Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
bei Silvia Terfoorth, die daneben stand, doch die hatte ebenfalls keinen Unbekannten gesehen. Ihr war lediglich ein kalter Luftzug aufgefallen, als das Licht ausgegangen war. Aber gesehen hatte sie niemanden.
Schließlich wandte er sich zu Mona Winter und bewunderte ihren warmen Mantel, bevor er sie fragte: »Sie haben heute Abend nicht zufällig den Huber vom Hotel gegenüber hier gesehen?«
»Nein«, lautete ihre kurze Antwort.
»War vielleicht sonst jemand im Salon, als ich kurz draußen war?«
»Als Sie die tolle Überraschung mit der Leiche vorbereiteten? Nein, da war niemand. Ich habe jedenfalls niemanden gesehen.«
»Und als der Strom ausfiel? Haben Sie da eine fremde oder seltsame Gestalt gesehen?«
»Was meinen Sie damit? Eine seltsame Gestalt?«
»Nur jemanden, der sich vielleicht seltsam bewegt hat oder anderweitig auffiel.«
»Nein. Das ist mir nicht aufgefallen.«
»Danke.«
»Wieso fragen Sie denn das? Was hat der Huber denn gemacht?«
»Nichts. Es interessiert mich nur.«
»Nein, nein. Sie wollen etwas wissen, das merke ich ganz deutlich. Fehlt irgendetwas oder ist etwas passiert? Sie mögen ihn doch nicht. Das habe ich schon mitbekommen. Also: Ist er Ihr Rivale und Sie verdächtigen ihn?«
Simon gefiel gar nicht, wie sich das Gespräch innerhalb weniger Sekunden gewendet hatte. Aus dem Frager wurde der Befragte. Und das musste er schleunigst ändern, wenn er nicht in eine heikle Situation geraten wollte. Da half nur eines: die Flucht.
»Ich muss mal nachsehen, wo die Skifahrer bleiben«, meinte er zu Mona Winter und ging schnell die Treppe nach oben, um aus ihrer Reichweite zu kommen, – und um seine Skifahrer zur Eile anzutreiben. Denn es wurde immer später.
Simon stöhnte innerlich auf. Mona Winter funkte ständig dazwischen. Ein harter Brocken. Sie war unheimlich schlau und gerissen, und auch sehr sportlich. Als Fechtweltmeisterin und Teilnehmerin an den Abfahrtweltmeisterschaften musste sie früher sehr gut in Form gewesen sein. Außerdem konnte sie jedes Rätsel in Sekundenschnelle lösen. Vor ihr musste er sich in Acht nehmen, sie würde seine Ausreden bestimmt bald durchschauen und auf die Wahrheit stoßen. Es war eigentlich ein Wunder, dass ihr noch nicht aufgefallen war, dass Fritz Wupke eine echte Leiche war. Aber vielleicht war es ihr aufgefallen und sie hatte es nur nicht gesagt. Oder sie hatte ihn selbst getötet!
Simon spürte wieder den kalten Schauer seinen Rücken hinunterlaufen. Bisher war er so fest davon ausgegangen, dass Huber der Mörder war, dass er alle anderen Möglichkeiten völlig ausgeschlossen hatte. Vielleicht war der Nachbar es doch nicht, sondern der Mörder befand sich unter seinen Gästen oder den Angestellten? Bei Fritz Wupke war es sogar sehr wahrscheinlich, dass sein Mörder aus dem Hotel kam. Wieso hatte Simon nicht schon viel früher daran gedacht!
Hatte nicht Mona Winter vor Wupkes Tod eine Auseinandersetzung mit ihm gehabt? Sie hatten sich ziemlich angefaucht, weil Wupke ihr zu ungebildet war und nichts von klugen Menschen hielt. Das wäre ein Motiv. Sie fühlte sich beleidigt, verletzt, in der Ehre gekränkt und hatte ihn deswegen getötet.
Aber wie passte das zu Lukas? Warum sollte sie den Pianisten umgebracht haben? Und vor allem, wann? Als er verschwand, waren die Gäste noch gar nicht eingetroffen. Außer, sie war schon einmal hier gewesen, hatte Lukas beseitigt und war dann zurück zum Bahnhof ins Tal gefahren und mit den anderen zusammen angereist, um ein wasserdichtes Alibi zu haben. Aber weswegen sollte sie Lukas umgebracht haben? Was verband die beiden? War sie überhaupt stark genug, um es mit ihm aufzunehmen?
Simon hatte keine Ahnung, was wirklich passiert war. Es gab noch ein paar gewaltige Löcher in seiner Theorie. Der Mörder musste nicht unbedingt Huber sein, auch seine Gäste und Kalle kamen als Täter in Frage. Das erweiterte den Kreis der Verdächtigen um mindestens fünfundzwanzig Menschen. Simon stöhnte auf. Keine leichte Aufgabe, aus dieser Menge den Schuldigen herauszufinden.
Simon langte am Ende der Treppe an. Unterwegs waren ihm drei Gäste im Skianzug entgegen gekommen, es fehlten nur noch das Model Andrea Krist und Lutz Terfoorth.
Als er am Dachgeschoss klopfte und »Frau Krist?« rief, ertönte nur ein gedämpfter Laut.
»Hallo? Sind Sie fertig?«
Wieder kam keine Antwort, sondern nur ein seltsamer Laut, der an das Zerreißen von Kleidung erinnerte. Simon beschlich Panik. Was passierte da drin? War etwa der Killer in dem
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