Eine Liebe auf Korfu
die werde ich der Haushälterin bringen, weil ich einiges mit ihr besprechen will.“
Mit einem höflichen Lächeln verabschiedete sie sich und verließ das Büro, den Korb unter ihrem Arm. Im Haus war es still, nur die gedämpften Geräusche der emsigen Dienstboten störten die Ruhe, auf die Sir Thomas bestand, wenn er in seinem Arbeitszimmer saß. Natürlich wurde sein Wunsch nicht immer erfüllt – auf keinen Fall, wenn seine verwitwete Verwandte, Lady Trevick, und ihre beiden Töchter Besucher empfingen.
Anscheinend sind sie alle ausgegangen, dachte Alessa. Oder sie unternahmen eine Kutschfahrt mit dem neuen Hausgast, zeigten ihm die Sehenswürdigkeiten und boten ihm eine Gelegenheit, die Misses Trevick mit ihren kleidsamen neuen Sonnenhüten zu bewundern … Als sie um eine Ecke des Klostergangs bog, gratulierte sie sich zu dieser kühlen, ironischen Einschätzung des Zeitvertreibs, dem
Seine Lordschaft vermutlich frönte.
„Alessa!“
Ein anderer konnte es nicht sein. Diese wohlklingende Stimme hatte sich ihrer Erinnerung ebenso eingeprägt wie die leuchtenden braunen Augen. Verwirrt ließ sie den Korb fallen, der glücklicherweise nicht umkippte. Sonst wäre die saubere Wäsche herausgerutscht.
Bequem in einen Korbsessel zurückgelehnt, saß Benedict im Schatten der Arkaden. „Verzeihen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken.“ Als er aufstand und vortrat, bemühte er sich, den verletzten Fuß nicht zu belasten. Er trug keinen Hut. Im Sonnenschein schimmerte sein Haar wie Schildpatt.
„Schon gut, Sir, es ist ja nichts Schlimmes passiert. Haben Ihre Schmerzen inzwischen nachgelassen?“
„Oh ja, es geht mir viel besser. Die Hüfte spüre ich kaum noch, und Dr. Pyke meint, mein Knöchel würde bald genesen, wenn ich ihn nicht überanstrenge.“
„Zweifellos hat er recht“, betonte sie und wollte nach dem Korb greifen.
„Bitte gehen Sie noch nicht. Haben Sie mir meine Kleider gebracht?“
„Ja, sie sind hier drin, und ich sollte …“
„Nehmen Sie doch Platz.“ Benedict sank in den Korbsessel zurück und wies auf die steinerne Bank an der Wand des Klostergangs. „Wenn Sie ein Glas Limonade trinken möchten …“
„Das würde sich nicht schicken.“
„Warum denn nicht? Großer Gott, ich lade Sie nicht in mein Schlafzimmer ein.“
„Wegen meiner Position in diesem Haus“, erwiderte Alessa und fürchtete zu erröten. „Jeden Augenblick könnte Mr. Williams aus seinem Büro kommen.“
„Wieso benehmen Sie sich wie eine Dienerin, obwohl Sie keine sind?“ Belustigt zog er die Brauen hoch.
Auf ihn mochte die Situation komisch wirken. Nun, er musste ja nicht im wichtigsten Haushalt dieser Insel auf dem heiklen Grat zwischen Vertraulichkeit und Unterwürfigkeit wandern. „Da ich in der Residenz Dienstleistungen erbringe, erwartet man von mir, dass ich meine Stellung kenne.“
„Und ich bitte Sie, Platz zu nehmen, Limonade mit mir zu trinken und mir ein paar Minuten Ihrer kostbaren Zeit zu opfern. Auch das wäre eine Dienstleistung. Wenn Sie wollen, bezahle ich Sie dafür.“
Resignierend ergriff sie das Tablett, stellte es auf die Bank und setzte sich daneben. An ihrer Seite verströmte ein Orangenbaum in einem Blumentopf einen betörenden Duft, und sie neigte sich hinüber, um ihn einzuatmen.
„Diese Bäume blühen zur gleichen Zeit, wie sie Früchte tragen. Das wusste ich nicht.“ Während Benedict sich zur Seite drehte, um den Limonadenkrug zu erreichen, sprang Alessa auf, bevor er seine lädierte Hüfte strapazierte.
Wie sie zu spät bemerkte, kam sie ihm dabei viel zu nahe und roch das edle Aroma seines Eau de Cologne. Hastig ergriff sie den Krug, wich zurück und füllte zwei Gläser. „Das gilt auch für Zitronen-, Limonen- und Grapefruitbäume.“ Krampfhaft versuchte sie Konversation zu machen. Als sie ihm ein Glas reichte, vermied sie sorgsam, dass sich seine und ihre Finger berührten.
Wieder auf der Bank, nippte sie an ihrer Limonade, und der intensive süßsaure Geschmack verscheuchte die beunruhigende Wirkung von Benedicts Duft. Lächerlich. Jeden Tag kam sie mit Männern zusammen, massierte ihre nackten Schultern oder verband Blessuren an entblößten Gliedmaßen. Und keiner erregte solche Gefühle. Als könnte ein Wort aus seinem Mund genügen, und sie würde in seine Arme sinken …
„Wie heißen Sie wirklich, Alessa?“, fragte er so beiläufig, dass sie antwortete, ohne zu überlegen.
„Alexandra …“ Gerade noch rechtzeitig unterbrach sie
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