Eine Liebe wie Magie
Straßenecke und pfiff nach seiner wartenden Kutsche. Schnell stieg er ein und gab dem
Kutscher die Richtung an, bevor er sich in die Polster zurückfallen ließ, um über das nachzudenken, was er gehört hatte.
Er war mit dem Gedanken zum Trecastle-Stadthaus gegangen, von Lady Augusta empfangen zu werden und sie einfach um die Rückgabe der Brosche zu bitten, die Tony ihr gegeben hatte. Jedenfalls war das sein Vorhaben gewesen, bis er die Unterhaltung zwischen Lady Trecastle und dem Butler mit angehört hatte, eine Unterhaltung, die ihm unter anderem verraten hatte, daß Lady Augusta tatsächlich den Lumley-Ball besuchen würde.
In einem vollen Ballsaal könnte sie sich wohl für ein Treffen mit ihm wappnen, denn hätte sie erst seinen Namen erfahren, wüßte sie sicher, weshalb er gekommen war, und wäre zur Verteidigung bereit. Das Überraschungselement, hatte Noah einst den großen Duke of Wellington sagen hören, ist im Krieg von nicht zu unterschätzendem Wert.
Und er fühlte sich wirklich, als würde er gegen diese Lady in die Schlacht ziehen.
Eines war sicher. Wenn er auch vorher noch nicht ganz davon überzeugt war, daß Lady Augusta diejenige war, die Tony den Brief geschrieben hatte, so konnte er jetzt so gut wie sicher sein. Die Worte, die er vorher am Eingang des Trecastle-Stadthauses mit angehört hatte, hatten das Bild, das er in seinem Kopf hatte, nur noch verfeinert. Und hätte er noch irgendwelche untergründige Zweifel bezüglich ihrer Urheberschaft des Briefes gehabt, so wären sie völlig zerschlagen worden, als er, während der Unterhaltung des Butlers mit seiner Herrin allein gelassen, auf den schweren Türklopfer aus Messing starrte.
Das Emblem, das über dem Klopfer in poliertem Messingguß glänzte, war das genaue Duplikat des Siegels auf Tonys Brief.
Kapitel 8
Der Lumley-Ball war das herausragende Ereignis jeder Saison. Inmitten der verschwenderischen Pracht von purpurnem und goldenem Krepp und geschliffenen Kristallschalen, gefüllt mit übersüßem Punsch, der mit viel zu saurem Wein gestreckt war, markierte er die offizielle Mitte der Saison. Das Ereignis fand am Grosvenor Square statt, in der hochherrschaftlichen, verwitterten Stadtresidenz des Herzogs und der Herzogin von Challingford, zweier der prominentesten Figuren der Gesellschaft: er ein unerschütterlicher Tory und sie eine »Gastgeberin par excellence«. Verehrt von der Londoner Gesellschaft standen sie hoch über der ausgelassenen Menge, versehen mit all den Insignien eines Königspaares vor seinem huldigenden Hofstaat, gnädig jeden ankommenden Gast begrüßend, der von den beiden livrierten Dienern, die rechts und links vom Eingang postiert standen, ausgerufen wurde.
Drinnen, im hellerleuchteten und überfüllten Ballsaal, schritten und hüpften die tanzenden Paare zu den fröhlichen Weisen eines Orchesters, das geschickt hinter einer Wand aus falschem Gebüsch am hinteren Ende des Raumes verborgen war. Abseits des Tumultes gingen am anderen Ende des Hauses enorme Geldsummen über die mit grünem Flanell bezogenen Tische im Spielsaal, während Männer, denen der Sinn mehr nach Diskussion als nach Tanzen stand, den feinen Portwein des Herzogs im angrenzenden mahagonigetäfelten Herrensalon genossen.
Es war wirklich ein buntgemischtes Publikum. Ein Schwarm junger Mädchen aus vornehmen Hause, herausgeputzt in hellem Musselin, war gekommen, den Platz ihrer Schwestern aus dem Vorjahr einzunehmen. Ihr einziges Ziel an diesem Abend — und an jedem der darauffolgenden Abende - würde es sein, sich den bestmöglichen potentiellen Ehegatten zu sichern, den ihre Augen erblicken und ihre Fächer betrillern konnten. Unterdessen waren eben jene jungen Burschen darauf aus, sich ihr Glück in Form einer Erbin zu sichern, vorzugsweise einer hübschen, die ihnen hoffentlich reichlich Kinder bescheren würde, vorzugsweise männliche. Ältere Herren, gichtgeplagt, waren in ihren Rollstühlen am Rande des Geschehens angesiedelt und stießen sich gegenseitig mit den Ellbogen an, während sie mit den jungen Mädchen liebäugelten und in längst vergangenen Zeiten schwelgten. Am äußersten Rand standen die Matronen, dem Alter nach Witwen von Stande, und Großmütter, deren einzige Pflicht es war, auf alles ein Auge zu haben und sicherzustellen, daß sich unter ihren wachsamen Blicken nichts Unsittliches ereignete.
Inmitten dieser Vielfalt hatte Augusta gehofft, den Abend relativ unbehelligt überstehen zu können. Doch obwohl sie eine
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