Eine letzte Breitseite
Geschäft auf sie, das sie sich bestimmt nicht entgehen lassen wollen!«
Bolitho stieg über die Reling. »Und passen Sie auf die Mannschaft auf! Vielleicht gibt es auf diesen Marketenderbooten französische Spione. Es kann nicht schaden, wenn Sie unseren Leuten so etwas andeuten.«
Er kletterte in den einen Kutter, den die
Segura
noch hatte.
»Ablegen!«
Da sah er einen der Händler kräftig auf einen Stoß Teppiche klopfen; ein glatter runder Arm schob die Fransen beiseite. Kein Männerarm. Der richtige Handel sollte anscheinend erst losgehen, wenn der Kapitän der
Segura
von Bord war.
»Da oben auf der Treppe«, murmelte Allday. »Zwei Mann. Irgendwelche Offiziere.«
Doch die beiden nickten nur höflich und kümmerten sich nicht um sie, sondern beobachteten weiter das Schiff; vielleicht warteten sie auf den richtigen Moment, um an Bord zu gehen.
Auf den heißen Steinen des Kais wartete Bolitho auf Allday, der mit einem der Matrosen, dem Schweden Larssen, nachkam. Larssen hatte ein vergnügtes, zutrauliches Gesicht und die breitesten Schultern, die Bolitho je gesehen hatte.
»Für den Fall, daß es Ärger gibt«, kommentierte Allday. Plötzlich sah er Bolitho beunruhigt an. »Fühlen Sie sich auch wohl, Sir?«
»Natürlich. Stellen Sie sich nicht so an«, erwiderte Bolitho und wandte sich ab. »Schicken Sie das Boot zurück. Wir wollen so wenig Aufsehen erregen wie möglich.«
Er hörte Allday mit der Bootsmannschaft sprechen und konnte sich kaum enthalten, das Hemd vom Körper abzuzupfen. Es war klatschnaß vor Schweiß, und der Kopf war ihm so merkwürdig leicht. Der Wein? Oder das Abendessen? Tief in seinem Innern jedoch nahm bereits ein anderer Gedanke Gestalt an; und er hatte große Mühe, seine aufsteigende Angst zu verbergen. Aber es war wohl unwahrscheinlich. Er biß die Zähne zusammen. Wenn doch Allday endlich mit dem Boot fertig wäre, damit er in den Schatten käme! Aber
unmöglic
h
war es nicht. Neun Jahre war es beinahe her, da hatte ihn in der Südsee das Fieber fast umgebracht. Seitdem hatte er ein paar Anfälle gehabt, aber seit etwa einem Jahr nicht mehr. Beinahe hätte er laut geflucht. Ausgerechnet jetzt durfte es nicht passieren.
»Fertig, Sir«, sagte Allday.
»Gut. Wir wollen das Haus suchen und die Sache erledigen.« Er schwankte und hielt sich an Alldays Schulter fest. »
Verdamm
t
!«
Während sie sich durch eine Gasse schwatzender Händler drängten, sah Allday ihn bestürzt an.
»Der
capita
n
?« fragte Larssen. »Nix gut?«
Allday packte ihn heftig beim Arm. »Hör zu. Aber hör gut zu. Wenn es das ist, was ich denke, dann ist er in einer Stunde vollkommen fertig. Bleib dicht bei mir und tu genau, was ich tue, verstanden?«
Hilflos hob der Schwede die Schultern. »Yessir, Mr. All-Day.« Zum Glück war das Haus nicht weit von der Hafentreppe. Das weißgekalkte Gebäude lehnte sich, als wolle es sich stützen, an eine der Bastionen; auf dem breiten Balkon sah Bolitho ein großes Teleskop wie ein Geschütz auf die Hafenanlagen gerichtet.
Er tastete unter seinem Rock nach der Pistole, ob sie auch so lokker säße, daß er sie notfalls blitzschnell ziehen konnte. Es war schon ein rechtes Hazardspiel. Vielleicht wußte dieser französische Agent bereits vom Schicksal des Schiffes, dem der Brief anvertraut worden war. Das Geleit, das die
Buzzar
d
gejagt hatte und mit dem der Schoner gesegelt war, konnte Malta angelaufen, entsprechenden Bescheid gegeben und dann seinen Weg fortgesetzt haben.
Doch das hielt er immer noch für unwahrscheinlich. Wenn dieser Brief wirklich von so großer Wichtigkeit war, dann hätte ihn eine der Fregatten an Bord gehabt und ihn, wahrscheinlich bei Nacht, mit einem Boot an Land gebracht.
»Los, weiter«, sagte er kurz. »Wir müssen schnell machen.«
Das Erdgeschoß des Hauses stand voller Weinfässer und Strohballen, wohl zum Verpacken der Flaschen. Ein paar Malteser Arbeiter rollten leere Fässer über eine Rampe in den Keller hinunter, ein gelangweilter Mann in zerknittertem Hemd und senffarbener Kniehose machte Eintragungen in ein Buch, das auf einem hochgestellten Faß lag.
Mißtrauisch sah er auf.
»Si?«
Schwer zu sagen, was er für ein Landsmann war – er konnte ebensogut Grieche sein wie Holländer.
Bolitho sagte: »Ich spreche nur englisch. Ich bin der Skipper des amerikanischen Schiffes, das eben vor Anker gegangen ist.«
Der Mann antwortete nicht gleich, aber in seinen Augen war zu lesen, daß er alles verstanden hatte.
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