Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
noch einen niedergeschossenen Gast in seinem Hotel liegen zu haben. »Das lässt sich bestimmt alles friedlich regeln.«
Das Model lachte auf. »Nein, ganz bestimmt nicht.« Sie zielte auf Martin Sarotzki, dessen Kopf mittlerweile eine hochrote Farbe angenommen hatte. Seine Augen funkelten, und Simon war sich nicht sicher, ob es Angst, Zorn oder eher etwas anderes war, was sie zum Leuchten brachte.
»Bitte, legen Sie sie weg.« Simon versuchte, seine Hand auf ihren Arm zu legen, doch in diesem Moment drückte Andrea Krist ab.
Die Gäste schrien auf. Doch statt eines Schusses war nur ein leichtes Klick zu hören. Nichts passierte. Niemand sank getroffen zu Boden oder hielt sich die tödliche getroffene Brust.
Martin Sarotzki atmete auf. Ein Schweißtropfen lief über seine Nase. Sein Hemd war schweißnass unter den Achseln. Er schloss für einen Moment die Augen, um sich zu sammeln. Doch beim nächsten Satz des Models kniff er sie noch fester zusammen, als würde er sein Todesurteil erwarten.
Andrea Krist ließ die Waffe sinken und sah Simon an. »Er braucht sie für mich.«
»Was meinen Sie?«
»Er ist mal überfallen worden vor Jahren, und seitdem kann er nicht mehr so, wie er gerne möchte, wenn er mit mir zusammen ist, Sie wissen schon… Außer man hält ihm eine Pistole an die Brust. Und manchmal braucht er kleine Autos.«
Simon atmete auf. Er ignorierte zunächst die Bedeutung ihrer Worte und konzentrierte sich auf das wichtigste Detail. »Die Pistole ist nicht geladen?«
»Nein«, antwortete sie. Mit geübtem Griff öffnete sie das Magazin und zeigte Simon, dass es leer war. »Sehen Sie? Dafür habe ich gar keine Munition.«
Dieses Mal klang das Raunen, das von den Gästen kam, überrascht.
Simon nahm dem Model die Pistole aus der Hand und sah es erleichtert an.
»Ja, ich sehe es.«
»Ich wäre froh, wenn ich das Ding nicht benutzen müsste. Es macht nicht wirklich Spaß. Also wenn Sie sie behalten wollen...?«
Sie ließ das Ende des Satzes in der Luft hängen und reichte Simon die Waffe, doch der hob entsetzt die Hände und lehnte ab. »Nein, danke.«
Auch Huber wollte sie nicht.
Also steckte Andrea Krist sie wieder ein. Die Gäste starrten zuerst auf die Waffe, dann auf Martin Sarotzki, der die Augen wieder geöffnet hatte, es aber jetzt vorzog, schnell in den Salon zurückzugehen.
»Was kommt jetzt?«, fragte einer der Gäste. »Das ist ein fantastisches Spiel.«
»Ja, das ist super!« »Ich will mehr Geständnisse!« »Und Geheimnisse!«
Die Gäste wollten mehr.
Noch achtzehn Minuten bis Mitternacht.
Simon zog das Kreuzworträtselheft aus der Tasche und zeigte es Cleopatra Schäfer.
»Kennen Sie das?«
Sie sah es sich etwas genauer an, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Ich mache keine Kreuzworträtsel.«
»Und was machte das Heft dann in Ihrem Zimmer?«
»Keine Ahnung. Das muss jemand dort hineingelegt haben, um den Verdacht auf mich zu lenken.«
»Zusammen mit dem Kerzenständer vom Kaminsims? Und einer Flasche Bohnerwachs, einer Kamera und einer Kette und noch viel mehr Sachen?«
Cleopatra Schäfer sah ihn entsetzt an. »Wovon reden Sie?«
»Von den Sachen, die sich in Ihrem Zimmer befinden, aber nicht Ihnen gehören.«
Plötzlich schrie eine Miss Marple entsetzt auf. »Meine Kette fehlt! Sie ist nicht mehr um meinen Hals.«
Cleo sah sie verächtlich an. »Sie sollten nicht so billige Verschlüsse nehmen, das war zu einfach.«
Aus der Gruppe kamen entsetzte Ausrufe, fast jeder stellte fest, dass ihm etwas fehlte. »Meine Kamera! Sie lag neben mir auf dem Tisch, und dann war sie weg.« »Meine Stola! Sie war auf meinem Stuhl.« »Dann habe ich mein Buch doch von zu Hause mitgenommen! Ich habe es vermisst – sie hat es gestohlen!« »Mein Salat! Ich wollte ihn vorhin essen, aber er war weg.« »Mein Joghurt!« »Meine Kekse!« »Meine Anstecknadel!«
Simon bat um Ruhe und sah wieder zu Cleopatra Schäfer.
»Sie geben es also zu, dass Sie das Heft gestohlen haben?«
»Ja«, bekannte Cleo zerknirscht. »Es war bei Mona Winter, glaube ich. Ich weiß es nicht so genau, ich kann mich meistens nicht genau daran erinnern, was ich wo genommen habe. Es ist eine Krankheit. Ich kann nichts dafür.«
Simon ließ das Heft sinken. »Eine Krankheit?«
»Ja, ich habe sie seit vielen Jahren. Ich bin unsichtbar, wissen Sie, dann kann ich machen, was ich will. Das ist eine Sucht. Ich kann nehmen, was ich sehe, und die Leute merken es nicht.«
Simon runzelte die Stirn. »Sie sind nicht unsichtbar. Ich kann Sie
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