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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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bißchen hin, Mama«, bat Mary.
    »Ja, vielleicht«, antwortete Ruth.
    Sie kehrte ins Haus zurück, legte sich im Eßzimmer aufs Sofa und wartete auf Williams Heimkunft. Jill hielt sich in der Küche auf, wo sie das Abendessen zubereitete. Wußte Jill Bescheid? Aber sie wollte zuerst mit William sprechen, vorher mit niemandem.
    Während sie dalag, dachte sie an Henry. Sonderbar und seltsam war es, wie in der Geschlechterfolge Blut zu Blut kam! Ein Teil von ihr sollte nun durch Mary mit Henry vereint werden. Sie hatte nichts dagegen. Mary war der Teil, der sich ohnehin mit Henry hätte vereinen können, wenn William nicht gekommen wäre.
    Durch die geöffnete Türe sah sie jetzt William den Pfad entlangschlendern; er hatte seinen Malkasten umgehängt. So mußte er an dem Tage ausgesehen haben, als er zum erstenmal über den Pfad schritt. Aber jetzt war sein dunkles Haar silbern. Sie beobachtete ihn, zufrieden mit ihm. Seit Jahren hatte er sie nicht mehr verlassen, nicht einmal, um in die Stadt zu fahren. Daß sein Vater und auch andere ihm bisweilen schrieben, wußte sie, aber sie beachtete diese Briefe nicht. Manchmal fand sie sie in seinen Taschen, wenn sie seine Anzüge säuberte, aber sie fühlte sich nicht versucht, sie zu lesen. Sie hatten nichts mit ihr zu tun. Briefe! Sie bedeuteten so wenig. Erst durch das Zusammenleben wurden die Menschen wirklich. Da fiel ihr plötzlich etwas ein, woran sie seit vielen Jahren nicht mehr gedacht hatte, der Brief, den William ihr einstmals geschrieben. Bis zu ihrer Hochzeitsnacht hatte sie ihn um den Hals getragen.
    Er kam herein, und sie zog ihn mit ihrem Lächeln zu sich.
    »Worüber lächelst du?« fragte er.
    »Über etwas Merkwürdiges!«
    Er legte den Malkasten ab und trat zu ihr, um sich neben sie zu setzen. »Was denn Merkwürdiges?«
    »Erinnerst du dich noch an einen Brief, den du mir einmal geschrieben hast, als du in New York warst?«
    »Der einzige, den ich dir jemals schrieb, und du hast ihn überhaupt nicht beantwortet!« erwiderte er.
    »Ich hatte Angst!« Sie überlegte einen Augenblick, ob sie ihm den Grund angeben sollte. Bis zu diesem Tage hatte er sie noch nie schreiben sehen. Sie hatte niemals einem Menschen geschrieben außer Hal. »Du weißt alles von mir, so kann ich es dir wohl sagen – ich hatte einfach Angst, dir zu antworten.«
    »Warum denn?«
    »Du schriebst so schön, und das konnte ich nicht, und ich befürchtete, daß du von mir gering denken würdest.«
    »Ruth!«
    Es rührte ihn, sich das demütige junge Mädchen vorzustellen, das sich vor ihm fürchtete, weil es ihn liebte!
    »Ich konnte nicht einmal deinen ganzen Brief lesen.«
    »Wirklich nicht, mein Geliebtes? Was tatest du da?«
    Mit seinen farbenbeklecksten Fingern streichelte er ihre Wange, ihren Hals, ihre Brauen. Er kannte die vornehme Form dieses Kopfes durch sein Betasten so gut, daß es ihm mitunter vorkam, als hätte er ihn gebildet, wie ein Bildhauer aus Ton einen Kopf bildet.
    »Ich wickelte ihn in ein rotes Seidenband und machte ein Amulett daraus.« Sie lachte über das Mädchen, das sie gewesen und das sie noch immer war, halb beschämt und nicht ganz sicher, ob er sich nicht auch ihrer schämen würde.
    Aber er war nur bewegt.
    »Warum hast du mir das nie gesagt? All die Jahre hindurch hast du mir etwas verheimlicht! Ich werde dich nie kennen – was hast du mir sonst noch vorenthalten?«
    »Ich hatte es halb vergessen.«
    »Wieso ist es dir jetzt eingefallen?«
    »Ich weiß nicht. Ja, ich glaube, Mary und Joel haben mich daran erinnert. William, die beiden lieben sich!«
    »Wirklich?« Er zog schnell die Hand zurück. Er hatte nichts bemerkt. »Haben sie es dir gesagt?«
    »Nein, das war nicht nötig!«
    Er dachte über die Angelegenheit nach und blickte dabei auf sie nieder. »Ich weiß nicht, ob es mich freuen würde, mit dem alten Fasthauser verwandt zu werden.«
    »Es handelt sich ja nicht um ihn, sondern um Joel.«
    »Er gleicht seinem Vater.«
    »Mary gleicht mir.«
    »Deshalb gefallt mir die Sache nicht besser!«
    Er stand auf und begann im Zimmer hin und her zu gehen; die Hände hatte er in die Hosentaschen gesteckt.
    »Auf diese Weise machst du deine Taschen immer mit Farbe schmutzig!« rief sie.
    Er nahm die Hände heraus. »Dieser Tölpel!«
    »Joel ist ein wirklich guter Farmer«, entgegnete sie.
    Er antwortete nicht. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, daß Ruths und seine Kinder jemals heiraten würden.
    »Wen würde Mary heiraten, wenn nicht einen Mann

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