Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
ließ seinen Fund sinken und kam auf Simon zu. Dieser schlug das Heft auf. Fast alle Rätsel waren mit fein säuberlicher Handschrift gelöst.
»Ist sie eine Kreuzworträtseltante?«, wollte Huber wissen, doch Simon schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht. Eigentlich hat sie diesen Eindruck nicht auf mich gemacht. Aber man weiß ja nie.«
»Wir sollten diese Cleopatra später dazu befragen.«
»Ja.« Simon steckte das Heft zu der Pistole in seiner Smokingjacke, die sich bereits heftig ausbeulte.
»Wir müssen weitermachen«, mahnte Huber.
»Ja«, antwortete Simon. »Bald ist Mitternacht.«
Huber sah ihn betroffen an, dann drehte er sich um und wollte gerade die nächsten Sachen ansehen, als Simon hin zurückhielt.
»Hören Sie das?«, flüsterte er Huber zu, der ebenfalls die Ohren spitzte.
Von unten ertönten Stimmen.
»Da kommt jemand.« Huber war kaum noch zu hören. »Die gehen sicherlich vorbei.«
Die Stimmen kamen näher. Sie stritten sich.
Simon erkannte sie. »Das sind die Terfoorths.«
»Dann werden sie ja wohl vorbei gehen.«
Huber machte die Taschenlampe nicht aus, sondern suchte weiter.
Simon lauschte an der Tür. Die Stimmen befanden sich jetzt direkt vor Cleopatra Schäfers Zimmer, ihre Diskussion war bis durch das dicke Holz zu hören.
»Was willst du denn, Silvia. Es war nur ein Flirt, mehr nicht. Es ist vorbei.«
»Wie schon bei der Verkäuferin, die für den Kalender posiert hat, und wie bei der Kfz-Mechanikerin, die unseren Wagen repariert hat. Nicht zu vergessen die Postbotin, die du regelmäßig auf einen Kaffee einlädst. Denkst du, ich weiß das nicht?«
»Das ist doch nichts. Ich liebe nur dich. Manchmal brauche ich ein bisschen Feuer, das Kribbeln, weißt du, aber ich bleibe bei dir. Ich liebe dich.«
»Merkst du denn nicht, wie peinlich mir das vor den anderen eben war? Wie kannst du so unsensibel sein?«
»Was interessieren mich denn die anderen. Es geht nur um uns. Vielleicht brauchen wir einfach etwas Neues in unserem Leben, eine neue Aufgabe. Was sagst du dazu?«
»Eine neue Aufgabe? Was meinst du damit?«
»Wie wäre es zum Beispiel mit einem Kind? Das würde allen zeigen, wie sehr wir uns lieben.«
Huber schüttelte den Kopf, während er den Schrank von Cleo Schäfer untersuchte und zwei Packungen Kaffee, eine Flasche Bohnerwachs und eine Tüte fertig geschnittenes Salatgemüse fand. »Ich hoffe, sie geht nicht darauf ein«, flüsterte Huber. »Solche Kinder werden mit Sicherheit Psychopathen, die Leute killen, wenn sie in solch zerrütteten Verhältnissen aufwachsen müssen.«
»Psst«, hauchte Simon.
Die Stimmen blieben vor der Tür stehen und diskutierten weiter.
»Du hast sie doch nicht mehr alle, Lutz. Du willst doch nur, dass ich mit dem Kind zu Hause festgenagelt bin und du machen kannst, was du willst. Für wie blöd hältst du mich?«
»Das tue ich gar nicht, glaube mir. Aber das wäre doch eine tolle Lösung, finde ich. Ich liebe Kinder.«
»Du hasst Kinder. Du hasst alles, was laut ist und sich nicht kontrollieren lässt. Ich habe eine bessere Idee.«
»Die da wäre?«
»Wir trennen uns.«
Für ein Weilchen drang kein Laut durch die Tür nach innen. Es schien, als wären die beiden wieder gegangen. Huber war inzwischen bei dem Koffer von Cleopatra Schäfer angelangt, fand aber außer ein paar Holzsternen und Äpfeln nichts Ungewöhnliches. Simon ging zurück zur Kommode und dem Bett, wo er weitersuchte. Plötzlich waren die Stimmen wieder da. Doch eine dritte mischte sich ein.
»Sie beide brauchen auch eine Pause, ich auch.« Simon versuchte, die Stimme zu identifizieren, doch es gelang ihm nicht auf Anhieb.
»Ja, wir wollen nur eine Jacke holen.«
»Ich auch. Das Kaminfeuer brennt ab, da braucht man schon eine Jacke.«
»Der Hausherr hat offenbar keine Ahnung, wie er sein Hotel zu führen hat. Den Strom sollte er auch langsam mal wieder einschalten, das ist ja lebensgefährlich. Was für ein Witz! Den sollte man aus dem Verkehr ziehen.« Die Stimme von Lutz Terfoorth klang kühl und überheblich.
»Er ist vielleicht ein bisschen überfordert von so vielen Gästen.«
Simon fuhr der Schreck in die Glieder. Jetzt erkannte er die Stimme.
»Huber!«, flüsterte er panisch zu Huber. »Das ist Cleopatra Schäfer!« Sein Herz begann zu rasen.
»Verdammt.«
Sie hörten, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte.
In Windeseile warf sich Simon auf den Boden und kroch unter das Bett. Huber machte es ihm nach und kroch zu ihm.
Sie machten die Taschenlampe genau in dem Moment aus, als
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