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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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gekämpft hätte, unter Gefahr für Leib und Leben, während sein britischer Gegenpart sich herausgehalten hätte und in verhältnismäßiger Sicherheit geblieben wäre? Er stützte sich auf das Süll unter dem salzfleckigen Fenster. Herrick war kein Feigling und konnte ebensowenig unloyal handeln wie seine Schwester verraten. Aber auf dem Achterdeck, als er am allernötigsten gebraucht wurde, hatte er versagt.
    »Ich diktiere später zu Ende, Moffitt«, sagte Bolitho kurz. Er wandte sich ab und glaubte, in den Augen des Schreibers einen Funken Neugier aufglänzen zu sehen. »Sie können schon ins reine schreiben, was wir bisher erledigt haben.« Damit war Moffitt zunächst einmal beschäftigt, und Bolitho konnte den Abschluß des Berichts noch etwas aufschieben.
    Es klopfte, und Herrick trat ein. »Ich dachte, Sie würden es sofort wissen wollen, Sir: Die
Harebel
l

hat signalisiert, daß sie im Osten zwei Segel gesichtet hat.« Seine blauen Augen streiften Moffitt.
    »Höchstwahrscheinlich ist es das Geschwader.« Bitter fügte er hinzu: »Diesmal!«
    Bolitho sah, daß sein Blick auf den Bericht fiel, und verspürte ein gewisses Schuldgefühl; als hätte Herrick seine Gedanken gelesen, seine bitteren Zweifel.
    »Danke. Wie ist unsere Position?«
    Herrick runzelte die Stirn. »Bei acht Glasen waren wir vierzig Meilen nördlich der Insel Mallorca. Bei der langsamen Fahrt, die wir machen, und den Schäden an Segeln und Ruder will sich selbst der Master nicht genauer festlegen.«
    »Sie können gehen, Moffitt«, sagte Bolitho. Er hörte, wie Ozzard aus der Schlafkajüte direkt auf den Gang hinaustrat.
    »Ihre Befehle, Sir?« fragte Herrick.
    »Wenn wir wieder zum Geschwader stoßen, will ich eine Kommandantenbesprechung abhalten.« Bolitho trat ans Fenster und sah Herricks Spiegelbild in dem dicken Glas. »Sobald mir Captain Farquhar erklärt hat, warum er mit dem Rendezvous bis jetzt gewartet hat, werde ich darlegen, wie ich mir unser weiteres Vorgehen denke. Als Flaggkapitän müssen Sie dafür sorgen, daß jedes Schiff, von der
Lysander

bis zur
Harebell,

meine Dienstanweisungen genau versteht. Für mich ist Initiative ein durchaus brauchbarer Ersatz für blinden Gehorsam. Aber ich wünsche keine Manöver auf eigene Faust, und noch weniger dulde ich blanken Ungehorsam.«
    »Ich verstehe, Sir«, erwiderte Herrick.
    Bolitho wandte sich um und sah ihm ins Gesicht. »Was denken Sie, Thomas? « Er wartete gespannt. Herrick sollte sich aussprechen. »Was denken Sie
wirklich?«
    Herrick hob die Schulter. »Ich glaube, Farquhar ist eigennützig, er giert nach Beförderung und wird, so oft er nur kann, nach eigenem Ermessen und zu eigenem Nutzen handeln.«
    »Aha.«
    Bolitho trat an sein Weinkabinett und fuhr mit dem Finger über das Holz. Er sah sie noch vor sich, wie sie ihn anlächelte, hatte noch ihr ansteckendes Lachen im Ohr, als sie sah, wie sehr er sich über das Geschenk freute. Ihre Liebe war so warm, so großherzig gewesen. Und rücksichtslos war sie jedem über den Mund gefahren, der es gewagt hatte, sich über ihre Affäre kritisch zu äußern.
    »Ist das alles, Sir?« Herrick sah müde und mißmutig aus.
    »Nein, Thomas.« Bolitho wandte sich ab; Herrick wirkte so abgespannt, daß er ihm leid tat. Vermutlich hatte er seit dem Gefecht höchstens eine Stunde oder zwei geschlafen. »Es ist leider nicht alles.« Er deutete auf einen Stuhl, doch Herrick blieb stehen, Bolitho hatte es vorhergewußt. Er fluchte innerlich. Das eben war das Schlimme. Sie kannten einander so gut, daß sie sich Konflikte eigentlich nicht leisten konnten. Er begann: »Ich habe meinen Bericht an den Admiral fertigzustellen. Früher oder später muß ich ihm eine Depesche schicken, meine persönliche Meinung zur Lage. Davon könnte ein ganz neues strategisches Konzept abhängen. Wenn ich die Lage falsch beurteile, steht viel mehr als nur mein Kopf auf dem Spiel. Wenn St. Vincent eine große Flotte ins Mittelmeer schickt und wir später entdecken, daß die Franzosen im Westen sind statt im Osten, vielleicht um zu ihren Geschwadern in den Biskayahäfen zu stoßen, dann geht es nicht nur um eine verlorene Schlacht, sondern unter Umständen um England.«
    »Das ist mir klar, Sir. Eine schwere Verantwortung.«
    Bolitho starrte ihn an. »Wollen Sie mir ausweichen? Sie wissen verdammt genau, was ich meine! Wir sind auf einer hochwichtigen Mission, für deren Erfolg kein Risiko zu groß ist. Wenn ich dem Admiral meine erste Depesche schicke, muß

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