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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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mit langem Pferdegesicht und ständig aufgeregt zappelnd, schien er kaum aus dem Stoff zu sein, aus dem die Helden gemacht waren, wie sie sich das Publikum gern vorstellte. Doch Bolitho wußte es besser und hätte Inch nicht für ein Dutzend anderer eingetauscht.
    »Ich habe die Depeschen abgeliefert«, berichtete Inch, »und –«, er warf einen raschen Blick auf Herrick –, »meinen Passagier ebenfalls, Sir. Dann geriet ich in ungeheuer hektischen Betrieb.« Er runzelte die Stirn, um seine Gedanken zu sammeln. »Vizeadmiral Sir Horatio Nelson passierte Anfang Mai mit seinem Flaggschiff Gibraltar und nahm Kurs auf Toulon.« Herrick atmete tief auf. »Gott sei Dank!«
    Inch starrte ihn an. »Nein, Sir, so ist das leider nicht. Wir hatten einen starken Sturm, Nelsons Schiffe wurden zerstreut, sein eigenes entmastet und beinahe auf Strand geworfen. Er mußte einen Nothafen anlaufen, um seine Schäden zu reparieren: die Insel San Pietro vor Sardinien.«
    »Verdammtes Pech«, stöhnte Herrick.
    Inch schüttelte den Kopf. »Na ja – teils, teils, Sir.«
    »Los, Mann«, sagte Bolitho ungeduldig, »spucken Sie’s schon aus!«
    Inch grinste entschuldigend. »Die Reparaturen haben Nelsons Pläne verzögert, aber ge rade dadurch konnte die Verstärkung ihn noch erreichen. Jetzt befehligt er vierzehn Linienschiffe, aber –«, Inch sah, daß sich Herricks Miene erhellt hatte, und fuhr eilig fort: »Die Sache ist die, Sir, derselbe Sturm, der die
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entmastete, hat den Franzosen Gelegenheit gegeben, zu entwischen.« Er blickte von einem zum anderen. »Die Franzosen sind ausgelaufen, Sir.«
    Bitter sagte Herrick: »Genau wie damals unsere Transporter. Verdammtes Dreckwetter!«
    »Ist das alles, Commander Inch?« Bolitho bemühte sich, gleichmütig zu sprechen, doch er fühlte die Enttäuschung in sich hochsteigen.
    Inch hob die Schultern. »Die Franzosen haben Malta kampflos genommen, Sir. Nelsons Schiffe haben Brueys’ Flotte nicht aufgespürt. Er ist durch das ganze Ligurische Meer hinter ihnen hergefahren und hat sogar in mehreren Häfen gesucht, wo französische Schiffe mit Reparaturen liegen mochten.«
    »Das haben Sie sehr gut gemacht, Inch«, sagte Bolitho und bedeutete Ozzard, Wein einzuschenken. »Und haben Sie Depeschen für mich?«
    Inch nickte. »Der Admiral hatte mich nach Neapel beordert, Sir. Dort traf ich dann endlich unsere Flotte.« Er grinste verlegen. »Und Nelson auch.«
    »Was, zum Teufel, den?« Herrick starrte ihn an. »Das hätte ich sehen mögen!«
    »So sind Sie also nicht auf die
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gestoßen«, sagte Bolitho nachdenklich.
    Herrick erläuterte Inch, wie ihr Gefecht verlaufen war, und daß sie Prisen hatten. Bolitho hörte nicht hin. Seine Gedanken waren anderswo. Wenn Fitz-Clarence nun in Gibraltar war, mußte er zu spät gekommen sein; Bolitho konnte mit seinem Geschwader auch nicht mehr umkehren und Nelson suchen. Er machte sich Vorwürfe, weil er nicht geglaubt hatte, daß auf seine dürftigen Informationen hin die ganze britische Flotte so schnell auslaufen würde.
    Aufgeregt fragte Inch: »Wo sind denn nun die Franzosen? Nelson suchte vor Elba und Civita Vecchia und Neapel und hat keinen einzigen Franzosen gesehen. Sie dagegen kommen von Osten und haben auch keinen gefunden. Ich verstehe das nicht.«
    Bolitho wandte sich ihnen wieder zu. »Hat Nelson Sie gut aufgenommen?«
    »Gewiß, Sir, jawohl.« Inch runzelte die Stirn. »Er war ja nicht
ganz

so, wie ich erwartet hatte, aber ich fand ihn sehr gewinnend, obwohl er offenbar Sorgen hatte.«
    Bolitho fragte sich, was wohl hinter diesen einfachen Worten stecken mochte. War Nelson wütend auf ihn, weil er die Franzosen ebenfalls verloren hatte? Weil er eine britische Flotte, die anderswo dringend gebraucht wurde, ins Leere geschickt hatte?
    Inch fuhr fort: »Ich bekam Order, daß ich Ihnen, falls ich Sie finde, bestellen soll, so schnell wie möglich in Alexandria zur Flotte zu stoßen.« Er bemerkte Bolithos Überraschung. »O ja, Sir, Nelson hat volles Vertrauen in Ihre Schlußfolgerungen. Er glaubt, die Franzosen nehmen Kurs auf Ägypten oder sind schon da.« Anscheinend dachte Inch, diese Nachricht würde Bolitho in helle Aufregung versetzen.
    Doch Bolitho erwiderte: »Captain Herrick ist in eigener Initiative nach Alexandria gesegelt. Bis auf ein paar uralte türkische Kriegsschiffe und die gewohnten Küstenfahrzeuge war der Hafen dort leer. Und das wird auch der Fall sein, wenn Nelson eintrifft.« Er sah Herrick an. »Stimmen

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