Eine Liebe wie Magie
können. Und wie konnte es sein, daß das alles einfach mit ihrem Besuch bei Almacks zusammenhing? Sie hatte sich mit Lady Castlereagh kaum unterhalten, nur einmal getanzt, und das noch nicht mal besonders gut. Es ergab absolut keinen Sinn, und das sagte sie auch.
»Oh, und wie es Sinn macht, meine Liebe«, entgegnete Charlotte. »Die Londoner Gesellschaft hat Gefallen an dir gefunden, Augusta. Durch die Aufmerksamkeit, die dir der allseits bekannte Lord Noah Edenhall zuteil werden ließ, und durch die Anerkennung, die du dann von Lady Castlereagh bekommen hast, ist deine Zukunft mehr als gesichert. Ich sage dir, dein Kalender wird bis weit nach Abschluß der Saison gefüllt sein, und es würde mich überhaupt nicht überraschen, wenn du deswegen noch so manchen Heiratsantrag bekommen würdest.« Heiratsanträge? Oh, nein.
Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck legte Augusta den Stapel Briefe beiseite und schüttelte den Kopf. »Es muß sich hier um ein Versehen handeln. Ich bin mit jemand anderem verwechselt worden. Das ist es. Diese Geschenke sind nicht für mich. Sie sind für jemand anderen bestimmt, und deshalb müssen sie zurückgegeben werden, sobald wir es einrichten können. Die anonymen werden einfach an die Wohlfahrt gehen.«
Genau in diesem Moment klopfte es an der Tür. Augusta stand entschlossen auf. Es war an der Zeit, dem Ganzen ein für allemal ein Ende zu setzen.
Sie hörte Charlotte hinter sich rufen. »Augusta, bitte laß Tiswell die Tür öffnen. Eine Dame öffnet nicht ihre eigene Türe. Es gehört sich nicht.«
Zum Teufet mit dem Anstand! Sie riß die Eingangstüre auf, doch auf der anderen Seite erwartete sie kein Bote. Statt dessen standen da Lady Finsminster und ihre Tochter Viviana. Beide lächelten sie an, als ob sie alleine den geheimen Schlüssel zu etwas sehr Wertvollem besäßen.
»Lady Augusta«, sagte die Gräfin, »darf ich Sie Augusta nennen? Oh, Bibi und ich sind mit der aufregendsten Neuigkeit gekommen. Wir müssen es Ihnen einfach erzählen.« Sie sah an ihr vorbei in die Halle. »Ist Lady Trecastle zu Hause?«
Ohne eine Antwort oder gar eine Einladung abzuwarten, ging sie an ihr vorbei und zielstrebig auf den Salon zu, wo sie tatsächlich Charlotte vorfand. Sofort begann das Geplapper. »Charlotte, meine Liebe, du mußt die Neuigkeit einfach erfahren. Bibi und ich waren heute morgen im Grafton House.« »Grafton House?«
»Oh, selbstverständlich. Wir sind auf der Suche nach einem gelbgemusterten Musselin für ein Nachmittagskleid für meine Bibi.«
»Oh, gelb wird ihr gut stehen.«
»Genau. Nun, wir kamen etwas später als gewöhnlich, ungefähr viertel vor zwölf, da Bibi nicht vor zehn Uhr heute morgen aus dem Bett zu kriegen war, weil sie gestern bis spät in die Nacht aus war. Nun, als wir ankamen, war die Theke völlig überfüllt, und wir mußten fast eine halbe Stunde warten, bis wir endlich drankamen.«
Charlotte sah sie voller Mitgefühl an. »Eine halbe Stunde? Wie furchtbar für euch.«
»Ja, meine Liebe, ich nehme an, das hätte es sein können. Diesmal hatte es jedoch auch seine Vorteile, denn während wir warteten, hörten wir die Neuigkeit.« Die Gräfin atmete tief durch, wofür Augusta ihr sehr dankbar war, denn die Frau hatte kaum Luft geholt, seit sie auf der Türschwelle erschienen war.
Die Gräfin schüttelte den Kopf. »Es ist nicht zu glauben. Ich fürchte, ich kann es nicht wiederholen, es ist so schockierend.«
Charlotte tätschelte ihre Hand. »Sie müssen es versuchen, meine Liebe.«
Im Türrahmen verdrehte Augusta die Augen.
Die Gräfin nickte und nahm mit großem Tamtam all ihre Kräfte zusammen, um diese unglaubliche Neuigkeit mitteilen zu können. »Halten Sie sich fest, meine Liebe. Ich bin schockiert, Ihnen mitteilen zu müssen ... Prudence ist ruiniert.«
Bibi stieß einen Schrei aus.
Charlotte schnappte nach Luft.
Augusta war verwirrt. »Prudence, Lady Gunthers Tochter?« Lady Finsminster nickte, den Mund zu einer fürchterlichen Grimasse verzogen, was ihr überhaupt nicht gut stand. »Jawohl, Lord und Lady Gunther haben bereits ihren Türklopfer entfernt und fertig gepackt, um aufs Land zu fahren. Und, oh, es ist der schrecklichste aller Umstände überhaupt.«
»Was hat sie getan?« fragte Augusta und wunderte sich, warum sie sich überhaupt darum kümmern sollte. Allerdings mußte sie zugeben, daß der Schock und die Abscheu von Lady Finsminster selbst ihre Neugier geweckt hatten.
Die Gräfin sah einen Augenblick ihre
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