Eine letzte Breitseite
sich eine Pfeife aus dem Sandelholzgestell über dem kleinen Kartentisch und reichte auch Veitch eine.
»Man muß alles mal probieren, Mr. Plowman.« Dann wurde er ernst. »Ich gehe mit Allday und einer Bootsbesatzung an Land. Sie tun so, als ob Sie Vorbereitungen treffen, die Ladung zu löschen.
Aber halten Sie sich bereit, die Ankertrosse zu kappen und sofort auszulaufen, wenn etwas schiefgeht. Falls das passiert, können Sie noch zwei Nächte in Landnähe bleiben. Ich habe die Stelle auf der Karte markiert. Wenn Sie dann noch kein Signal von mir haben, müssen Sie zurück zum Geschwader, nach Syrakus. Captain Farquhar hat entsprechende Anweisungen.«
Der Tabakrauch in der Kajüte wurde immer dicker; Bolitho sagte: »Holen Sie noch Wein aus dem Spind. Wie unsere Leute da oben fühle ich mich merkwürdig gemütlich. Heute nacht zumindest.«
Oben hörte man Schritte, und Veitch lächelte. »Der junge Breen macht allein oben Wache. Kommt sich bestimmt wie’n Fregattenkapitän vor.«
Eine angenehme Schläfrigkeit überkam Bolitho. Er dachte an Pascoe, an seine dunklen, eifrigen Augen, als er gebeten hatte, mitkommen zu dürfen. Er berührte den alten Degen, der am Tisch lehnte. Vielleicht hätte er ihn lieber auf der
Lysande
r
lassen sollen. Passierte ihm etwas, so war der Degen wahrscheinlich für immer verloren. Und auf irgendeine seltsame Weise war es ihm wichtig, daß Pascoe ihn bekam. Eines Tages.
Er sah nicht, daß Veitch dem Steuermannsmaaten zublinzelte, worauf dieser aufstand und sagte: »Ich will lieber Mr. Breen ablösen, Sir.«
Veitch nickte. »Und ich muß im Vorschiff noch nach dem Rechten sehen.« Beim Aufstehen stieß er sich wieder den Kopf. »Hol der Teufel diese geizigen Handelsreeder, Sir«, grinste er entschuldigend. »Ein Linienschiff mag ja vollgepackt sein, aber man behält doch wenigstens den Kopf auf den Schultern!«
Wieder allein, beugte sich Bolitho über die Karte und studierte sie unter der kreisenden Laterne. Er zog seinen blauen Rock aus und lockerte die Halsbinde. Der Schweiß rann ihm den Rücken hinunter. Es war heiß und stickig, und der Wein hatte seinen Durst keineswegs gelöscht.
Allday kam herein. »Ich bringe Ihnen gleich was zu essen, Sir«, sagte er und krauste die Nase. »Dieser alte Eimer stinkt wie ein Müllkasten.«
»Die Hitze macht es noch schlimmer«, erwiderte Bolitho. »Ich gehe gleich an Deck, ein bißchen frische Luft schnappen.«
»Wie Sie wollen, Sir. Ich lasse Ihnen Bescheid sagen, sobald das Essen fertig ist.«
Allday sah sich in der unordentlichen Kajüte um und zuckte die Achseln. Feucht, dreckig und stinkend war sie ja tatsächlich. Aber nach der drückenden Hitze des Tages war es hier beinahe kühl. Dann sah er die leeren Weinflaschen und lachte in sich hinein.
Die Hitze des Kommodore kam wahrscheinlich von innen.
»Gei auf die Fock!«
Bolitho beschattete die Augen und sah hinüber auf die planlos in die Gegend gebauten Bastionen, die alle Einfahrten des Hafens von La Valetta schützten. Als sie langsam näher kamen und die Sonne hinter Maltas verwitterten Mauern aufgehen sahen, wirkte der Hafen auf sie wie eine richtige Festung.
»Recht so – Kurs halten!« Breitbeinig stand der untersetzte, muskulöse Plowman neben dem Rudergänger, die Pfeife im Mund.
Bolitho wußte, daß es ihm wie den meisten anderen schwerfiel, sich nach der strengen Disziplin auf einem Kriegsschiff so locker und lässig zu geben. Aber der Eindruck, den ein Schiff beim Einlaufen in den Hafen machte, war immer der ausschlaggebende.
An Deck lungerten Matrosen herum, lehnten am Schanzkleid, deuteten auf die Gebäude an Land, manche mit echtem Interesse, andere mit übertriebener Schauspielerei.
Midshipman Breen sagte: »Ich habe viel von dieser Insel gehört, Sir; aber ich dachte nie, daß ich sie jemals zu sehen bekäme.«
Plowman grinste. »Aye. La Valetta heißt nach dem Großmeister der Malteserritter, der die Insel gegen die Türken verteidigt hat.«
»Waren Sie damals hier?« fragte Breen und glotzte den Steue rmannsmaaten mit unverhohlener Ehrfurcht an.
»Kaum, Mr. Breen. Das war vor mehr als zweihundert Jahren.« Er sah Veitch an und schüttelte den Kopf. »Ob ich dabei gewesen bin, fragt er – mein Gott!«
Die vorderste Bastion glitt jetzt querab vorbei; ihre obere Brustwehr wimmelte von bunten Gestalten. Offenbar diente sie nicht nur zur Verteidigung, sondern auch als Durchfahrt. Hinter ihr öffnete sich das glitzernde Hafenbecken, um die
Segura
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