Eine Luege ist nicht genug
Harvard zu gehen und Gehirnchirurg zu werden?«, fragte er und fing schon an, leicht zu lallen.
Die Jungs lachten. »Richtig«, sagte Gilbert. »Deshalb musst du ja sogar aufs College gehen.«
»Du meinst, ich sollte das lieber lassen?«
»W arum denn auch?«, fragte Roscoe und trank aus einer riesigen Flasche gelbgrüne Limo. »Du kannst doch deinen Abschluss an der Highschool machen und dich dann gleich auf die Leitung der Fabrik stürzen.«
Hamilton konzentrierte sich angestrengt darauf, seine Spieler ein paar Sekunden lang in die richtige Richtung laufen zu lassen, und ich fing an, die Dinge in meinem Kopf herumzuwälzen. Für ein paar stumpfsinnige Landeier schienen Roscoe und Gilbert plötzlich ganz schön wach zu sein. Aber worauf wollten sie hinaus?
»W er sagt denn, dass ich Elsinore Paper leiten will?«, fragte Hamilton, der sich angegriffen fühlte.
Er konnte es nicht sehen, doch diese Frage brachte ihm zwei sehr skeptische Blicke von den beiden auf der Couch ein.
»Mann, wie kannst du denn das nicht wollen?«, fragte Roscoe.
Hamilton entschied sich für einen unsinnigen Angriff, wo er hätte ausweichen müssen. »W ie würde euch das denn gefallen, wenn euch seit dem fünften Geburtstag ständig gesagt wird, was ihr euer restliches Leben lang tun werdet?« Hamiltons Quarterback wurde abgeblockt, und er gab den Ball für einen neuen Versuch zurück.
»Aber das sagst du doch nur, weil du die Leitung nicht hast«, meinte Gilbert. »Du wirst Direktor der Firma, du kannst im Firmenjet fliegen, wohin du willst, tun, was du willst. Du bist dann reich.«
Roscoe grinste. »V erdammt, so reich, dass es stinkt.«
Das mit dem Stinken stimmt, dachte ich.
»Ach, ich weiß nicht«, stöhnte Hamilton.
»Hör mal, wir wissen doch, dass du deshalb hier so sauer rumhängst«, sagte Gilbert.
»Du hast Ehrgeiz. Jede Menge Möglichkeiten.«
»W enn nur dein Onkel Claude nicht dazwischengekommen wäre.«
Dahin waren sie so plötzlich vorgestoßen wie ein angreifender Linebacker. Roscoe warf einen Touchdown und er und Gilbert schlugen über Hamiltons Kopf die Fäuste aneinander.
»Und nun?«, fragte Hamilton, als sie sich für den Extrapunkt aufstellten. »Meint ihr, ich soll Onkel Claude umbringen, ihn aus dem Weg schaffen?«
Roscoe verpasste den Extrapunkt meilenweit und er und Gilbert starrten Hamilton mit offenem Mund an.
»Ich hab doch nur Quatsch gemacht«, meinte Hamilton und winkte betrunken ab. »Das ist doch nur besoffenes Gerede. Hier.« Er gab den anderen Joystick Gilbert. »Bringt ihr Jungs das zu Ende. Ich muss … ich muss noch ein Wort mit der Kloschüssel reden«, sagte er und hielt sich den Magen.
Gilbert versuchte zu lachen, doch er war offensichtlich zu erschüttert von dem, was Hamilton eben gesagt hatte. Genau wie Roscoe. Hamilton kämpfte sich auf die Beine und schwankte durch die Tür. Bei seinem Abgang sah er mich da sitzen, sagte aber kein Wort. Ich ließ ihn erst ein paar Schritte durch den Flur machen, dann stand ich auf und ging hinterher. Er steuerte sein Zimmer an.
»Das war eben aber eine hübsche Vorstellung«, rief ich gedämpft hinter ihm her. In seiner Tür hielt er an und lehnte sich gegen den Türrahmen, als könnte er sich kaum noch auf den Beinen halten. Dann taumelte er in sein Zimmer und brach mit dem Gesicht nach unten über dem Bett zusammen. Also das wollte er spielen. Ich zog ihm die Flasche aus der Hand.
»Hast du was dagegen, wenn ich mir was von deinem Wodka nehme?«, fragte ich.
Hamilton wusste, dass ich nicht trank, aber er hörte mich einen großen Schluck aus seiner Flasche nehmen. Er setzte sich auf und sah mich mit gerunzelter Stirn an, so nüchtern wie eine kalte Dusche.
»Okay, du konntest eigentlich nicht wissen, dass das nur Wasser war«, meinte er. Ich warf ihm die Flasche zu und schloss erst mal die Tür, damit Einstein und Newton uns nicht bei ihrer Suche nach dem Klo belauschen konnten. Hamilton roch an der Flasche und versuchte herauszukriegen, woher ich es wusste.
»Erstens«, sagte ich und setzte mich auf seinen Schreibtischstuhl, »habe ich dich schon Madden spielen sehen, als du betrunken warst, und da warst du nicht dermaßen schlecht. Zweitens fängst du nie an zu lallen, wenn du trinkst – du hörst nur irgendwann auf zu reden. Und wenn du wirklich so viel Wodka intus gehabt hättest, wie ich dich gerade hab vernichten sehen, dann wärst du nicht zu deinem Zimmer gewandert, um umzufallen. Du wärst einfach an Ort und Stelle
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