Eine magische Nacht. Roman
dann bin ich nicht mehr in der Lage, überhaupt noch jemandem zu helfen. Sie würden mich einsperren – zu Forschungszwecken oder weil sie mich für eine Betrügerin halten. So viel zu dieser Gabe. Und dann, was ist mit dir, wenn mir etwas zustößt? Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht mehr, was richtig ist.«
Kane schwieg einen Moment, bevor er seufzend kapitulierte. »Du willst die ganze verdammte Welt retten. Das ist gleichzeitig deine Tugend und dein Ruin. Ich wünschte nur, du würdest dir gelegentlich mal eine Pause von all den anderen gönnen und dich um Janelle kümmern. Du bist ein guter Mensch und gehörst zu diesen seltenen Ärzten, die sogar ihre Seele opfern würden, um einem anderen zu helfen. Deshalb war es auch gleichzeitig die beste und schlechteste Entscheidung, dir die Verantwortung für diese Heilkraft zu übertragen.«
Janelle wand sich, wenn sie nur daran dachte.
Kane sah sie an. »Was ist los? Hattest du gerade einen schwierigen Patienten?« Nicht dass er irgendwie überrascht klang. Natürlich hatte er ihren momentanen inneren Aufruhr längst gewittert, und ebenso den Grund dafür.
Als ihr die Ironie der Geschichte bewusst wurde, musste sie lachen. »Ich wünschte, es wäre so, aber diese Patientin war viel zu leicht zu haben.« Und da schon von
leicht zu haben
die Rede war, fragte sie sich, was die Leute wohl denken mochten, wenn sie sie so mit Kane sahen, zumal sie beide ständig gemeinsam die Praxis verließen.
Verwandt um drei Ecken. Natürlich. Pfui.
Kane sprach: »Ich glaube, sie denken, dass wir nebenbei Drogen verkaufen. Du hast den Zugang, ich die Muckis. So was in der Art.« Augenzwinkernd schlug er vor: »Und jetzt düsen wir in den schäbigen Teil der Stadt, um sie zu verschieben und zu verticken.«
»Das ist total abstoßend.« Janelle verzog das Gesicht.
»Ich musste dich entweder abstoßen oder küssen.«
»Und natürlich würdest du Letzteres niemals tun.« Neulich abends hatte er sie nicht geküsst. Nicht einmal in diesem Traum. Und er durfte es sich ja auch nicht wünschen. Es war falsch, es sich zu wünschen. Wie konnte sie nur so dumm sein, es sich so wahnsinnig zu wünschen? Aber das war sie. Und sie tat es.
Kane reagierte auf der Stelle. Er wandte sich ihr zu, legte seine großen Hände um ihre Taille und hob sie an der Ziegelsteinwand der Klinik nach oben. Von Angesicht zu Angesicht. Und während er mit seinen goldenen Augen hilflos in ihrem Blick versank, drückte sein großer Körper in ihren hinein. Seine harte Brust presste sich in ihre Brüste, seine Hüften schaukelten sich erst in, dann unter ihr Becken, bis er sie ganz mit seinem Körpergewicht festhielt. Unausweichlich drängte er näher, bis sein Gesicht alles um sie herum ausblendete. Alles außerhalb von ihnen beiden. Und dann lag sein Mund auf ihrem, und widerstandslos verschmolz sie mit der Wand, mit ihm.
Janelles Herz geriet ins Stottern. Gott, der Mann konnte küssen! Und alles andere war flüssige Hitze, elektrisch aufgeladen. Alles, was sie umgab, entzündete sich daran. Sie fühlte seine Aufregung, sein Drängen, seine sexuelle Erregung. Überraschenderweise sogar Zärtlichkeit. Sie schlang die Arme um seinen Hals und zerfloss in diesem Kuss, in diesem Gefühl. Und erwiderte ihn. Sie bedeutete ihm etwas. Er bedeutete ihr etwas.
Sie beide
…
Mit den Fingern kämmte er ihr durchs Haar, ließ sie durch die Strähnen gleiten und kratzte ihr auf wunderbare Weise die Kopfhaut. Es sandte ihr ein Kribbeln durch den Nacken, und tiefer durch die Wirbelsäule hinab nach unten. In seine Wirbelsäule hinein. Und während sie wieder und wieder ihren Mund auf seinem verschob, bog sie sich in ihn hinein und fühlte dieses Kribbeln dreifach verstärkt im vollen Kreis wieder aufsteigen. Ihr Herz raste, war aber unfähig, mit seinem Herzen Schritt zu halten, oder besser mit seiner Erregung. Sie konnte nicht atmen. Er drängte noch näher und steigerte damit das sinnliche Zischen ihres Kontakts. Intim, süß … und nicht genug.
Sie verlangte nach mehr und rieb sich an ihm, während er sie küsste. Sie fühlte, wie er ihre Verzweiflung erwiderte, spürte seine klopfende Härte, die ihren eigenen Schmerz so viel tiefer trieb und ihn beinahe in die Knie zwang. Erinnerungsfetzen aus ihrem Traum huschten ihr durch den Kopf: wie er sich anfühlte; wie sie sich anfühlte. Und Art und Umfang dieser Erinnerungen bewiesen, dass sie diese teilten.
Oh, könnte es doch nur Wirklichkeit
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