Eine Liebe auf Korfu
mein Geld auch mit den Heilsalben, die ich herstelle. Außerdem benutze ich Olivenölseife.“ Weil sie ihn vom Thema ihrer Herkunft und ihrer englischen Verwandtschaft ablenken wollte, versuchte sie möglichst leichthin zu sprechen.
Benedict hob ihre Hand hoch. Zunächst dachte sie, er wollte ihre Finger nur betrachten. Aber er zog sie an seine Lippen.
Zu verwirrt, um sich zu befreien, starrte sie ihn mit großen Augen an. Und dann biss er behutsam in eine ihrer Fingerspitzen. Erschrocken hielt sie den Atem an. Nicht weil seine Zähne ihr Schmerzen bereiteten, sondern weil feurige Wellen durch ihren ganzen Körper strömten. Obwohl sie den Mund öffnete, entrang sich kein Laut ihrer Kehle.
Plötzlich spürte sie seine warme Zunge auf ihrer weichen Fingerkuppe und glaubte zu vergehen, in seinen dunklen Augen zu ertrinken. Ihre Brüste fühlten sich schwer an, als würde diese heiße, feuchte Zunge eine der Knospen liebkosen.
Was würde jetzt geschehen? Und wie würde sie darauf reagieren? Sie hatte keine Ahnung …
Erst das schrille Gekläff von Lady Trevicks Schoßhündchen riss sie beide aus der wortlosen Trance. Benedict ließ ihre Hand los, Alessa sprang auf und stieß dabei den Limonadenkrug zu Boden. Klirrend zerbrach er auf den Steinplatten.
„Alessa …“ Auch Benedict erhob sich. Doch sie ergriff den Wäschekorb, eilte um die Ecke des Klostergangs und zwei Treppenfluchten hinauf. Keuchend lehnte sie sich an die Tür der Haushälterin – endlich in Sicherheit.
Aber vor wem fühlte sie sich sicher? Vor Lord Blakeney oder ihren eigenen schockierenden Wünschen?
„Hölle und Verdammnis!“ Benedict sank in den Korbsessel zurück und schalt sich einen Narren, was ihm nichts nützte. Beinahe hätte er ihr die Wahrheit entlockt, die ganze Geschichte. Dann war er dem geheimnisvollen Zauber erlegen, den Alessa auf ihn ausübte, und hatte sie berührt. Ihre zarte Hand in seiner zu spüren – das hatte ihn seine Selbstkontrolle gekostet. Unwillkürlich hatte er eine der weichen Fingerspitzen mit seinen Zähnen, mit seiner Zunge liebkost. Dabei waren in seiner Fantasie Bilder entstanden, die ihn maßlos erregt hatten – und immer noch erregten. Insbesondere, wenn er an diese großen grünen, von Leidenschaft verschleierten Augen unter schön geschwungenen schwarzen Brauen dachte …
Weibliches Gelächter bewog ihn aufzustehen. Offenbar waren Lady Trevick und ihre Töchter zurückgekehrt. In seiner gegenwärtigen Verfassung fühlte er sich außerstande, höfliche Konversation mit wohlerzogenen jungen Mädchen zu machen. Und so hinkte er zu einem der Treppenhäuser, das er im selben Moment erreichte, wo die Damen den Hof des ehemaligen Klosters am anderen Ende betraten.
An die Wand gelehnt – zu erschöpft, um die Stufen zu erklimmen, wohin immer sie führen mochten –, hoffte er, niemand würde ihn entdecken.
„Ah, meine liebe Lady Blackstone!“ Anscheinend begrüßte Lady Trevick einen Neuankömmling. „Wir haben Ihren Brief natürlich erhalten. Aber man weiß ja nie, wie lange so eine Schiffsreise dauert. Kommen Sie, machen wir’s uns im Schatten bequem. Offensichtlich hat Lord Blakeney den Hof eben erst verlassen – da liegen die Scherben seines Limonadenkrugs … Der arme Mann leidet an den Folgen eines beklagenswerten Unfalls. Jetzt ruht er sich zweifellos in seinem Zimmer aus. Beim Dinner werden Sie ihm begegnen.“
Seufzend schnitt Benedict eine Grimasse. Wenn sich die Damen irgendwo setzen würden, könnte er unbemerkt die Treppe hinaufhüpfen und ihnen entrinnen.
„Ich hole nur rasch mein Retikül, Mama.“ Wie bedrohlich das in seinen Ohren klang … Noch eine unverheiratete junge Tochter … Im Umgang mit den Misses Trevick musste er ohnehin schon äußerste Vorsicht üben. Die Anwesenheit eines begehrenswerten Junggesellen entzückte die beiden. Aber er würde sich gewiss nicht auf einen Balkon locken und zu kompromittierenden Tête-à-Têtes verleiten lassen. Im Augenblick verschwendete er keinen Gedanken an eine Ehe. Wenn er nach England zurückgekehrt war, wollte er auf Brautschau gehen und eine nette, konventionelle junge Dame umwerben, die seiner Mama gefallen würde.
„Ja, tu das, Frances.“ Stuhlbeine scharrten, Korbsessel knarrten, Absätze klapperten auf den Steinplatten. Hastig wich Benedict noch tiefer in den Schatten des Treppenhauses zurück.
„Oh!“ Die junge Dame, die um die Ecke gebogen war, stieß beinahe mit ihm zusammen. Erschrocken sprang sie zurück und
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