Eine magische Begegnung
näher.”
O Gott, in was hatte er sich bloß hineingeritten? Aber er war ein Mann, und als Mann musste man den Stier bei den Hörnern packen, wenn er direkt vor einem stehen blieb und angriffslustig mit dem Kopf wackelte. “Hättest du denn gern, dass ich heirate? Ich habe oft gehört, dass Teenager eine Stiefmutter oder einen Stiefvater als unerwünschten Eindringling empfinden.” Dieses Argument klang irgendwie nachvollziehbar … obwohl er nie wirklich darüber nachgedacht hatte, weil er nie die Absicht gehabt hatte zu heiraten. “Theoretisch gesprochen natürlich.”
“Theoretisch gesprochen ist Lili ziemlich cool. Sie könnte mir eine alternative Sicht der Dinge beibringen, und ich könnte ihr helfen, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben, wenn sie Gefahr läuft abzuheben.”
Verdammt, Erika hatte allen Ernstes schon darüber nachgedacht. Er hatte immer angenommen, dass sie mit ihrem Leben zufrieden wäre, und merkte ja erst seit Kurzem, dass es ihr alles andere als gut ging. Aber heiraten? Lili? “Kleines, ich kann nicht einfach heiraten, nur weil du das gerne hättest.”
“Das weiß ich, Dad. Aber du magst Lili doch.”
“Ja, ich mag sie, aber das heißt noch lange nicht, dass ich ans Heiraten denke.”
Das Blut begann in seinen Ohren zu pochen. Seine Tochter war klug für ihr Alter und außerdem – wie auch der Sheriff vorhin gemeint hatte – eine gute Beobachterin. Tanner war sich nicht ganz sicher, wie viel Erika von seiner Zuneigung zu Lili mitbekommen hatte. Gut möglich, dass er in den letzten Tagen gelegentlich etwas neben sich gestanden hatte.
“Ich glaube, sie wäre gut für dich, Dad. Du solltest dich auf jeden Fall öfter mit ihr treffen. Du müsstest es auch nicht heimlich tun.”
Er starrte sie entgeistert an. “Heimlich?”
“Ich meine, du würdest sie nicht verstecken müssen wie deine anderen Freundinnen, weil wir Lili ja schon kennen.”
“Ich verheimliche doch nicht vor dir, dass ich mich hin und wieder mit Frauen treffe.”
“Aber du bringst sie nie mit nach Hause.”
“Weil ich nicht will, dass du eine von ihnen zu sehr ins Herz schließt.”
“Aber ich will vielleicht jemanden ins Herz schließen.”
Oh, verdammt. “Aber ich will es nicht, Erika. Und genau deshalb bringe ich keine Frau mit nach Hause – außer wenn ich mir irgendwann bei einer sehr, sehr sicher bin.”
“Tja, ich bin mir sehr, sehr sicher bei Lili. Und ich bin überzeugt, dass wir es schaffen würden, dass Einstein und Fluffy miteinander klarkommen. Aber was machen wir mit den vielen anderen Katzen?”
“Sollte Lili nicht ein gutes Plätzchen für Wanettas Katzen finden?” Tanner hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt, weil er mit dieser Frage Erika eventuell Hoffnungen gemacht hatte. “Was ich sagen will, ist, dass Lili nicht von heute auf morgen Teil unserer Familie werden kann – unabhängig davon, was sie mit ihren Katzen anstellt.”
“Ich dachte nicht an heute oder morgen, Dad. Du musst eine Weile mit ihr ausgehen, und dann werden wir ja alle sehen, wie es mit euch läuft. Aber wenn du der Sache nicht einmal eine Chance gibst, ist es wie mit dem fehlenden Glied in der Geschichte der Menschheit. Dem Missing Link zwischen Mensch und Affe.”
“Wie bitte?”
“Wenn man nie nach dem fehlenden Glied sucht, wird man es auch nie finden.”
“Lili ist kein fehlendes Glied.”
“Da-ad! Es ist eine Metapher. Oder ein Vergleich. Ich vergesse immer, was genau was ist.”
Tanner hätte am liebsten die ganze Sache vergessen. “Liebling, hör mal, was ich sagen will, ist …”
Erika seufzte und ließ den Kopf hängen. Dann stupste sie mit dem Fuß ihre Schaukel wieder an und schwang bald schnell neben ihm auf und ab.
Seine Tochter hatte recht. Er hatte schon vor langer Zeit aufgehört, nach seinem Missing Link zu suchen.
Die Wahrheit war, dass er nicht mehr daran glaubte, dass es so etwas gab. Zumindest nicht für ihn.
Sie hatte erwartet, dass die Spurensicherung mit einem großen Lkw, ausgestattet mit modernstem technischen Schnickschnack, kommen würde. Doch das Auto, das sie durch das Küchenfenster der Rutlands in ihrer Einfahrt stehen bleiben sah, war ein bescheidener Viertürer. Ein älterer Herr stieg aus. Er trug etwas, das wie ein Arztkoffer aussah.
Es war ziemlich unspektakulär. Lili hatte befürchtet, dass die Katzen wieder vor Angst ausflippen würden, wenn ein Fremder ins Haus ginge – doch dieser Besucher war eindeutig harmlos. Die Katzen hatten sich
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