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Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)

Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)

Titel: Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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doch auch da passierte nichts. Der Strom blieb weg. Mit der Hand tastete er das Stromkabel um den Kasten herum ab, aber auch da konnte er nichts finden. Alles sah aus, als wäre es in bester Ordnung. Simon schüttelte den Kopf. Dann musste es draußen passiert ein. Vielleicht hatte das Eis ein Kabel gesprengt. Oder Bauarbeiten im Tal waren dafür verantwortlich. Aber heute, am Silvesterabend? Noch einmal betätigte er den Hauptschalter, doch da gefror ihm beinahe das Blut in den Adern. Er hatte den Schalter in der Hand. Die Kabel waren gar nicht mehr daran befestigt. Ganz offensichtlich hatte sich jemand daran zu schaffen und den Hauptschalter zu einer unnützen Attrappe gemacht.
    Fassungslos starrte Simon auf das Ding in seiner Hand. Wer war zu so etwas fähig? Jemand wollte nicht, dass Simon die Polizei rief. Erst hatte Simon geglaubt, Lukas' Killer wollte nicht, dass Simon wegen des vermissten Musikers der Polizei Bescheid sagte, aber offenbar hatte er noch mehr vorgehabt. Und er hatte die Dunkelheit gebraucht, um den armen Fritz Wupke umzubringen. Aber wer war das? Und warum?
Simon ließ den Hebel sinken und holte tief Luft. So einfach würde er es dem Killer nicht machen. Er würde Hilfe holen, koste es, was es wolle.
    Er verließ den Keller und schritt zu Kalle in die Küche, versprach ihm ein dreizehntes Monatsgehalt, fünfzig Tage (bezahlten) Urlaub, Urlaubsgeld, Feiertags- und Sonntagszuschläge und sogar bezahlte Überstunden und überredete ihn so ein weiteres Mal dazu, die Aufsicht über die Gäste zu übernehmen. Im Anschluss daran suchte er sein Schlafzimmer auf und zog sich den warmen Skianzug an. Danach ging er wieder hinaus in die Nacht.
    ***
    Der Sternenhimmel strahlte überwältigend klar und hell über dem Berg. Der Schnee glitzerte und funkelte in diesem Licht, als bestünde er aus lauter winzigen Diamanten. Lose liegende Felsbrocken warfen schwarze Schatten auf die Piste, die im Wind der Nacht wie dunkle Geister zu wispern und flackern schienen.
    Der Berg hatte viele Gesichter, und keines war dem anderen auch nur annähernd ähnlich. Im Sommer, wenn die Sonne fast senkrecht über dem Gipfel stand, leuchtete das saftige Grün der Wiesen im warmen und hellen Licht des Tages. Im Gras bewegten sich Enzian, Trollblumen und Alpenanemonen in einer warmen, sanften Brise, die Tag und Nacht wehte und die Wangen der Urlauber kühlte. Die Wanderwege waren in diesen Monaten voll von Touristen, die mit ihren Rucksäcken und Wanderschuhen über Stock und Stein liefen, an Aussichtspunkten stehenblieben und ein Foto nach dem anderen schossen. Ihre Haut bräunte in der starken Sonne, und je mehr sie sich beim Wandern engagierten, desto weniger Kleidung trugen sie schließlich, und desto mehr konnte die Sonne ihre Haut verbrennen. Ihre Schuhe hinterließen tiefe Spuren in der weichen Erde neben den Wegen. Ihre Hände ergriffen zu Tausenden das Holz der Geländer an unwegsamen Stellen, während ihre Füße sicher über die eingearbeiteten Stufen im Stein schritten. Und an Wasserfällen und Bächen tropfte ihr Schweiß neben dem klaren Wasser in den Boden, verdunstete in der Sonne oder vermischte sich mit dem Wasser des Berges, das wie Blut in unterirdischen Adern im Inneren des Berges floss und hin und wieder ans Licht trat, um später wieder im Felsen zu verschwinden und erst im Tal erneut aufzutauchen.
    Im Sommer trug der Wind das Lachen der Kinder um den Berg und hinab ins Tal, wo es sich mit den Rufen der Wanderführer mischte, dem Bimmeln der kleinen Bahn, die die Ortschaften im Tal miteinander verband, dem Klappern der Teller und Gläser in den Wirtschaften, wo müde Wanderer rasteten und sich für die nächste Tour stärkten, und dem ständigen Rauschen der Kiefern, das niemals aufhörte. Marienkäfer sammelten sich zu Tausenden auf den warmen Steinen und Hölzern, und Murmeltiere erfreuten mit ihrem possierlichen Spiel die Herzen der jungen und alten Bergfreunde gleichermaßen.
    Im Sommer bevölkerten vor allem Familien und ältere Menschen den Berg, Kinder aus Ferienlagern und Naturhungrige, die sich an den Schönheiten erfreuten und den Berg achteten und respektierten. Der Berg richtete sich auf diese Besucher ein, achtete und respektierte sie ebenfalls und verschonte sie. Hin und wieder jedenfalls.
    Doch im Winter änderte sich alles. Da war das Leben am Berg ganz anders. Im Winter wurde alles, was im Sommer schön und angenehm war, zur Gefahr. Holzgeländer brachen unter der Last des Schnees und dem

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