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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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Brief, nicht per E-Mail oder so. So was macht man doch nicht für einen Sommerflirt, oder?«
    »Nein, das klingt nicht danach.«
    »W eißt du, er konnte richtig süß mit solchen Dingen sein. Wenn ich zum Briefkasten ging, war fast jeden Tag einer drin. Auf echt schönem Papier.«
    »W ahrscheinlich Elsinore-Papier«, bemerkte ich.
    Sie lachte, doch ich konnte die Tränen dabei hören. »Ja, wahrscheinlich«, sagte sie. »Der Mistkerl.«
    Es war ihre Zeit und ihr Ort, und ich ließ sie gehen, wohin sie wollte.
    »Ich hab wirklich gedacht, dass er mich liebt. Und ich hab ihn auch geliebt.«
    Ich fragte sie nicht, warum sie die Vergangenheitsform gebrauchte. Ich hatte heute schon einmal bei ihr rumverbessert. Olivia schniefte und versuchte, ein Auge an ihrer Schulter zu trocknen, damit ich nicht merkte, dass sie weinte, und ich tat so, als sähe ich es nicht.
    »Ich weiß nicht, ob du das weißt«, sagte ich, »aber Hamilton ist beim Baseball ein guter Werfer. Echt gut. Wahrscheinlich würde er irgendwo ein Stipendium bekommen, auch wenn er das nicht braucht.«
    Olivia sagte nicht, dass sie das interessierte, aber sie sagte auch nicht, dass es nicht so wäre, und so erzählte ich weiter.
    »Also einmal in der zehnten Klasse hat Hamilton in diesem erstaunlichen Spiel geworfen – ein perfektes Spiel über sieben Durchgänge. Du weißt, was ein perfektes Spiel ist? Kein Schlagmann von der anderen Mannschaft kommt bis zur ersten Base durch. Keine Walks, keine Hits, keine Errors. Das ist praktisch unmöglich. In der ganzen Geschichte der Major League hat es nur etwa siebzehn perfekte Spiele gegeben.«
    »Ich hab’s kapiert.«
    »Okay, also in unserer Hälfte des Durchgangs bin ich der Schlagmann, und da sagt der Fänger etwas über Hamilton, das mir nicht gefällt, und ich sag was über die Mutter des Fängers, was dem Fänger nicht gefällt.«
    »Aber du doch nicht«, alberte sie.
    »Als Nächstes erinnere ich mich, dass der Ball hoch und fest reinkommt. Ich versuche, mich zu ducken, aber der Ball erwischt mich am Helm und haut mich um. Die auf den Bänken springen auf, doch niemand macht was Blödes. Ich weiß, wie man in einem schwierigen Spiel eine freie Base erreicht. Und so hab ich mich ohne lang rumzufackeln aufgerappelt und hab ohne einen Kampf die erste Base erreicht.«
    »Natürlich hast du das«, sagte Olivia.
    »Die andere Mannschaft war aber nicht hinter mir her. Sie hat versucht, Hamilton durcheinanderzubringen, ihn so zu provozieren, dass er jemandem aus Wut eine reinknallt und damit das perfekte Spiel zerstört. Der Schiedsrichter hat beide Mannschaften verwarnt. Der nächste Werfer, der einen Schlagmann traf, würde vom Platz gestellt. Zwischen den Durchgängen nahm Trainer Wormsley Hamilton zur Seite und erinnerte ihn daran, dass wir nur mit einem Run in Führung lagen und es uns nicht leisten konnten, einen Base-Runner auszuwechseln. Als sein bester Freund und als sein Fänger sagte ich ihm, nur ein Idiot würde eine so historische Chance verderben.
    Hamilton meinte, er sähe das genau wie wir. Ich dachte, er würde immer noch daran denken, nach jemandem zu werfen, aber er tat es nicht. Stattdessen ist er im nächsten Durchgang total aus sich rausgegangen und hat die anderen regelrecht weggeblasen. Hamilton war einfach klasse und hatte die Chance, in die Abendnachrichten zu kommen – vielleicht sogar ins Sport- TV . Er hat das perfekte Spiel durch neun und Zweidrittel Durchgänge gebracht – sechsundzwanzig Leute hin und sechsundzwanzig Leute zurück – und dann kommt Nummer siebenundzwanzig an die Plate: der Werfer, der mich abgeschossen hatte. Der Lässigste aus der Mannschaft. Ich gebe extra kein Zeichen für einen Hammerwurf, und was macht Hamilton?«
    Olivia lächelte. »Er trifft ihn.«
    »Ein Hammerwurf von achtzig Meilen die Stunde mitten in den Rücken. Hat geklungen, wie wenn einer mit dem Vorschlaghammer eine Melone trifft. Dem Typ sind die Beine weggesackt, und es hat fünf Minuten gedauert, bis er wieder hochgekommen ist. Hamilton hat sein perfektes Spiel verloren und ist außerdem vom Platz geworfen worden. Der Trainer war fuchsteufelswild. Aber ich hab noch nie in meinem Leben so gelacht. Ich wollte eigentlich auch wütend auf ihn sein, aber ich konnte nicht. Er hätte sich den Typ nicht vorgenommen, wenn der jemand anderen getroffen hätte. Das weiß ich.« Ich grinste. »W eißt du, er kann richtig süß sein.«
    Olivia lachte. »Kannst du ihn deshalb noch in deiner Nähe

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