Eine Marcelli geht aufs Ganze
Das ist überhaupt nicht gut.«
»Und es kommt noch schlimmer«, sagte Brenna. »Sam und Kelly sind auch mal wieder zum Abendessen eingeladen.«
»Ich dachte, wir beide würden heute etwas zusammen machen.« Gabriel setzte sich auf einen Küchenstuhl und sah Kelly fragend an.
Kelly legte den Löffel beiseite und schob ihre Müslischale von sich. »Mach dir um mich keine Gedanken«, sagte sie. »Ich komme gut alleine klar.«
»Unsinn. Du und ich können den Tag nutzen, um einander besser kennenzulernen.«
Dessen war sich Kelly nicht so sicher. Sie dachte, ihr Uropa würde sie vielleicht lieber mögen, wenn sie sich nicht so gut kannten. »Die neue Nanny fängt bald an. Da mein Tanzunterricht für heute abgesagt wurde, werde ich einfach ein wenig abhängen. Du musst dich nicht um mich kümmern.«
»Das möchte ich aber gerne.« Gabriel lehnte seinen Gehstock gegen den Tisch. »Ich habe zwei Plätze auf einem Boot reserviert, das zu den Channel Islands fährt. Die liegen etwas südlich von hier.«
Sie musterte den großen, weißhaarigen Mann, der ihr gegenübersaß. Eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrem Dad war unverkennbar. Gabriel war nicht direkt nett, aber er war auch nicht allzu Furcht einflößend. Am vergangenen Freitag hatte die komisch riechende Doreen ihren letzten Tag gehabt. Sam war tags zuvor zu Hause geblieben, und Gabriel war heute hier. Francesca würde die Schicht am Mittwoch übernehmen. Kelly hatte gehofft, dass Francesca die ganze Zeit über auf sie aufpassen würde, aber Sam hatte gesagt, dass sie schon genug für sie getan hätte.
Der Klang seiner Worte hatte ihr überhaupt nicht gefallen. Sie dachte, Sam wäre an Francesca interessiert und dass sie irgendwann heiraten würden oder so. Kelly hätte nichts dagegen, Francesca öfter hier zu haben. Manchmal war ihr Dad ganz okay, aber meistens trieb er sie in den Wahnsinn.
Jetzt aber musste sie erst einmal mit ihrem Urgroßvater fertig werden.
»Kommst du auf einem Boot klar?«, fragte sie. »Ist es da sicher?«
Gabriel zog seine buschigen weißen Augenbrauen zusammen. »Willst du damit sagen, dass ich zu alt bin, um auf einem Boot mitzufahren?«
»Ich weiß nicht. Bist du?«
»Glaub mir, junge Dame, ich habe mehr über Boote vergessen, als du in deinem Leben jemals lernen wirst.«
»Wenn du es vergessen hast, wird es uns nicht viel nützen, oder?«
Die Worte waren raus, bevor Kelly darüber nachgedacht hatte. Sie zuckte leicht zusammen und wartete darauf, dass Gabriel wütend würde. Sam glaubte es vielleicht nicht, aber sie arbeitete wirklich hart daran, erst zu denken, bevor sie sprach. Bei Tanya war es egal gewesen, weil ihre Mutter immer viel zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt war. Aber hier schien es anders zu laufen. Zum Glück lachte Gabriel nur unterdrückt.
»Gutes Argument«, sagte er grinsend. »Und gut zu wissen, dass ich nicht der Kapitän bin, was?«
Sie nickte.
»Bist du schon mal auf einem Boot gewesen?«, wollte er wissen.
»Eines meiner Kindermädchen hat mich mal auf die Fahrt rund um Manhattan mitgenommen. Es war ziemlich cool, die Stadt mal von der Seite aus zu sehen.«
»Wo war deine Mutter?«
»Ich weiß nicht. Verabredet, nehme ich an.«
Er runzelte die Stirn. »Vermisst du sie?«
Kelly überlegte. »Es ist komisch, hier zu sein und nicht da, verstehst du? Aber sie vermissen?« Sie zuckte mit den Schultern.
Nein, sie vermisste sie nicht wirklich. Sie hatte ja nie Zeit mit Tanya verbracht. Immer nur mit den Angestellten, aber nie mit ihrer Mutter.
Hier war es anders. Sam war die ganze Zeit da, aber das war gar nicht mal so schlecht. Vielleicht verwöhnte er sie nicht, und sie hasste es, keinen DVD-Player zu haben, aber sie hatten auch viel Spaß miteinander. Sie hatten angefangen, ein paar Abende in der Woche gemeinsam essen zu gehen. Immer in andere Restaurants mit anderer Küche. Und sie waren im Kino gewesen. Er hatte sich geweigert, mit ihr shoppen zu gehen, aber versprochen, dass die nächste Nanny sie begleiten würde. Und ehrlich gesagt, der Gedanke an Sam in der Teenie-Abteilung eines Klamottenladens war auch irgendwie seltsam.
»Dein Vater ist ein guter Mann«, sagte Gabriel.
»Du bist sein Opa. Du musst ihn mögen.«
»Und du bist seine Tochter.«
»Stimmt wohl.« Sie spielte mit dem Löffel herum. »Aber ich kenne ihn kaum.«
»Das kommt noch. Und er wird dich kennenlernen.«
Seine Worte sollten wohl ermutigend sein, doch Kelly wurde innerlich ganz kalt. Sie starrte auf die
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