Eine Liebe wie Magie
Stern mit einem Mond, der silbern schimmerte. Besetzt mit einem einzelnen, seltsam milchig-blauen Stein in der Mitte, schien er fast zu glühen.
Lady Augusta sagte nichts, während er sie studierte. Sie starrte ihn nur ihrerseits an und schätzte ihn weitaus kritischer und offener ab, als er es mit ihr getan hatte. Was sie sah, schien ihr nicht zu gefallen. Sie maß ihn nach ihren geistigen Maßstäben, während sie die ganze Zeit darüber nachdachte, wie lange er schon im Dunkeln gelauert hatte und ob er ihre gänzlich unangemessene Unterhaltung mit Lord Belgrace mit angehört hatte. Jeder Gentleman würde Unwissenheit heucheln, um die Sittsamkeit einer Dame zu schonen, sich höflich entschuldigen und somit beiden die peinliche Situation ersparen. Allerdings, jeder wußte, daß Noah schon lange kein Gentleman mehr war.
»Vielleicht irre ich mich, aber meines Wissens wird es allgemein als unanständig angesehen, wenn sich junge Damen alleine und ohne Anstandsdame einem Mann nähern, geschweige denn Annäherungsversuche machen.«
Es zeugte von schlechten Manieren, so zu sprechen, aber anstatt sich zu schämen, daß sie so öffentlich mit ihrem Verhalten Belgrace gegenüber konfrontiert wurde, verfinsterte sich Lady Augustas Miene weiter, und sie sah ihn mindestens so unverschämt ins Gesicht, wie er es mit ihr getan hatte. »Impertinent« war das Wort, das Noah dazu einfiel.
»Ebensowenig sollten Gentlemen meines Wissens offensichtlich private Gespräche belauschen. Soviel zum Thema anständig oder nicht.«
»Schnippisch« war ein weiteres Wort, das er bestimmt wählen würde, um sie zu beschreiben. Er beobachtete sie dann, wie sie sich anschickte an ihm vorbeizugehen, um ihn mit einem arroganten Heben des Kinns abzufertigen, als wollte sie damit sagen, daß er schon genug ihrer Zeit verplempert hätte. Bevor er so richtig wußte, was er tat, hatte Noah ihr mit einem Schritt den Fluchtweg versperrt. Sie stieß fast mit ihm zusammen. Lady Augusta blickte ihn an. »Würden Sie mich bitte vorbeilassen, Sir. Ich bin nicht in der Stimmung für ihre kindischen Spielchen.«
Ihre durch Verachtung scharfe Stimme verschaffte ihm ein merkwürdiges Gefühl der Befriedigung. Es erinnerte Noah an jemanden, der vor nicht allzu langer Zeit genauso geringschätzend zu ihm gesprochen hatte. Julia.
Es war das erste Mal in seinem Leben, daß Noah sich einer Frau mit bösartigen Hintergedanken näherte. »Wissen Sie, seine Lordschaft war an ihrem Angebot vielleicht nicht interessiert, aber ich könnte mich unter Umständen überreden lassen.«
Noah war erzogen worden, Frauen zu respektieren, sie zu schätzen. Selbst jetzt konnte er sich vorstellen, daß der Geist seiner Mutter, der Herzogin, hinter ihm stand, ihn beobachtete und in äußerster Bestürzung den Kopf schüttelte.
Lady Augusta blinzelte ihn an. Sie brauchte einige Zeit, um zu erkennen, was sich hinter seinem kaum verschleierten Kommentar versteckte. Dann entglitten ihr die Gesichtszüge, und sie gaffte ihn mit offenem Mund an. Bei jeder anderen Frau hätte das unattraktiv ausgesehen, bei ihr war es merkwürdig verlockend. Er spürte eine innere Spannung und zwang sich, nicht auf ihren Mund zu sehen. Statt dessen fixierte er ihre zusammengekniffenen Augen.
»Entschuldigen Sie bitte, Sir.«
Noah konnte nicht anders. Er griff nach vorne, und bevor sie reagieren konnte, zog er sie fest an seinen Körper und drückte seinen Mund auf ihren.
Er spürte, wie sie sich sofort verkrampfte und zu befreien versuchte, aber sie war leicht, und er hatte sie fest und sicher. Ihr Mund war warm und weich, wie ihr ganzer Körper, bis auf die festen Brüste, die er deutlich spürte. Er nahm die Gelegenheit wahr, sie fester an sich heranzuziehen, indem er mit der Hand unter ihr Gesäß faßte, worauf sie sich nur noch mehr wehrte. Schließlich schaffte sie es, ihren Mund zu befreien. Doch es stellte sich heraus, daß dies ein großer Fehler war. Denn gerade als sie zweifellos im Begriff war, lautstark zu protestieren, bot sie Noah die Gelegenheit, den Kuß zu vertiefen. Und das tat er auch. Wiederum bedeckte er ihren Mund und ließ überfallartig seine Zunge gegen ihre gleiten.
Sie schmeckte nach süßem Wein, ihr Duft war exotisch, würzig, blumig. Doch anstelle der Abneigung, die er zu fühlen erwartet hatte, überkam ihn eine Leidenschaft, die er seit
Wochen, ja Monaten nicht mehr verspürt hatte. Plötzlich. Heiß. Wild. Sie bemächtigte sich seiner und ließ seine Sinne
Weitere Kostenlose Bücher