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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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überhaupt keine Zeit zum Nachdenken. Jetzt ging es Herrick so, dem Kommandanten. Dem Mann, auf den es nach der Schlacht am meisten ankam.
    Allday seufzte. »Aber sie haben gut gekämpft, trotz allem. Jetzt ist eine andere Luft im Schiff.«
    Langsam ging Bolitho zur Heckreling und ließ sich den Wind durch die blutverschmierte Uniform, um die schmerzenden Glieder wehen. Es war wie erfrischende Medizin. An Backbord kreuzte die
Harebel
l

heran, sehr hell, sehr sauber im Sonnenschein.
    Er zog seine Uhr. Das ganze Gefecht hatte weniger als zwei Stunden gedauert. Ein paar Tote trieben noch in der See, die Gesichter sehr bleich im blauen Wasser; sie mochten wohl Franzosen sein, die beim Entern gefallen waren. Und seine eigene Verlustliste? Wie viele lagen im Sterben oder warteten bereits auf Bestattung?
    Zwei Matrosen rannten die Kampanje entlang; sie hatten Marlspieker in Händen und hielten Ausschau nach Tauwerk, das gespleißt werden mußte. Für sie war es vorbei. Für diesmal. Sie schwatzten miteinander, dankbar, weil sie heil und gesund waren, weil sie noch lebten.
    Still sah Bolitho ihnen nach. Vielleicht hatte Herrick recht gehabt mit dem, was er über die Zivilisten in England gesagt hatte, die für solche Männer keinen Gedanken übrig hatten.
    Er nickte den beiden zu. Schlimm genug, wenn dem so wäre, dachte er. Denn solche Männer waren sehr wohl ihrer aller Gedanken wert, und noch viel mehr als das.

Nachwirkungen
    Joshua Moffitt, persönlicher Schreiber des Kommodore, tippte sich mit der Feder an die Zähne und wartete. Bolitho hatte sich im Schreibtischsessel zurückgelehnt und trank einen Schluck Kaffee.
    Er ließ die starke Flüssigkeit in den Magen rinnen und versuchte, sich auf den Bericht an den Admiral zu konzentrieren, den er eben diktierte. Nur für den Fall, daß er jemals abgesandt und auch gelesen wurde.
    Er wußte, daß Moffitt ihn beobachtete, doch im Lauf der Zeit hatte er sich einigermaßen an dieses merkwürdige, gläserne Starren gewöhnt. In der Schlafkajüte nebenan machte Ozzard, der Kajütsteward, das Bett zurecht; er bewegte sich so leise, daß seine Füße kaum auf den Planken zu hören waren. Was für ein seltsames Schicksal diese beiden Männer in ihre gegenwärtigen Lebensstellungen gebracht hatte! Ozzard, der sich um Bolithos tägliche Bedürfnisse kümmerte, vom Rasierwasser bis zum frischen Hemd, sollte angeblich Anwaltsschreiber gewesen sein. Jedenfalls war er gebildeter als mancher Offizier. Moffitt dagegen, zu dessen Pflichten das sorgfältige Niederschreiben jeder Order und Depesche, das Registrieren der persönlichen Signale Bolithos und das Ausschreiben der Instruktionen für die Kommandanten des Geschwaders umfaßten, war ein Produkt der Slums. Er hatte strähniges, graues Haar und gläsern starre Augen, die aus seinem pergamenthäutigen Schädel spähten wie die eines Halbtoten. Oder, wie es Allday einmal recht unfreundlich ausgedrückt hatte: »Ich habe schon manchen Schurken am Galgen baumeln sehen, der besser aussah!«
    Bolitho hatte nur wenig über Moffitt erfahren können. Er sollte im Schuldgefängnis auf seinen Abtransport nach der neuen Strafkolonie in der Botany Bay gewartet haben. Ein hoffnungsvoller Leutnant mit einem gerichtlichen Patent zur Anwerbung von Rekruten für Seiner Majestät Kriegsflotte war in diesem Gefängnis erschienen; und mit mehreren anderen hatte Moffitt ein neues Leben begonnen. Sein erstes Schiff war ein Achtzig-KanonenZweidecker gewesen; in einem kurzen Scharmützel vor Ushant war der Kapitänsschreiber von einer verirrten Musketenkugel getötet worden. Moffitt hatte die Gelegenheit genutzt und durch Übernahme von dessen Pflichten einen weiteren Wechsel in seinen Lebensumständen bewirkt. In Spithead wurde er auf die
Lysander
versetzt und hatte sich bereitwillig als Kommodore-Schreiber angeboten, bis sich ein Geeigneterer fand. Bei dem hektischen Betrieb angesichts der Neuausrüstung und Reparatur konnte Moffitt unauffällig in seine neue Rolle schlüpfen.
    Bolitho schaute in seinen Becher. Es wäre nur zu leicht gewesen, Ozzard nach frischem Kaffee zu schicken. Kaffee war eine seiner Schwächen. Aber er wollte sich an seine Regeln halten und seinen Vorrat so lange wie möglich strecken.
    Er hörte das beharrliche Klopfen der Hämmer. Die Reparaturarbeiten gingen pausenlos weiter. Dies war der vierte Morgen nach dem Gefecht. Die
Lysander
,

gefolgt von der Schaluppe und der Prise, war langsam weiter nordostwärts gekrochen; die Leute

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