Eine Luege ist nicht genug
sprachen wir über wirklich viel Geld. Es kam mir wie reine Spekulation vor, dass er den Tod von Hamiltons Vater von dort aus, wo auch immer er wohnen mochte, inszeniert haben sollte, doch ich wollte noch niemanden aus dem Rennen nehmen.
Ford N. Branff, erfuhr ich, war der begehrteste Medienmogul der Nation. Während die Wirtschaftsseiten darüber spekulierten, welche Firmen er wohl als Nächstes an Land ziehen würde, rätselten die Gesellschaftsseiten, welche Frau er an Land ziehen würde. Bisher waren keine Frauen auf dem Radar, aber jede Menge Geschäfte. Nach seinen bescheidenen Anfängen mit nur einer kleinen lokalen Fernsehstation und einer Tageszeitung in Charlotte, North Carolina, gehörten ihm nun sieben Zeitungen, zwölf Fernsehkanäle und acht Radiosender, verteilt über den Südosten. Und er war offenbar noch nicht fertig. Es gab weitere Berichte über anstehende Aufkäufe in Virginia und Georgia. Branff konnte den Hals wohl nicht voll kriegen.
Es gab keine Verbindung zwischen Branff und Elsinore – zumindest keine, die ich finden konnte. Danach ging ich auf die Seite mit dem Fantasie-Baseball-Team meines Vaters und besuchte schnell mal boingboing.net. Fünfzehn Minuten später hatte ich mich in eine Galerie mit japanischen Roboterbildern verirrt und musste den Browser schließen, um nicht den ganzen Tag weiterzusurfen.
Mein Magen sagte mir, dass es Zeit für eine Kleinigkeit wäre, und ich brach zu einer Expedition auf, die Treppe zu finden. Die Türklingel schellte und ich peilte sie an wie eine Heulboje. Als ich die Treppe runterkam, öffnete gerade eine der angeheuerten Hilfskräfte genau dem Mann die Tür, den ich eben ge-googelt hatte.
Branff war ein klug aussehender Kerl, und wie er da in das Schloss der Familie Prince einschwebte, gab er das perfekte Model für die neuste Businesslook-Kollektion ab. Sein maßgeschneidertes Hemd, farblich wohl als »Espresso« statt braun zu bezeichnen, hatte einen seidig weichen Glanz. Seine Hose sah so aus, als könnte man gut darin reisen, und stellte ein weißes Streifenmuster zur Schau, das ihm ein anspruchsvolles Flair und einen Hauch von Schrulligkeit verlieh. Oder zumindest so, stellte ich mir vor, würde es der Bananenrepublikkatalog nennen. Wenn wir nicht Millionen von Meilen von der nächsten Metropole entfernt gewesen wären, wäre er locker als Metro-sexueller durchgegangen.
Mrs Prince näherte sich der Tür, doch ich kam ihr zuvor. Branff hatte mich schon erspäht, als ich die Treppe runterkam.
»Ist das Hamilton?« Er nahm seine goldglänzende Sonnenbrille ab und trat ein. »Du siehst deiner Mutter aber überhaupt nicht ähnlich!«
»Ich bin das schwarze Schaf der Familie«, teilte ich ihm mit.
Mrs Prince begab sich geradewegs in Branffs offene Arme und küsste ihn bei der Umarmung auf die Wange. »Es ist so schön, dich wiederzusehen, Ford.« In dieser Pose verharrten sie gerade lange genug, dass ich das Seltsame daran spüren konnte, dann lösten sie sich wieder voneinander. Mrs Prince lächelte mich an.
»Ford, das ist Horatio Wilkes, ein Schulfreund von Hamilton. Er bleibt für einen Teil des Sommers bei uns.«
Branff lachte. Sehr viel weniger plump und viel geübter als Claude, aber mindestens genauso falsch. Er streckte die Hand aus.
»Kein Wunder, dass du Trudy nicht ähnlich siehst. Horatio, ja? Das ist ein komischer Name.«
Ich schüttelte ihm die Hand. »Keine Sorge, er ist keine Konkurrenz zu Ihrem.«
Er hielt meine Hand ein bisschen länger fest als angebracht. Anscheinend versuchte er dahinterzukommen, ob ich wohl dachte, wir wären jetzt schon so gute Kumpel, dass ich ihm so eine freche Bemerkung an den Kopf werfen konnte. Als er nicht dahinterkam, lächelte er ein bisschen ungeschickt und ließ los.
»Ich hoffe doch, auch den richtigen Hamilton Prince junior zu sehen zu bekommen«, scherzte er mit Mrs Prince. »Ich mag den Gedanken, dass er auch mein Sohn hätte sein können.«
»Das sollten Sie mal Hamilton sagen«, meinte ich. Dann wäre die Branffkacke aber richtig am Dampfen.
Mrs Prince legte einen zierlichen Finger auf einen Knopf der Gegensprechanlage und sagte hinein: »Hamilton?«
Erst war gar nichts zu hören, dann ein Knacken, ein Summen und ein »W as?«.
»W ir haben Besuch. Ford Branff. Ich hätte gern, dass du runterkommst.«
Mrs Prince gab den Knopf mit einem Klicken frei und wartete. Als keine Antwort kam, wandte sie sich an ihre alte Collegeflamme. »Komm rein, Ford, wir haben eine Menge
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