sie aufs Meer blickten.
An diesem Tag gelang es Buonocore jedoch nicht, seiner Anspannung davonzulaufen, obwohl ihm die Sonne angenehm auf die verschwitzten Schultern schien, der Himmel über ihm in schönstem Azurblau erstrahlte, das Meer glitzerte und die Wespen durch die duftende Luft summten.
Das Problem war groß, und dringend. Sollte er sich ihrer entledigen? Würde er den Mut dazu finden oder auf ewig das Blut an seinen Händen spüren? Er betrachtete seine Finger, wie um sich zu versichern, dass er noch nichts Böses getan hatte, sie waren sauber und gepflegt wie immer. Aloshi war eine fähige Maniküre, neben
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