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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Sie mir bei, Thomas?«
    Herrick nickte. »Ich fürchte, ja. Nach allem, was wir in Korfu gesehen und gehört haben, sollten die Versorgungsschiffe erst einen anderen Hafen ansegeln, ehe sie zur Hauptflotte stießen.« Unmutig studierte er die Karte auf Bolithos Tisch. »Also wird Nelson, wenn er nach Osten segelt, Brueys’ Flotte um hundert Meilen oder mehr verfehlen. Die Franzosen werden sich versammeln.« Er tippte auf die Karte. »Höchstwahrscheinlich vor Kreta. Während wir zwischen diesen Inseln mit Reparaturen beschäftigt lagen, segelte die größte Flotte seit der spanischen Armada nur ein paar Meilen südlich von uns vorbei, und wir haben nichts davon gemerkt!«
    Zweifelnd fragte Inch: »Was wird Brueys machen, Sir?«
    Bolitho musterte konzentriert die Karte. »Wäre ich in seinen Schuhen, ich würde sammeln, was von den Transportern noch übrig ist, und dann auf die warten, die vielleicht noch zwischen den Inseln und in den Buchten verstreut sind. Dann würde ich nach Südosten segeln. Nach Ägypten.«
    »Alexandria, Sir?« fragte Herrick gespannt.
    »Ja. Doch dort wird seine Flotte vor dem Hafen liegen bleiben. Irgendwo, wo sie eine bessere Verteidigungsposition hat.«
    Herrick nickte verständnisvoll. »Die Bucht von Abukir. Die wäre am besten – für Brueys.« Er verzog das Gesicht.
    Bolitho ging zum Heckfenster, breitbeinig, denn das Schiff lief eben durch ein tiefes Wellental.
    »Und Nelson segelt jetzt wieder nach Westen.« Er sprach wie zu sich selbst. »Er muß annehmen, daß Brueys ihn überlistet und schließlich doch irgendwo anders angegriffen hat.«
    Er hatte oft von Nelsons plötzlichen Depressionen gehört, von seiner Neigung zur Selbstkritik, wenn seine kühnen Ideen nicht gleich zum Erfolg führten.
    Draußen schoß etwas am Fenster vorbei: eine Möwe, die sich unter dem Hecküberhang einen arglosen Fisch aus dem Wasser holte. Ein paar hundert Meilen nur, doch bedeuteten sie den Unterschied zwischen Erfolg und Nichts. Er wußte, wo die Franzosen ihre Kampfverbände sammeln würden, die mit oder ohne schwere Artillerie sehr rasch die Wälle und Batterien Alexandrias einnehmen konnten. Er wußte es, konnte es aber dem Vizeadmiral nicht rechtzeitig mitteilen. Wäre er doch nur wie jene Möwe, könnte doch seine Nachricht so schnell reisen wie ein Vogel! Die Möwe mochte heute nacht auf einer der griechischen Inseln schlafen; doch seine Schiffe würden, in welche Richtung auch immer, kaum vorwärtskommen.
    Nachdenklich sagte er: »Rufen Sie alle Kommandanten sofort zu mir an Bord, Thomas! Wir müssen von unserer Unabhängigkeit Gebrauch machen, sonst nutzen wir Nelson gar nichts.«
    Inch fuhr hoch. »Sie wollen nicht zu Nelson stoßen?«
    Bolitho mußte über Inchs Betroffenheit lächeln. »Doch. Aber nachher.«
    Herrick machte Inch ein Zeichen mit dem Kopf. »Ich lasse das Signal hissen. Kommen Sie mit, Commander.« Er warf einen Blick auf Bolithos nachdenkliches Gesicht, denn er wußte aus Erfahrung, wann dieser mit seinen Gedanken allein sein wollte.
    Zwei Stunden später waren alle Kommandanten in der Kajüte versammelt: Javal, hohläugig von vielen schlaflosen Nächten, in denen er mit seiner geschwächten Mannschaft gegen See und Wind gekämpft hatte. Probyn, Mißtrauen auf den groben Zügen, der Bolithos Blick mied und sich einen Platz im Schatten suchte. Leutnant Gilchrist, verlegen unter so vielen Vorgesetzten, doch selbstsicherer, als Bolitho ihn je gesehen hatte. Das Kommando über einen Vierundsiebziger veränderte einen Mann eben in vieler Hinsicht. Gilchrist hatte es offenbar gutgetan.
    Außer Herrick und Inch waren noch Moffitt und Ozzard anwesend. Der Schreiber hockte mit Papier und Feder abseits an einem kleinen Tisch, während der Steward aufmerksam beim Weinschrank stand.
    »Gentlemen«, sagte Bolitho ernst, »ich habe Ihnen zu eröffnen, daß wir erneut auf die Suche nach den Franzosen gehen müssen. Brueys ist wieder auf hoher See und hat bis jetzt unsere Flotte abschütteln können, die den Auftrag hatte, ihn festzuhalten.« Javals Müdigkeit war auf einmal verschwunden; alle tauschten interessierte Blicke. »Wir mit unserem kleinen Geschwader müssen alles tun, was wir können, um die Pläne des Feindes zu durchkreuzen. Sie haben bereits viel mehr getan, als die Befehle uns vorschrieben, oder –«, er lächelte –, »ungesagt ließen.«
    Herrick grinste versteckt und nickte Inch mit schweigendem Ei nverständnis zu.
    »Ich will Ihnen nichts vormachen«, fuhr Bolitho

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