Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
Gedankengänge.
„Ungefähr zweihundert Jahre“,
erläuterte er bereitwillig. „Früher wurde es als Unterstand und zur Reparatur
der Fischerboote benutzt, danach stand es viele Jahre leer. Dann hat man ein
Restaurant daraus gemacht. Eigentlich kennen es nur die Einheimischen,
Touristen verirren sich selten hierher.“
„Gibt es eigentlich noch viele
Fischer in dieser Gegend?“
„Flussfischer, die die Fischerei
beruflich ausüben, gibt es nicht mehr so viele, aber in jedem Hafendorf betreiben
natürlich viele diesen Beruf noch immer. Wir in Goro und Gorino zum Beispiel
hatten in den letzten Jahren mit der Muschelfischerei ziemlich gut zu tun, bis
man gesetzlich die Sammelquoten beschränkt hat.“
„Aber ihr habt ja außerdem noch einen
ziemlich großen Hafen, da gehen doch sicher einige auch auf Fischfang und nicht
nur auf Muscheln, oder?
Lara hielt die Luft an. Wie
raffiniert Valerie das doch anstellte! Ihr entging der gespannte Blick, den
Antonio auf Alessandro gerichtet hielt.
„Ja natürlich“, fuhr der
unbefangen fort, „aber ein paar von uns machen natürlich auch noch etwas
anderes, wie zum Beispiel Piero dort drüben", er wies zur anderen Seite
des Tisches hinüber, „er hat ein Elektrogeschäft. Aber viele von uns leben vom
Meer, wie in alten Zeiten und alle anderen indirekt natürlich auch. Die
Methoden haben sich zwar geändert, aber der Job ist immer noch genauso hart wie
eh und je.“
„Das kann ich mir vorstellen. Bei
Wind und Wetter draußen, das geht schon an die Substanz“, meinte Valerie mitfühlend.
Sie wurden unterbrochen, weil sie
den ersten Gang serviert bekamen und widmeten sich nun genussvoll dem Essen.
Hier wurde nicht bestellt, sondern es gab das, was die Küche zu bieten hatte.
Lara hatte noch nie in ihrem Leben eine solche Menge an verschiedenen Muscheln
gesehen, geschweige denn gegessen. Alle waren auf unterschiedliche Weise
zubereitet und jeder Gang war so köstlich wie der vorherige.
„Das hast du ja raffiniert
angestellt“, meinte sie anerkennend zwischen zwei Bissen zu Valerie. „Ich hätte
das nie so lässig hingekriegt.“
„Wenn du ihn einfach gefragt
hättest, dann hätte er dir das auch verraten und ich müsste mich jetzt nicht so
anstrengen“, gab sie zurück. „Aber dafür, dass er auch nur Fischer ist wie die
anderen, hat er erstaunlich gepflegte Hände, ist dir das noch nicht
aufgefallen?“
„Doch“, bestätigte Lara.
Valerie hatte Recht, Alessandro besaß
schlanke und doch kräftige Hände mit kurz geschnittenen, gepflegten
Fingernägeln, die blitzsauber waren und nicht nach schmutziger, körperlicher
Arbeit aussahen. Die meisten anderen hatten wettergegerbte, rissige Hände mit
leichten, dunklen Rändern um die Nägel, die wohl trotz aller Mühen nicht mehr
so einfach zu entfernen waren
„Und dann seine Klamotten!“, fuhr
Valerie fort, „schlicht, aber edel. Der ist mindestens so teuer angezogen wie
du heute Abend.“
„Wir haben uns eben alle
besonders herausgeputzt.“
„Ja. Nur seine sind eben noch
zwei Klassen besser.“
Lara gab ihr im Stillen Recht.
Nun, dann war er eben ein Fischer mit teurem Geschmack. Ihr war das ziemlich
gleichgültig.
„Schmeckt’s euch?“ unterbrach
Alessandro ihre Gedanken.
„Es ist ganz hervorragend und das
Lokal hier ist eine gute Adresse. Es war klasse von dir, uns hierher
mitzunehmen.“
„Es freut mich, dass ihr
mitgekommen seid. Ich hatte schon Zweifel, ob du ja sagen würdest. Weißt du
eigentlich, dass du heute Abend besonders hinreißend aussiehst?“
Lara schluckte.
„Das will ich auch hoffen“,
antwortete sie leichthin, „schließlich hat Valerie mich zum Friseur und bis
nach Ravenna geschleppt, um mich fein zu machen.“
„Das ist ihr auch außerordentlich
gut gelungen, finde ich“, er lehnte sich vor und lächelte anerkennend zu
Valerie hinüber.
„Was? Ich hab gerade nicht
zugehört!“
„Ich sagte gerade, wie besonders
gut Lara heute Abend aussieht! Das haben Sie ganz toll hingekriegt“
„Ja, nicht wahr? Aber wenn Sie
nichts dagegen haben und mir das Recht der Älteren zugestehen, dann könnten wir
das mit dem Sie bleiben lassen und uns duzen, einverstanden?“
„Es wäre mir eine Ehre, Valerie.“
„Außerdem hab ich dann mit der
Grammatik weniger Probleme“, gestand sie schmunzelnd.
„Und ich dachte schon, es käme
davon, dass ich dir sympathisch bin“, scherzte er.
„Bist du ja auch, keine Frage!“,
konterte Valerie, „und ich hoffe, wir haben in
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