Eine Luege ist nicht genug
Fläschchen mit den Pillen aus der Hand geschlagen oder so was. Aber jemanden wie ihn in meinem Leben zu haben, hat mir die Kraft gegeben weiterzumachen.«
Ich nickte und Mrs Prince beugte sich zu mir und umarmte mich. Es war schon ein eigenartiges Glück, dass schöne Frauen, die ich nicht berühren durfte, sich mir ständig mit solcher Hingabe an den Hals warfen.
Mrs Prince drückte mich noch einmal und zog sich dann wieder zurück. »Du bist ein guter Zuhörer, Horatio.«
»Danke. Ich bin im Wittenberg-Zuhörer-Team und da hab ich eine Menge Übung«, sagte ich.
Sie lachte, ich lächelte, und wir beide entspannten uns etwas. So, und wo waren nun all die netten und schönen Frauen, die nicht unter Mordverdacht standen? Denn so gerne ich auch Trudy Prince aus der Mittäterschaft am Tod ihres Mannes entlassen wollte, so hatte doch nichts von dem, was sie mir erzählt hatte, sie zwangsläufig entlastet. Es konnte sehr gut auch nur eine rührselige Geschichte sein, die den Leuten vormachen sollte, sie wäre nichts weiter als eine unschuldige trauernde Witwe. Und ihr Bemühen, vor Hamilton zu verheimlichen, wie sein Vater in den letzten paar Monaten vor seinem Tod ausgesehen hatte, wollte mir einfach nicht in den Kopf.
Auf der Bühne unter uns hatte das Denmark Ensemble einige Terminplanungen und Mitteilungen erledigt. Jetzt nahmen sie sich eine der späteren Szenen des Stücks vor, in der es technisch ein bisschen kompliziert wurde. Ständig gingen die Lichter aus und wieder an. Eine Wand in der Ecke, die vorher ganz solide ausgesehen hatte, wurde plötzlich transparent, und in der Dunkelheit erfasste ein Scheinwerfer die Umrisse von zwei Puppen, die jeweils an einem Strick baumelten, als wären sie gehenkt worden.
»Also, was haltet ihr davon?«, fragte ein Techniker aus der Dunkelheit.
Ich fand es gruselig, und wenn ich an so ein Zeug geglaubt hätte, hätte ich es für ein schlechtes Omen gehalten. Wie hatte ich mich nur in all das reinziehen lassen? Gleich zu Beginn musste es eigentlich einen Moment gegeben haben, an dem ich hätte nein sagen können. Aber irgendwie hatte ich den verpasst.
Elftes Kapitel
Als ich zum Haus zurückkam, spielten Roscoe und Gilbert immer noch Videospiele. Hamilton war sonstwo, wahrscheinlich folterte er gerade weitere Kleinmöbel.
Ich deutete auf das Hack- und Aufschlitzspiel auf dem großen Bildschirm. »Ist das eins von Hamilton?«, frage ich.
»Nein«, sagte der Dünne – Gilbert? »Seine Spiele sind alle Scheiße. Wir haben in die Stadt fahren müssen, um uns das hier auszuleihen.«
Drei offene Tüten mit Chips und Käsebällchen lagen um sie herum, und nach dem Leergut zu schließen, das sich zwischen ihnen stapelte, hatten sie bereits eine Kiste mit gelber Limo geschluckt – und das alles vor dem Mittagessen. Ich hatte den starken Verdacht, dass sie sich Essen und Trinken nicht aus der Stadt mitgebracht hatten, und ein schneller Blick in den Vorratsschrank bestätigte das. Ich hatte keine Ahnung, warum die beiden hier waren, aber sie ließen es sich offensichtlich gut gehen. Ich schnappte mir eine Flasche aus dem Kühlschrank und ließ den Verschluss aufknallen.
»Ist das ein Bier?«, fragte mich der Große.
»Alkoholfreies Bier«, sagte ich.
»Mann«, sagte er und gab ein Geräusch von sich, das wohl ein Lachen sein sollte. »Trainierst du noch, bevor du dich an echtes Bier rantraust?« Sein Freund kicherte.
»An eurer Stelle wäre ich vorsichtig. Das Zeug, das ihr da trinkt, lässt die Eier schrumpfen und macht einem Männermöpse.«
Der Dünne – Roscoe? – beäugte misstrauisch seine Limo. Ich ließ die beiden über diese gewichtige Warnung brüten und ging in mein Zimmer, um die Mailbox meines Handys abzuhören. Das Telefon im Zimmer war eines dieser modernen Dinger, die altmodisch aussehen sollen und bei denen die Tasten im Kreis angebracht sind, damit sie wie ein Wählscheibentelefon wirken. Fast hätte ich meinen kleinen Finger abgespreizt, während ich es hielt, als würde ich gleichzeitig sprechen und Tee trinken.
Ich hatte das Telefon am Ohr und den Finger über die Tasten gehoben, als ich mich beobachtet fühlte und aufsah. In der Tür stand Roscoe – oder Gilbert? – und schüttelte den Kopf.
»Mann«, sagte er, dann ging er weiter.
Ich wählte über die Betreibergesellschaft mein Handy an und hämmerte dann den Zugangscode ein. Eine seltsam beruhigende Mischung aus Frauenstimme und Sprachcomputer sagte mir, dass ich fünfzehn Nachrichten
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