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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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den Hof besorgen?«
    »Wir stellen im Frühjahr ohnehin immer jemanden ein. Wir werden es schon schaffen.«
    »Wenn Sie diesen Gelegenheitsarbeiter, Gus Sigafoos, meinen, der kommt erst nächste Woche her.«
    »Danke, wir schaffen´s. Ein wenig tauge ich vielleicht doch, obwohl Sie eine schlechte Meinung von mir haben.«
    »Ich mache mir keine Sorgen um Sie, sondern um Ruth«, entgegnete Henry gewichtig. »Und ihretwegen werde ich meinen Sohn Joel jeden Tag herschicken, bis Gus Sigafoos kommt.«
    Am liebsten hätte William geantwortet, daß dies nicht notwendig sei. Aber er war zu ehrlich, als daß er die Notwendigkeit abgestritten hätte. Vor der Wirklichkeit mußte er die Waffen strecken, und er lächelte unvermittelt.
    »Ich möchte ja gern sagen, daß ich Joel lieber nicht hier haben würde, aber ich wäre ein Narr, wenn ich das täte. Ich wünschte, mein Bildungsgang hätte sich auch auf das Melken von Kühen und das Füttern von Schweinen erstreckt, doch war das leider nicht der Fall.«
    Und Henry, der Williams Zorn so stark widerstanden hatte, sah sich unfähig, ein Wort zu sagen, als William lächelte und in entspannter Haltung, die Hände in den Taschen, groß und schlank vor ihm stand. Er starrte William an, und langsam dämmerte in ihm die Erkenntnis ihrer Verschiedenheit. Die Frauen wollten Männer, die aussahen wie William, und Ruth war eine Frau. Männer wie er selbst benutzte sie, und sie kam ja auch zu ihm, wenn sie bei Aussaat und Ernte Hilfe brauchte. Aber dieser andere war der Mann, den sie im Hause haben wollte. Die Wut verließ ihn, als ob sie seine Stärke wäre. Er fühlte sich müde und schwach.
    »Na, ich geh also«, murmelte er. »Hab' eine Menge zu tun.«
    »Ich danke Ihnen für alles, was Sie getan haben«, sagte William freundlich.
    »Nichts zu danken. Ich schicke Joel herüber.«
    »Danke vielmals«, wiederholte William.
    Henry hätte am liebsten gesagt: ›Lassen Sie mich wissen, wie es ihr geht‹, aber er brachte es nicht über sich. Aus eigenem Willen hatte Ruth diesen Mann gewählt. Sie war ihrer Wahl treu geblieben. »Also, Wiedersehn«, sagte er.
    »Auf Wiedersehn«, gab William zurück.
    Voller Mitleid und Frohlocken sah er den derben, gutmütigen Mann aus dem Hause stampfen. Als Henry fort war, sprang er die Treppe hinauf und kniete neben Ruth nieder. Ihre Lider zitterten, sie öffnete die Augen und erblickte ihn.
    »Was ist geschehn?« hauchte sie.
    »Liebste, sei still. Du hättest niemals allein hinübergehen sollen – wenigstens hättest du mir es sagen müssen.«
    »Ich wollte dich nicht damit belästigen.«
    »Liebes, wieso wäre das eine Belästigung gewesen?« Zärtlich streichelte er ihre Hand. »Ich bin so ein schlechter Ehemann, mein Herz.«
    Sie lächelte; es war ein schwaches, blasses Lächeln. »Du bist der einzige, den ich will.«
    Er beugte den Kopf über ihre Hand. Ja, das stimmte. Infolge des seltsamen Zufalls, der ihn zum erstenmal in dieses Haus geführt und hier festgehalten hatte, waren sie einander alles.
    Außerhalb des Hauses wirbelte die Welt in den Krieg hinein. Ruth ermaß die Geschwindigkeit durch Hal. Sie lag im Bett und dachte über seine kurzen Brief nach. Der Krieg war weit entfernt, weil Hal sich immer noch in Nord-Carolina in einer Kaserne befand. Er kam näher, weil Hal vielleicht mit dem nächsten Regiment nach Europa ausrücken mußte.
    An dem Tage, an dem Hal in See stach, kam er sehr nahe. Ruth war genesen, mußte nicht mehr das Bett hüten, aber der Arzt erlaubte ihr noch nicht, das Zimmer zu verlassen. Sie legte gerade ihre weiße Baumwollwäsche in die Kommodenschublade, als Hal auf seinem letzten Urlaub erschien. Er trug seine neue Uniform, und die Tränen schossen ihr in die Augen, als sie ihn sah. Er bückte sich, um ihr einen Kuß zu geben, und mit einer seltenen Gebärde der Liebe umarmte sie ihn.
    »Na, Mama, du machst wieder einmal Ordnung! Immer putzt du und machst Ordnung, wahrhaftig!«
    »Ich muß doch etwas tun. Ach, Hal, mußt du wirklich gehn?«
    »Ich will es selber, Mama …«
    William, der sie miteinander sah, erkannte, daß sie auf eine Art und Weise eines Fleisches waren, wie er und Ruth es niemals sein konnten. Er vermochte nicht zu arbeiten, weil er sich vereinsamt fühlte. Seltsam, daß ein Mann einer Frau in Liebe einen Sohn schenken und sich damit selber berauben konnte! Hal war seines Fleisches, als sein eigenes Ebenbild geschaffen, ohne jenen Teil, der Ruth an William fremd war. Hal war ein in diesem Hause

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