Eine Leiche zum Nachtisch (German Edition)
hing ungetragen auf dem Bügel.
Nur Simon hatte sich verändert, da er jetzt wusste, dass Lukas tot war. Auf einmal bekam alles in dem Zimmer eine ganz andere Bedeutung. Simon betrachtete die Noten, als wären sie das letzte, das Lukas heute berührt hatte. Die letzte Erinnerung an ihn als lebenden Menschen. Er setzte sich auf das Bett und nahm die Blätter in die Hand. In Lukas' unleserlicher Handschrift waren Notizen darauf gekritzelt, wo er leise oder schneller spielen wollte. Eine Ecke war eingeknickt. Das war so typisch für Lukas. Alles hatte eine Macke bei ihm. Schon immer.
Huber sah Simon fragend an. »Alles in Ordnung?«
Simon nickte. »Ja. Es ist nur so seltsam, wenn man weiß, dass man den Menschen, dem das gehört, niemals wieder sehen wird.«
Huber nickte. Simon hielt die Noten hoch.
»Er hatte immer Eselsohren in seinen Büchern, schon in der Schule. Er hat sich immer gewundert, wieso meine Bücher so sauber waren und seine nicht, aber er hat seine immer überall mitgenommen, weil er immer und überall gelernt hat, während ich nie in meine gesehen habe. Und dann hat er versucht, seine wieder so sauber zu bekommen wie meine unbenutzten, aber dazu war es immer schon zu spät. Manchmal wollte er neue haben, hat sie aber nicht bekommen. Da wurde er schon mal wütend.« Simon lächelte bei dem Gedanken.
»Sie standen sich sehr nahe?«
»Ja. Wir haben alles zusammen gemacht. Die Schule, die Pubertät, alles Mögliche. Nur zu den Sonderkursen bin ich nicht mitgekommen, ich hatte keine Lust darauf und war viel zu faul dafür. Lukas war in allem eigentlich viel fleißiger als ich. Er hat sich durch alles durchgekämpft, während ich mich mehr durchgeschummelt habe. Und Sie sehen, was dabei herausgekommen ist. Ich kann kein Hotel leiten, so dass mein Koch meine Bestellungen korrigieren muss.«
Huber legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter.
»Solange Sie noch nicht pleite sind, ist nichts verloren.«
»Nach dem heutigen Desaster werde ich es aber sein, das ist sicher.«
Simon seufzte. »Falls ich überhaupt noch lebe.«
»Apropos.« Huber stand wieder auf. »Wir müssen einen Mörder überführen. Keine Zeit für Sentimentalitäten. Das können Sie morgen machen, wenn der Killer gefangen ist und den Behörden übergeben wurde.«
Simon stand ebenfalls auf. »Gut. Suchen wir nach Anhaltspunkten, wieso Lutz Terfoorth etwas gegen Lukas hatte.«
In diesem Moment fiel sein Blick nach draußen. Er sprang zum Fenster.
Rache wird am besten kalt serviert
»Was ist denn los?«, fragte Huber Simon überrascht.
Doch Simon reagierte nicht. Wie gebannt starrte er nach draußen, als suche er etwas.
»Was ist denn da?«, fragte Huber erneut und kam zu ihm ans Fenster.
Simon antwortete jedoch noch immer nicht, sondern sprang auf und lief aus dem Zimmer.
Huber sah ihm überrascht nach. »Wohin wollen Sie denn? Was ist denn los? Warten Sie!«
Simon war schon durch das Wohnzimmer hindurch und in der Diele. Huber lief ihm hinterher.
»Warten Sie, ich komme mit. Sie können doch nicht alleine dahin, wo auch immer Sie hin wollen!«
Sie liefen aus dem Hotel hinaus in das Dunkel der Nacht.
Es war so kalt draußen, dass sofort Simons Gesicht zu schmerzen begann, als der Wind darüber strich. Die Kälte kroch durch seinen Smoking und verursachte eine Gänsehaut auf seinem Körper.
Huber ging nun wieder neben Simon her, der eilig hinter das Haus lief.
»Wollen Sie mir jetzt verraten, was los ist?«
»Ich habe eine Gestalt gesehen.«
»Eine Gestalt? Wen?«
»Keine Ahnung, aber vielleicht finden wir sie noch. Sie kann nicht weit sein.«
Simon konnte kaum reden, so klapperten seine Zähne. Aber auch Huber fror erbärmlich. Sie eilten um das Haus, doch dort war nichts zu sehen. Allerdings entdeckten sie etwas im Schnee.
»Da war wirklich jemand.«
»Ja, aber wo kam er her und wo wollte er hin?«
Sie folgten der Fährte, doch sie bog schließlich auf den Weg vor dem Hotel ab, wo alles voller Tritte und Spuren war.
»Nichts. Hier sehen wir nichts mehr.«
Simon eilte den Weg hinunter, in der Hoffnung, die Gestalt gegen das Weiß des Schnees noch sehen zu können, doch da war nichts. Nur die Stille der Nacht. Er lief auch in die andere Richtung, aber die Gestalt blieb verschwunden.
Huber wartete neben dem Schuppen auf Simon.
»Das ist sinnlos. Der ist weg. Wer weiß, wer das war.«
»Wir müssen zurückgehen und die Spuren untersuchen. Vielleicht finden wir einen Anhaltspunkt.«
Simon lief zurück hinter das Hotel.
Durch die großen
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