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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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besorgte, die er sonst selber und sogar für sie getan hatte. So saß er am Tisch und wartete, bis sie ihm den Teller zum zweitenmal füllte oder ihm den Kaffeetopf vom Herd brachte, oder er wartete in seinem Zimmer, indes sie ihm morgens sein sauberes Hemd holte oder seine Mütze und seinen Mantel, wenn er hinausgehen wollte. Er war sich dieser Wandlung nicht bewußt. Er wußte nur, daß sie alles für ihn tat und daß er jetzt nicht mehr ohne sie leben konnte.
    Nie zuvor war sie so schön und so zufrieden gewesen. Aus ihrer Zufriedenheit war ihr Körper aufgeblüht, bis William zeitweise ihre Schönheit nicht ruhig zu ertragen vermochte. Er mußte dann um sie werben und sie besitzen, sogar wenn er sie tagsüber traf. Und hier im Schutze ihres Heimes erlaubte sie es ihm und gab sich ihm frei und freudig hin. Ihre Ehe fing von neuem an, als das Haus ihr Eigentum wurde. Es schien ihm, als entdeckte er zum erstenmal, wie tief leidenschaftlich sie war. Und dann empfing sie ihr erstes Kind.
    Es war mittlerweile Frühling des zweiten Jahres ihres Zusammenlebens geworden. Er sagte nicht, daß sie bleiben wollten, aber er wußte, daß er sie um ihrer gegenseitigen Liebe willen niemals aus diesem Hause und dieser Gegend entführen würde. Hier war sie zu ihrer vollen Reife gelangt. Bei der Arbeit, die sie am meisten liebte, wurde sie so schön, so reich, daß er dieses heilige Wachstum nicht stören durfte.
    ›Aus reiner Selbstsucht paßt es mir, sie vollkommen zu sehen‹, dachte er. ›Ich sollte arbeiten können – aus der Vollkommenheit heraus!‹
    Er begann die Landschaft und die Menschen kritisch zu betrachten, um Motive zu suchen. Zweimal malte er Harnsbarger, einmal in dem alten hölzernen Lehnstuhl, in dem schon der Vater des alten Mannes gesessen hatte, und dann draußen mit der roten Scheune als Hintergrund, wo der Sommerwind seinen weißen Bart zauste. Er schickte die Bilder nach New York, und es hieß von ihnen, daß sie eine Wandlung in seiner künstlerischen Entwicklung verrieten. »In diesen Gemälden liegt eine Weichheit, die an William Bartons Arbeiten neu ist«, las er. Das verstimmte ihn.
    ›Ich bin zu gut genährt‹, dachte er. Eine Weile sann er darüber nach, dann schob er es beiseite. Es war eine Überlieferung, daß bei Fülle und Geruhsamkeit keine Kunst gedeihen konnte. Aber Fülle und Geruhsamkeit enthielten Wertvolles, und warum sollte er nicht beweisen, daß sie einen ebenso fruchtbaren Boden für das Schöpferische darstellten wie anderes? Die Künste, nicht die Kunst an sich, blühten, sobald die Menschen frei waren von Angst und Armut.
    Er ergab sich dieser Landschaft, entschlossen, durch die volle Freude an all ihrer fruchtbaren Schönheit Besitz von ihr zu ergreifen. Aber er wollte keine Porträts mehr malen. Die Gesichter, die er in dem Städtchen und auf den Bauernhöfen erblickte, waren zu sanft, die Wangen zu glatt und voll. Die Weichheit der Landschaft hatte sie alle zum gleichen Schlage gemacht. Er malte Himmel und Hügel, mit den zornigen hellen Sykomoren, die der Wind verkrümmt, die jählings anschwellende Flüsse niedergezerrt und zu ertränken versucht hatten, Birken, die im Frühlingswind zitterten, unerwartete Felsen auf einer Erhöhung. Es gab nicht viele Felsen. Unter der fruchtbaren Oberschicht des Bodens lag das Grundgestein verborgenen Schiefers, welches das Felsenbett der Flüsse bildete. Die dicke, dunkle Oberschicht verbarg jedoch jede Kante und Schärfe, nur an manchen Stellen brach das rote Felsgestein auf dem Gipfel eines Berges durch. Das Bild, das ihm in diesem Jahre Anerkennung eintrug, hieß ›Roter Felsen in Pennsylvanien‹.
    Und doch wußte er, daß das Schieferbett, welches sich in dieser ganzen Gegend nördlich und westlich vom Bauernhaus unterirdisch erstreckte, nur einige Kilometer entfernt Eisen und Kohle enthielt. Wäre er bloß diese kurze Strecke gereist. So hätte er vielleicht wieder Gesichter erblickt, die sich zum Malen eigneten. Aber er ging nicht von Ruth fort.
    Er wartete auf die Geburt seines ersten Kindes, um seiner selbst willen neugieriger als Ruths wegen. Denn für sie war es etwas ganz Natürliches, ein Kind zu empfangen, der Mutterschaft entgegenzuwachsen, sich auf die Geburt zu freuen wie auf ein Fest, das nichts Fremdartiges hatte.
    Er hingegen fühlte sich verwandelt bei dem Gedanken an ein neues Geschöpf, das mit ihm und Ruth in diesem Hause leben würde. Unwillkürlich wurde er in diese Generation hineingezogen, als ob das

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