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Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)

Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)

Titel: Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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sie schon die Hälfte davon lösen, und wenn man ihr drei Minuten Ruhe gab, hatte sie es danach komplett gelöst. Ihr einziger Schwachpunkt war, dass sie tatsächlich Ruhe brauchte. Sie besaß zwar einen IQ von über 190, aber wenn jemand neben ihr redete, fernsah oder Musik laufen ließ, war sie hilflos. Entdeckt wurde ihr Talent bereits im zarten Alter von drei Jahren, als sie plötzlich anfing rückwärts zu reden. Zuerst hielten ihre Eltern das für einen Schaden, den das Trauma des Krieges bei der Kleinen hinterlassen hatte, aber bald stellten sie fest, dass sie deshalb alles rückwärts sprach, weil sie ihre Eltern auf die Langweile aufmerksam machen wollte, die sie verspürte.
    Als sie fünf war, brachte sie den alliierten Soldaten, die in ihrer Stadt stationiert waren, die Grundbegriffe deutscher Grammatik bei, und mit neun bewarb sie sich an der Universität für ein Studium der Mathematik, Sozialwissenschaften, Sprachwissenschaften und Physik. Um ihren Intellekt nicht allzu sehr die Oberhand gewinnen zu lassen und auch das Körperliche zu fördern, schickten ihre Eltern sie in allerlei Sportkurse, mit dem Erfolg, dass sie jedes Wochenende durch die Republik fahren mussten, weil Mona in allen Sportarten an Wettkämpfen teilnahm und Preise kassierte. Und zusätzlich noch Sport studierte.
    Egal, wo wie war. Sie war eine Sensation. Jeder behandelte sie wie ein weiteres Weltwunder und gab ihr, was sie brauchte. Im Studentenwohnheim bewohnte sie ein Einzelzimmer, weil sie mit den zehn Jahre älteren Kommilitonen nichts anfangen konnte, und weil sie es so wollte. Zu Hause war sie sowieso der Star, und in der Universität, an der sie nach ihrem Studium unterrichtete, hatte sie sogar einen ganzen Gebäude-Flügel für sich. Sie brauchte ihre Ruhe, um nachdenken zu können. Sie brauchte Stille. Aber die hatte sie heute bei Simon Neumayer nicht. So dass sie in diesem Tohuwabohu des Hotels beim Kreuzworträtsellösen massive Schwierigkeiten hatte, auch nur ein einziges Wort zu lösen. Jeder brüllte seine Vorschläge durch den Raum, so dass die irrwitzigsten Wortkreationen durch die Luft wirbelten, wie Jägerkäse, Stufenlimo oder Kakerurm. Was auch immer das bedeuten sollte.
Verzweifelt hielt sich Mona den Kopf und versuchte, sich auf das Rätsel zu konzentrieren, das vor ihr lag, doch als Fritz Wupke zum wiederholten Male sein Wort »Senpro« für Maschinelle Großproduktion anbringen wollte, platzte ihr der Kragen.
»Was soll denn das bedeuten? Können Sie mir sagen, was das bedeuten soll?«
»Das ist das Fachwort für die Maschinenproduktion, das weiß doch jeder.«
»Wenn Sie ›Sero‹ meinen, ist das was anderes, eine ostdeutsche Abkürzung für Sekundärrohstoffe, aber danach wird nicht gefragt. Und es hat viel zu wenige Buchstaben.«
»Bloß weil Sie Senpro nicht kennen, brauchen Sie sich hier noch lange nicht so aufzuspielen. Immer ruhig mit den alten Pferden, gute Frau.«
»Da fehlen aber auch noch Buchstaben, sehen Sie das nicht? Und ich kenne jedes Wort der deutschen Sprache, aber Senpro existiert nicht.«
»Ich kenne jedes Wort der deutschen Sprache, aber Senpro gibt es sehr wohl«, äffte Wupke sie nach. »Das ist eine Abkürzung für Serienproduktion.«
»Nein, das gibt es nicht. Sie können doch nicht einfach Worte erfinden und dann erwarten, dass es funktioniert.« Mona wurde langsam wütend. »Haben Sie in Ihrem Leben überhaupt schon mal einen Blick in ein Lexikon oder in den Duden geworfen?«
»Haben Sie schon mal was anderes gemacht, als andere genervt? Sie halten sich wohl für oberschlau.«
»Ich bin intelligent, ja, ein Wort, das Sie wahrscheinlich nicht kennen, weil es das in den Fernsehtalkshows nicht gibt.«
»Gute Frau, nun mal halblang. Ihre Klugscheißerei interessiert mich nicht die Bohne. Die meisten Leute halten sich für oberschlau, aber kriegen nichts geregelt in ihrem Leben. Keiner hat was von klugen Sprüchen, die sind genauso unnütz wie mein Furunkel am Allerwertesten.«
Endlich griff Simon ein. »Na, na, immer friedlich, Monsieur Poirot, lassen Sie Miss Marple das Rätsel lösen. Keine unmanierlichen Worte, bitte, wir sind hier alles Ladies und Gentlemen.«
Simon überlegte, wie er weiter vorgehen sollte, aber er war noch zu keinem wirklich guten Ergebnis gelangt. Er hoffte jedoch, dass das Rätsel seine Gäste eine Weile aufhalten würde, damit er Zeit gewann. Es schien wirklich kompliziert zu sein, was bedeutete, dass er sich Zeit lassen konnte. Er nickte Mona Winter

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