Eine Liebe wie Magie
Spielzimmer.
Kapitel 18
Christian Wycliffe, Marquis Knighton und zukünftiger Herzog von Westover, warf den Kopf zurück, soweit es seine modische hohe Halsbinde eben erlaubte und lachte laut. »Du hättest mich als Partner wählen sollen anstatt deinen leichtsinnigen Bruder. Das ist jetzt schon der dritte Robber, den er für dich verloren hat. Habt ihr Lust, auf vier zu erhöhen? Ich bin sicher, Tolley und ich finden neue und originelle Wege, das Devonbrook-Vermögen zu verprassen.« Bartholomew »Tolley« Archer, Vicomte Sheldrake, kicherte zustimmend bei einem Schluck Portwein. Gutaussehend und modebewußt, galt Tolley in jüngeren Jahren in der Welt der Reichen und Schönen als eine Art Exzentriker, der stets aussprach, was ihm gerade durch den Kopf ging — und das grenzte fast immer an Beleidigung. In den letzten Monaten war er allerdings nicht in England gewesen, sondern reiste auf einer stürmischen Hochzeitsreise durchs Ausland. Als er mit seiner frischvermählten Braut im Arm aus Paris zurückgekehrt war, hatte er eine feinsinnige Reife angenommen, die ihm eine Aura von Leichtigkeit und Würde verlieh. Die Ehe mit seiner jungen Frau Elise tat ihm sichtlich gut.
Noahs Bruder Robert, der ihnen gegenüber saß, hatte sich nicht an der scherzhaften Neckerei beteiligt. Vielmehr beobachtete er aufmerksam seinen Bruder, denn er erkannte, was den anderen entgangen war: daß nämlich Noahs Pech beim Kartenspiel mehr als nur ein Zufall war. Er verlor sonst kaum und niemals so kläglich. Tante Amelia hatte sie beide dafür viel zu gut ausgebildet. Und es waren nicht nur die Karten. Noah war in letzter Zeit kaum er selbst gewesen, besonders, als er am Abend ihres Festes im Davenbrook House einfach ohne Erklärung verschwunden war. Obwohl Noah sich ausschwieg, als man ihn später darauf ansprach, konnte sich Robert irgendwie des Verdachtes nicht erwehren, daß es etwas mit Lady Augusta Brierley zu tun hatte.
»Vielleicht sollten wir es mit dem Whist für heute abend bewenden lassen«, sagte Robert. »Mein Bruder scheint mit seinen Gedanken woanders zu sein.«
Noah legte die Stirn in Falten und nahm seine Karten auf, wobei er den Blick seines Bruders ignorierte. »Nein, laßt uns zumindest diese Runde noch zu Ende spielen. Irgendwann werde ich bestimmt wieder mehr Glück haben.«
Dann wurde es still am Tisch, während die vier Männer ihre jeweiligen Karten studierten. Robert beobachtete Noah noch etwas länger, dann schüttelte er den Kopf, dachte, daß sein Bruder ein Sturkopf sei, und wandte sich seinen Karten zu. Das Spiel begann und auch die Unterhaltung.
»Sarah hatte einen Besucher, gestern«, sagte Christian. »Einen jungen Spund namens Tidney.«
»Ein guter Junge, der Tidney«, hatte Tolley zu bemerken. »Erbe eines Barons in Wales, glaube ich. Kann sich anscheinend immer gut präsentieren. Bewundernswert polierte Stiefel.« Noah sah über seine Karten zu Christian. »Hat sie ihn empfangen?«
»Nein.« Er zuckte mit den Schultern. »Selbst Eleanor konnte sie nicht dazu überreden. Sagte, sie wäre nicht auf Besucher eingerichtet und könnte bestimmt keinen männlichen Besuch empfangen, der kein Freund der Familie wäre, wo sie sich doch noch wegen Tony in Trauer befände.«
Noah runzelte die Stirn. »Sarah kann sich nicht weiterhin von der Gesellschaft zurückziehen. Das ist nicht gut für sie.«
»Ich hatte nicht den Eindruck, daß sie bei unserem Musik-abend neulich besonders gut ausgesehen hätte«, sagte Robert. »Selbst Catriona machte dazu eine Bemerkung. Tatsächlich ist sie der Auffassung, daß sich Sarahs Zustand verschlechtert hat, seit wir nach London gekommen sind. Sie ist ziemlich bleich geworden, und in ihren Augen ist so eine Leere.« »Eleanor sagt, daß Sarah nach Aussage der Dienstmädchen auch nichts mehr gegessen habe«, sagte Christian. »Außerdem schläft sie nicht. Sie sagen, daß man sie jede Nacht hören kann, wie sie durchs Zimmer läuft, manchmal weinend. Immer wenn Eleanor versucht, sie zu trösten, erzählt ihr Sarah, daß sie nichts hätte, wofür es sich zu leben lohnte, keine Hoffnung für die Zukunft. Die ganzen Jahre über waren ihre Tage damit ausgefüllt, Keighley Cross zu führen und sich um Tonys Angelegenheiten zu kümmern. Das hat sie jetzt alles verloren.«
Dies war durch das plötzliche Auftauchen ihres entfernten Keighley-Onkels vom Festland geschehen, eines Mannes, von dessen Existenz sie immer wußten, den sie aber nie wirklich gekannt hatten. Kaum, daß
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