Eine Luege macht noch keine Liebe!
Die kleinen, aber intensiven Vergnügungen, die er ihr bot, genügten ihr vollauf. Sie liebte es, mit ihm spazieren zu gehen, mit ihm stundenlang bei einem Glas Orangensaft aufs Meer hinauszusehen oder ruhige Abende vor dem Kamin zu verbringen. Das hektische, anstrengende Leben, das sie mit Andreas geführt hatte, erschien ihr im Gegensatz dazu aufreibend und unbefriedigend. Auch Alessandros Liebe zur Natur war etwas sehr Elementares, das sie uneingeschränkt teilte. Das alles war für sie viel wichtiger, als materielle Dinge, die sie vielleicht mit ihm nicht mehr haben würde. Und welche, fragte sie sich, sollten das wohl schon sein?
Seine Eile war das einzige, was sie etwas befremdete, aber anscheinend war es ihm zu wichtig, sie nicht mehr zu verlieren, als dass er länger hätte warten wollen. Angesichts ihrer unsicheren Situation brachte sie aber auch Verständnis für ihn auf. Woher konnte er schließlich sicher sein, dass sie es sich nicht doch noch anders überlegte und lieber in Deutschland blieb? Vielleicht hatte er sich bessere Chancen ausgerechnet, sie zu halten, wenn er ihr für ihre gemeinsame Beziehung eine gewisse Sicherheit bot und ihr damit auch einen handfesten Beweis für seine Aufrichtigkeit und seine ernsten Absichten lieferte.
Natürlich würde sie auch noch über ein paar andere Dinge ernsthaft mit ihm reden müssen, wenn sie sich dazu entschloss, ihn zu heiraten. Dinge, die sie selbst betrafen, nicht ihn, denn er durfte auf keinen Fall glauben, sie erwarte von ihm das, was sie doch absichtlich hinter sich ließ. Auf Luxus wie teure Reisen, Schmuck und ähnliches legte sie keinen so großen Wert mehr, wie sie es früher getan hatte. Er hatte ihr Kostbarkeiten gezeigt, die ihr inzwischen wichtiger waren, als viele andere materielle Aspekte. Sie fühlte sich bei ihm geborgen, sie durfte so sein, wie sie wirklich war, sie musste sich nicht verändern und verbiegen, nur weil er es für passend hielt.
Die unwiderstehliche körperliche Anziehungskraft zwischen ihnen war außerdem noch das Sahnehäubchen oben drauf. Noch nie in ihrem Leben hatte ein Mann eine solche Wirkung auf sie ausgeübt. Natürlich war guter Sex keine Basis für eine lebenslange Beziehung, das wusste sie selber. Aber sie hatte andererseits die Erfahrung gemacht, dass sein Fehlen noch viel weniger eine Garantie für einen guten Ausgang darstellte.
Wenn etwas schiefgehen soll, dachte sie mit einem gedanklichen Schulterzucken, dann geht es sowieso schief! Und wenn es tatsächlich nicht klappen sollte, dann hatte sie zumindest dieses eine Mal ganz bestimmt nichts versäumt!
Sie wollte allerdings lieber nicht darüber nachdenken, was er von ihrer finanziellen Situation halten würde, wenn sie mit ihm darüber sprach. Sie hatte nämlich keine Ahnung, wie er darauf reagieren würde, diesbezüglich hatte sie gegenüber Valerie eine große Lippe riskiert. Wenn er nun gekränkt oder in seinem Stolz verletzt war? Was wusste sie schon wirklich von der Mentalität italienischer Männer und ihrer Einstellung gegenüber unabhängigen Frauen? Oder von seiner persönlichen Meinung darüber?
Sie musste sich eingestehen – nichts.
Dass sie in den ganzen Monaten darüber geschwiegen hatte, wie unabhängig sie finanziell tatsächlich war, erleichterte die Sache natürlich auch nicht gerade. Sie musste jetzt endlich die Karten auf den Tisch legen und diese ungute Situation bereinigen! Das hier war keine Spielerei mehr, er wollte sie heiraten, das waren mehr als ernste Absichten und sie würde vor ihrer Antwort seine Reaktion auf ihre Unabhängigkeit sehen müssen.
Und wenn Valerie recht hatte und er tatsächlich so etwas wie ein, nun ja nicht gerade Hochstapler, aber so etwas Ähnliches war? Wenn er gewisse Anzeichen richtig gedeutet und daraus geschlossen hatte, dass sie eine gute Partie war, die er sich nicht entgehen lassen wollte?
Meine Güte, stöhnte sie innerlich, kriegst du denn jetzt auch noch Verfolgungswahn? Du bist doch keine millionenschwere Großindustrielle, die von einem Heiratsschwindler verfolgt wird! Wahrscheinlich hast du zuviel Boulevardpresse gelesen!
Rückkehr und wieder Lügen
Lara traf pünktlich am späteren Nachmittag bei Andreas ein. Es war ein eigenartiges Gefühl für sie, als sie das Auto in der Einfahrt parkte und das Haus betrachtete, in dem sie noch bis vor wenigen Monaten gelebt hatte. Es schien bereits eine Ewigkeit zurückzuliegen und doch hatte sie hier Jahre ihres Lebens verbracht.
Sie
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