Eine Marcelli geht aufs Ganze
hinbekomme.«
Colleen Marcelli, die stilvoll mit einer hellen Hose und einer passenden kurzärmeligen Bluse bekleidet war, hob die Augenbrauen. »Ich dachte, Francesca könnte sich darum kümmern.«
Er dachte an die Warnung, die Brenna ihm hatte zukommen lassen, und grinste. »Sie ist nicht so oft bei mir, doch wenn, dann lasse ich sie nicht in der Küche arbeiten. Nach allem, was sie getan hat, um mir mit Kelly zu helfen, käme ich mir dabei äußerst undankbar vor.«
»Ich weiß, dass Francesca es sehr genießt, Zeit mit deiner Tochter zu verbringen. Sie hat Kinder schon immer gemocht. Aber das geht wohl den meisten Frauen so.«
Er dachte an seine Exfrau. Aber Tanya war noch nie wie die meisten Frauen gewesen.
Colleen war mit den Zucchini fertig und machte sich nun an den roten und gelben Paprikas zu schaffen. »Du hast nicht wieder geheiratet.«
»Nein, Ma'am.«
Francescas Mutter lächelte ihn an. »Ich weiß, ich bin neugierig. Es ist nur ...« Sie seufzte. »Ich sorge mich eben um meine Kinder. Francesca ist ein ganz besonderer Mensch. Sie hat es verdient, glücklich zu sein. Manchmal stellt uns das Leben vor Situationen, die anfangs nicht ideal scheinen, sich am Ende aber als gut für alle Beteiligten herausstellen.«
Sam schaute sie an. Wann hatte er den Faden der Unterhaltung verloren? »Mrs Marcelli ...«
»Colleen«, unterbrach sie ihn lächelnd. »Bitte nenn mich doch Colleen.«
»Okay, Colleen. Ich finde Francesca wundervoll und möchte auch, dass sie glücklich ist.«
»Und dann ist da ja noch Kelly. Einzelkind zu sein kann so ...«
»Mom!«
Sam hob den Kopf und sah Francesca in der Tür zur Küche stehen. In ihren Augen blitzten die unterschiedlichsten Gefühle auf.
»Was machst du da?«, wollte sie wissen.
Colleen duckte sich. »Sam und ich haben uns nur unterhalten.
»Dann ist es an der Zeit, dass diese Unterhaltung ein Ende findet.« Francesca wandte sich an Sam. »Komm. Lass uns einen Spaziergang mit Kelly machen.«
Sam wischte sich die Hände an einem Stück Küchenrolle ab und folgte ihr nach draußen. Er wusste nicht, was los war, aber auf jeden Fall schien irgendetwas in der Luft zu liegen. Auf der Party war ihm das gar nicht aufgefallen. Lag das daran, dass da so viele Gäste gewesen waren, oder war in den letzten Wochen irgendetwas vorgefallen? Etwas anderes als der mysteriöse Bruder? Etwas, von dem er nichts wusste?
Das Wort ›Albtraum‹ beschreibt dieses Dinner nicht ansatzweise, dachte Francesca, nachdem das Essen endlich zu Ende war und die Familie gemeinsam ins Wohnzimmer umzog. Die Kuppelversuche der Familienmitglieder hatten jegliche Subtilität verloren und glichen eher einem knallharten Verkaufsgespräch. Sam hatte die offensichtlichsten Kommentare zwar einfach überspielt, aber sie hatte seine Verwirrung ob der Hartnäckigkeit, mit der vorgegangen wurde, gespürt. Francescas Familie bewahrte zwar wie versprochen ihr Geheimnis, aber das auch nur mit größter Mühe. Wenn Francesca nicht wollte, dass die Grands ihr Strickzeug herausholten und vor Sams Augen anfingen, Babysocken zu stricken, würde sie ihm bald die Wahrheit sagen müssen.
Diese Entscheidung muss ein andermal gefällt werden, dachte sie und konzentrierte sich wieder auf das vorliegende Thema. Beim Dinner hatte Sam erklärt, Neuigkeiten bezüglich des unbekannten Marcelli-Sohnes zu haben. Also lauschten jetzt alle ganz gespannt, was er zu sagen hatte. Er öffnete die Mappe, die vor ihm auf dem Couchtisch lag.
»Ich habe ihn gefunden.« Er richtete seine Worte an Francescas Eltern.
Ihre Mutter keuchte auf und ergriff die Hand ihres Mannes. »So schnell?«
»Sein Name ist Joe Larson. Er wurde von Cynthia und Joseph Larson adoptiert, als er vier Tage alt war. Sie leben in San Diego.«
Francesca hörte zu, wie Sam das Leben ihres Bruders vor ihnen ausbreitete. Wo er zur Grundschule gegangen war. Dass er keine anderen Geschwister hatte.
»Seine Adoptiveltern starben, als Joe zwölf Jahre alt war.«
Francesca erstarrte. Ihre Eltern hielten den Atem an, ihre Mutter fing an zu weinen, genau wie die Grands.
Sam schaute auf seine Notizen. »Es gab keine anderen Familienmitglieder, die sich um ihn kümmern konnten. Also kam er in eine Pflegefamilie.«
Ihre Mutter schlug die Hände vors Gesicht. »Das ist nicht richtig. Das darf nicht wahr sein. Warum hat mich denn niemand informiert?«
Sam sagte nichts, aber Francesca kannte die Wahrheit. Als ihre Mutter das Baby weggegeben hatte, hatte sie alle Rechte
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