Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
fand ein paar Bücher, die er sich genauer ansah, und Simon entdeckte im Nachttischfach Briefe, die er vorsichtig aus dem bereits offenen Umschlag nahm. Sie waren in einer feinen, altmodischen Schrift geschrieben und sehr persönlich.
» Liebste Mona,
noch immer hängt der Duft Deines Parfüms in meinen Laken und ich kann noch das Beben Deines Körpers unter meinen Händen spüren. Das Feuer unserer Nächte brennt noch in mir, meine Liebste. Selbst nach Tagen noch. Ich kann es kaum erwarten, Dich wieder zu umarmen und Dein Glucksen zu hören, wenn Du Dich an mich schmiegst, den Druck Deiner Schenkel… «
Simon ließ den Brief sinken. Mehr brauchte er nicht zu lesen. Mehr wollte er nicht lesen. Er öffnete vorsichtig die anderen Briefe, sie waren ähnlicher Natur. Er steckte sie zurück in die Nachttischschublade, als Huber ihm plötzlich einen Messer ähnlichen Gegenstand unter die Nase hielt.
»Was halten Sie davon? Ist das eine Mordwaffe? Das Messer, mit dem Ihr erster Gast getötet wurde?«
»Das ist ein Brieföffner.«
»Aber es könnte die Tatwaffe sein.«
Simon nahm ihm den Öffner aus der Hand und sah ihn genauer an.
Er war blank und rein, keine Spur von Blut war daran zu sehen.
»Ich weiß nicht. Ich denke, sie hat nicht die Kraft dafür. Sie ist sehr klug, aber so einen erwachsenen, starken Mann wie Fritz Wupke zu töten, das traue ich ihr nicht zu. Und Kalle zu erschlagen, erst recht nicht.«
»Frauen sind zu allem in der Lage. Und wer benutzt heutzutage noch Brieföffner? Und schreibt Briefe.«
»Sie.« Simon zeigte ihm die Briefe. Huber las sie kurz an und war beeindruckt.
»Nicht schlecht. Wer solche Liebesszenen erlebt, kann mit Sicherheit auch einen Mann erstechen. Mord aus Leidenschaft.«
»Sie ist über sechzig.«
»Was? Nie im Leben.«
»Doch. Aber die Briefe sind neu, das Datum von vergangener Woche.«
»Nicht schlecht«, wiederholte Huber, bevor er die Briefe zurück in den Nachttisch legte. »Sie meinen also, sie war es nicht.«
»Ich weiß nicht. Wir sollten sie dazu befragen.«
»Ja, sollten wir.«
Simon steckte den Brieföffner zu der Pistole und dem Rätselheft in seiner Jacke, wo es inzwischen langsam eng wurde.
Dann suchten sie noch weiter bei Mona Winter, fanden jedoch nichts Auffälliges. Schließlich gaben sie auf, die Tür fiel ins Schloss.
Doch als sie zur nächsten Tür schritten und sie öffnen wollten, lief es Simon siedend heiß den Rücken hinunter. »Mist«, sagte er.
»Was ist?«
»Ich habe den Schlüssel im Zimmer gelassen.«
»Nein! Verdammt! Wir brauchen ihn für die anderen Zimmer.«
»Und wenn Mona Winter ihn in ihrem Zimmer findet, weiß sie sofort, dass wir drin waren. Wir müssen ihn holen.«
»Aber wie?«
Simon überlegte, wie er in das Zimmer gelangen konnte, aber ihm fiel nicht viel ein. Durch das Fenster war es unmöglich, da es verschlossen war und im ersten Stock lag. Und einen weiteren Generalschlüssel besaß Simon nicht. Es gab nur eine Möglichkeit.
»Wir müssen sie unauffällig in ihr Zimmer bitten, damit wir ihn holen können. Dann gehe ich rein und nehme ihn an mich, während Sie sie ablenken.«
»Gut. Lassen Sie sich etwas einfallen, wie Sie sie hinauflocken.«
Simon ging die Treppe hinunter, während sein Hirn auf Hochtouren arbeitete. Als er in der Diele auf die Uhr sah, zeigte diese 22 Uhr 51 an. Nur noch neunundsechzig Minuten bis Mitternacht.
Simon öffnete die Tür zum Salon. Die Gäste saßen immer noch im Kreis und redeten über ihre Verbindungen. Die vollen Weinflaschen auf dem Tisch hatten sich mittlerweile drastisch reduziert, die leeren sich dafür vermehrt.
Wahre Freunde
Ein Dr. Watson sah einen weiblichen Sherlock Holmes intensiv an und sagte: »Wir kennen das alle, wir sind alle verrückt danach, das verbindet uns. Du kannst in dieser Runde ruhig darüber reden, wie du das erste Mal Bekanntschaft mit diesem ungewöhnlichen Detektiv gemacht hast und seitdem nicht mehr von ihm loskommst. Fühle dich frei.«
Die Wangen des weiblichen Sherlock Holmes röteten sich leicht, während sie zu erzählen begann, wie sie das erste Mal ein Buch von Arthur Conan Doyle in der Hand gehalten hatte und beim Lesen in glückliche Tränen ausgebrochen war.
Simon ging leise zu Mona Winter, die mitten im Kreis saß und gespannt lauschte.
»Entschuldigung, Frau Winter«, flüsterte Simon.
»Ja?« Sie sah auf.
»Ich muss mal kurz mit Ihnen sprechen.«
»Gut. Hier oder draußen?«
»Draußen.«
Sie erhob sich und folgte Simon aus dem Raum. Draußen setzte
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