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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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ertragen?«
    »Zum Teil deshalb, ja, aber es gibt auch anderes. Außerdem lässt du deinen besten Freund nicht einfach stehen, nur weil er eine schwere Zeit durchmacht.«
    Olivia senkte den Blick.
    »He, das meine ich nicht so – dir gegenüber hat er sich wie ein ausgesprochener Blödmann benommen«, meinte ich. »Du hast jedes Recht, stinksauer auf ihn zu sein.«
    »Er hat mich zuerst verlassen.«
    Olivia lehnte sich an mich und versuchte, die erste Base zu erobern. Ich zuckte zurück, bevor sie mich küssen konnte. Sie setzte sich auf und blickte mich an, als wäre ich verrückt geworden. Vielleicht war ich das ja auch.
    »Das können wir nicht«, sagte ich. »So gerne ich das auch machen würde.«
    »Du glaubst, ich mache das, nur um Hamilton zu verletzen?«
    »Nein, aber es würde ihn verletzen, und das will ich ihm nicht antun.«
    Olivia stieß ein unglückliches Lachen aus und schüttelte den Kopf.
    »Lässt du denn nie zu, dass du mal was falsch machst, Horatio Wilkes?«
    »W as soll das heißen?«
    »Du trinkst nicht, du rauchst nicht, du willst die Exfreundin deines besten Freundes nicht küssen. Ich wette, du bleibst bei Rot immer stehen und überschreitest niemals die Geschwindigkeitsbegrenzung.«
    »Ich verstoße sehr oft gegen etwas«, sagte ich.
    »Sicher machst du das. Lass mich raten. Große Familie, stimmt’s?«
    Ich wusste nicht, worauf sie hinauswollte und runzelte die Stirn.
    »Jüngstes Kind, die Eltern sind total alle, weil sie schon deine ganzen Brüder und Schwestern aufgezogen haben, also lassen sie dich einfach machen. Na, wie bin ich?«
    Sie schien den Klang ihrer eigenen Stimme zu mögen, daher ließ ich sie reden.
    »Aber statt einfach deinen Spaß zu haben, stellst du dir selbst Regeln auf – noch strenger, als sie sonst für dich gesetzt worden wären, wenn sie sich um dich gekümmert hätten. Du bist deine eigenen Eltern geworden.«
    »Ich komme gut mit meinen Eltern klar.«
    »Ja, natürlich. Seit deiner Geburt behandeln sie dich wie einen Erwachsenen. Das gehört doch zu dem Problem.«
    »Du hast zu viele Selbsthilfebücher gelesen«, antwortete ich.
    »Und du vielleicht zu wenige.«
    Wie zum Teufel kam sie dazu, nun meine Psyche zu analysieren? Ich wäre am liebsten aufgestanden und weggegangen, doch ich mochte dieses Mädchen. Aber wenn ich sie so sehr mochte, warum hab ich sie dann davon abgehalten, mich zu küssen? Verdammte Hacke. Wie konnte ich das alles nur so vermasseln?
    »Ich glaube, du bringst mich jetzt besser wieder zurück zu meinem Wagen«, sagte ich, und Olivia widersprach nicht.
    Während der Fahrt bergab sprachen wir wieder nicht, aber diesmal aus einem anderen Grund. Sie ließ mich aussteigen, und dann stand ich bei meinem Wagen und sie saß ihn ihrem, und da hätten wir beide was sagen können, um die Dinge in Ordnung zu bringen, doch wir taten es nicht. Schließlich blickte sie weg und fuhr auf die Straße. Sie trug immer noch meine Kappe und noch immer sah sie schön aus. Ich kletterte in mein dampfend heißes Auto, schlug mit den Fäusten aufs Lenkrad, und die Klimaanlage blies mir ins Gesicht.

Zehntes Kapitel

    Ich fuhr fünf Meilen über der angezeigten Geschwindigkeitsbegrenzung durch die Stadt und hielt bei einem Stoppschild nicht ganz an, auch wenn Olivia nicht da war, um meine Bemühungen würdigen zu können. Sie hatte ein paar Sachen gesagt, die ziemlich richtig klangen, wenn ich darüber nachdachte, daher beschloss ich, nicht darüber nachzudenken. Es war sowieso ein Reden aus dem Schmerz heraus gewesen. Ich war nun schon der zweite Typ in wenigen Monaten, der ihr klarmachte, dass er sie nicht als Freundin haben wollte. Ich versuchte mir einzureden, dass sie Hamilton immer noch liebte und dass sie sich auf die Dauer nur noch mehr über sich ärgern würde, wenn sie mit mir rumgeknutscht hätte, aber irgendwie war das nur ein kümmerlicher Trost.
    Etwas weiter vor mir sah ich eine große Topfpflanze in einer mir bekannten Geländelimousine schwanken. Ich bog auf den Parkplatz eines Gebäudes ein, das früher wohl mal ein kleiner Handwerksbetrieb gewesen war. Der Geländewagen und die Beine gehörten Hamiltons Mom, wem die Pflanze gehörte, wusste ich nicht.
    Ich stieg aus. »Kann ich Ihnen helfen, Mrs Prince?«
    »Horatio?«, fragte sie und versuchte, mich nach der Stimme einzuordnen.
    »Hier«, sagte ich, langte mit den Armen um den großen Topf und strich an etwas Weichem und Geschmeidigem entlang, während ich mit der Pflanze um die Oberhand

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