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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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Vater anzuschnorren und rumzulungern, bis er starb, damit du auf seinen Stuhl hüpfen konntest?« Er schoss einen Blick auf seine Mutter ab. »Und in sein Bett.«
    Mrs Prince stand auf und griff nach dem Arm ihres Sohns. »Hamilton, wir sind nicht …«
    Hamilton riss sich los und schmiss dabei eine zweifellos unbezahlbare Vase mit Lampenschirm aus der Ming-Dynastie um, die gegen den Kamin knallte und in tausend Stücke zersplitterte. Um das Maß voll zu machen, trat er auch noch gegen den Beistelltisch.
    »Hamilton!«, schrie Mrs Prince.
    Hamilton wandte sich seinem Onkel zu. »Mein Dad hat sich nicht sein ganzes Leben lang für diese Scheißfabrik abgeschuftet, nur damit du sie einfach übernehmen kannst, wenn er tot ist.«
    »Elsinore gehörte nicht ihm. Die Firma gehört dieser Familie. Dein Ururgroßvater hat hier vor hundert Jahren eine Papiermühle …«
    »Mein Vater hat Elsinore zu dem gemacht, was es heute ist. Er hat eine schäbige kleine Papierfabrik übernommen und sie zu einer multinationalen Unternehmung ausgebaut, während du zwei Dinge gemacht hast: absolut nichts.« Plötzlich wurde Hamilton ganz ruhig. »Es sei denn, du hast etwas getan, um dahin zu kommen, wo du heute bist.«
    Claude stand auf. Mit seinem massigen Körper ließ er Hamilton fast mickrig erscheinen. Seine Stimme wurde so kalt wie die Antarktis.
    »W eißt du, dein Vater hat mir immer denselben Vortrag gehalten. ›Ich habe schwer gearbeitet, um dahin zu kommen, wo ich heute bin, Claude. Niemand wird über Nacht reich, Claude. Du musst zu Ende bringen, was du angefangen hast, Claude.‹ Na, vielleicht habe ich schließlich doch zugehört. Ich hab Zeit und Mühe eingesetzt, und nun bin ich hier und dein Vater nicht, und ich werde mir von absolut niemandem das wegnehmen lassen, was ich mir verdient habe.«
    Claudes Ausbruch legte sich wie Schnee über den Raum und mich überlief ein eisiger Schauder. Was hatte Claude da gerade gesagt? Hatte er seinen Bruder genug beneidet und gehasst, um dessen Ratschläge gegen ihn zu richten und ihn langsam zu vergiften, um einmal in seinem Leben etwas zu einem Ende zu bringen?
    Hamilton musste etwas Ähnliches gedacht haben, weil er zurücktrat, sichtlich erschreckt von seinem Onkel. Er stieß gegen die Lampe und den kleinen Tisch am Sofaende, die ebenfalls kaputtgingen, und sein Schrecken wandelte sich in Wut. Er drehte sich zu dem Tischchen um und tat das, was er wohl eigentlich mit Claude machen wollte: Er reduzierte es auf ein Häufchen Splitter.
    »Hör auf!«, sagte Mrs Prince. »Hamilton!«
    »Hamilton, hast du wieder getrunken?«, fragte Claude.
    Hamilton drehte sich zu seinem Stiefvater um. »Und wenn schon, was dann?«, wollte er wissen. Ich wusste, dass er gestern Abend zu viel getrunken hatte, doch zum Frühstück hatte er nur einen Donut und einen Kater gehabt. Aber er tat so, als wäre er betrunken und spielte Bruce Lee mit dem, was von der Lampe übrig geblieben war.
    Ford N. Branff ließ seinen Gimlet im Glas kreisen und wirkte nicht im Geringsten überrascht von dem Familienzusammenbruch, den er da miterlebte. »V ielleicht bin ich zum falschen Zeitpunkt gekommen«, bemerkte er. Für meinen Geschmack war er ein bisschen zu sehr amüsiert. Für Hamiltons offenbar auch.
    »Ja, klar«, sagte er zu Branff. »Ein bisschen früher, und Sie hätten meine Mutter noch als Schnäppchen dazubekommen.«
    Claude sagte zu Hamilton, er sollte in sein Zimmer gehen, und Hamilton sagte zu Claude, er sollte sich zum Teufel scheren. Keiner von beiden tat dem anderen den Gefallen. Hamilton ging nach draußen, um woanders weiterzudampfen, und Mrs Prince stürmte unter Tränen davon. Mal wieder. Diesmal ging Claude seiner Frau nach. Seine Sensoren für »Frauen in Not« liefen auf Hochtouren.
    Übrig blieben nur ich und das Model für die Bananenrepublik.
    »Stellen Sie sich immer noch so gerne vor, dass Hamilton Ihr Sohn wäre?«, fragte ich Branff.
    Ein Team von Angstellten – einschließlich Candy, der Cowboy – erschien aus dem Nichts und fing sofort an, die Trümmer von Hamiltons Wutausbruch zu entfernen. Ich ging rüber zum Kamin, um das zerkrumpelte Braunwasser-Schlauchboot-Rennen-Flugblatt zu retten, bevor sie es auch einsammelten. In fünfzehn Minuten würde das Zimmer sauber sein, und diese kleine Episode wäre nur noch eine Legende, die ganz verstohlen in den Elendsquartieren der Dienerschaft bei einem Napf mit Hirsebrei flüsternd weitererzählt würde.
    Ford Branff stand auf und gab Candy

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