Eine Liebe auf Korfu
auszulachen, elender Schurke!“ Wütend stand sie auf und ging zum Ruder. „Oh, wenn doch ein echter Mann hier wäre!“
„Jetzt kränkst du mich“, beschwerte sich der Entführer und schob seinen Hut aus der Stirn. „Eben noch machst du mir Komplimente, und im nächsten Moment …“
„Benedict!“ Entgeistert starrte sie ihn an. Hatte sie ei nen Hitzschlag erlitten? Oder beschwor ein gebrochenes Herz Halluzinationen herauf? „Benedict – was machst du denn?“
„Ich versuche dir zu beweisen, dass ich keinen Wert auf Konventionen oder meine Ehre lege – vorausgesetzt, ich gewinne dich für mich.“
„Aber du willst mich gar nicht …“
„Doch. Erinnerst du dich? Wenn nicht, haben meine leidenschaftlichen Zärtlichkeiten ihren Zweck verfehlt.“
„Oh, natürlich, du begehrst mich. Das weiß ich nur zu gut.“
„Alessa, ich liebe dich.“
„Nein, ganz sicher nicht. Das hast du nie gesagt.“
„Auch du hast mir deine Liebe nie gestanden. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, ich bin dir nicht unsympathisch.“ Benedict warf einen kurzen Blick auf die Trimmung der Segel und justierte das Ruder, während sie sich vom Strand entfernten.
„Oh, Benedict, ich …“
„Nein, versuch mir nichts zu erklären. Warten wir, bis wir an Land gehen. Dort will ich dir etwas mitteilen. Und dafür brauche ich meine volle Aufmerksamkeit. Jetzt muss ich mich auf das Schiff konzentrieren.“
Seufzend sank sie auf die Decksplanken hinab. „Die Dienstboten werden einen Reiter zum Fort schicken. Und Sir Thomas wird die Marine auf dich hetzen. Glaub mir, Benedict, du bist in ernsthaften Schwierigkeiten. Wie willst du dich da herausreden?“
„Keine Bange, das habe ich gar nicht nötig. Inzwischen werden alle Bescheid wissen.“
„ Was?“
„Ich habe Harrison und Maria eingeweiht. Da die beiden ihr Glück mir verdanken, wollten sie sich revanchieren, und so halfen sie mir, dieses romantische Abenteuer zu inszenieren.“
Nein, das glaube ich nicht, Benedict ist nicht romantisch … „Wohin segeln wir?“
„Zur Insel Vidos“, erwiderte er und zeigte nach Norden. „Bald sind wir da.“
„Aber … diese Insel ist verlassen …“
„Soviel ich weiß, wird sie von ein paar Ziegen bewohnt. Und da gibt es eine halb verfallene Hütte, in der ich dich vollends kompromittieren werde.“ Benedict sprach in ruhigem Ton, als würde er sie zu einem Spaziergang an der Küste einladen. Doch irgendetwas in seiner Stimme befreite Alessa von ihrer Verwirrung, und der letzte Rest ihres Zorns verflog. Sie stand auf, trat an seine Seite und legte ihre Hand auf seine, als wollte sie ihm helfen, das Skiff zu steuern. „Also gut, fahren wir zu dieser Insel.“
Lächelnd legte er seinen linken Arm um ihre Taille, während er mit der rechten Hand das Ruder festhielt. „Wie wundervoll du dich anfühlst“, flüsterte er und stützte sein Kinn auf ihren Scheitel. Wortlos schmiegte sie sich an ihn, und ein heißes Glücksgefühl stieg in ihr auf.
24. KAPITEL
Die Insel war tatsächlich nur von Ziegen bevölkert. Als das Skiff im seichten Wasser hielt, trotteten sie neugierig heran. Mit ihren seltsamen gelben Augen beobachteten sie, wie Benedict durch sanfte Wellen watete und Alessa an Land trug.
„Willkommen in unserem ersten gemeinsamen Domizil.“ Lächelnd stellte er sie auf die Füße.
„Oh, Benedict, ich …“
„Warte, bis wir in der Hütte sind. Verdammt will ich sein, wenn ich in der Anwesenheit so vieler Ziegen eine leidenschaftliche Liebeserklärung abgebe.“ Er griff nach ihrer Hand, und sie stiegen einen schmalen Klippenpfad hinauf. Mit flüchtigem Bedauern musterte sie das schöne neue Kleid, das sie an diesem Morgen angezogen hatte.
Offenbar musste sie in einem Kleid, das am Saum durchnässt war, einen Heiratsantrag entgegennehmen. Zudem war es unter einem Arm zerrissen, eine Folge ihres Kampfes gegen das Netz. Zudem roch der Stoff nach Fisch, weil sie im Ruderboot des Piraten gesessen hatte. Natürlich würde jeder ehrbaren jungen Dame in einer solchen Situation die Sinne schwinden. Wir gut, dass sie nicht ehrbar war … Außerdem wird Benedict mich ohnehin bald ausziehen, dachte sie voller Vorfreude.
Er öffnete ein wackeliges Gatter und führte sie über eine zerbröckelnde Terrasse zu einer steinernen Hütte. Wer immer hier gewohnt hatte – ein Fischer, ein Ziegenhirt oder ein Einsiedler –, musste großen Wert auf eine schöne Aussicht gelegt haben. Bewundernd blickte Alessa über Stechginster
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