Eine mörderische Karriere
abflauen würde. Sie war mit geöffnetem Verdeck von der Stadt hierher gefahren, und jetzt, in der Stille des Sommerabends, konnte sie das laute Schwirren der Zikaden und das scharfe, beharrliche Zirpen der Grillen hören. Das beruhigte sie. Sie hatte den Wagen unter einem großen Ahornbaum zum Stehen gebracht. Seine Blätter bewegten sich in einem leichten Windstoß, und in der Ferne hörte sie schwach das Geheul von Füchsen. Ein Gefühl des Friedens überkam sie. Damit verbunden waren spontane Freude und Zärtlichkeit, ohne konkreten Gegenstand. Der Anblick der verlängerten Schatten der Baumäste auf der Kieszufahrt und des gepflegten Rasens erfüllten sie mit Befriedigung. Sie sog diese Empfindungen, die die Schönheit der Natur ihr eingab, in sich ein, genoß sie, spürte, daß ihre Wahrnehmung aus irgendeinem Grund gesteigert war und ihr so diesen Moment schenkte.
Das Fliegengitter am Vordereingang öffnete sich, und Malcolm kam heraus. Als sie seinen langen Schatten auf sich zukommen sah, verschwand ihre Ruhe und wurde durch ein unangenehmes Gefühl, fast so etwas wie Angst, ersetzt. Er beugte sich über den Wagen und küßte sie auf beide Wangen. »Willkommen auf der Maplewood Farm«, sagte er. »Komm rein, du mußt doch Lust auf einen Drink haben, nachdem du dich durch den Freitagabendverkehr aus der Stadt gekämpft hast.« Als er sie am Arm faßte und ihr beim Aussteigen half, nahm sie den angenehmen Geruch seines After-shaves wahr. Sie war überrascht und alarmiert wegen der kleinen Gefälligkeiten, die so wenig zu seinem gewöhnlichen Verhalten, wenn sie sich geschäftlich trafen, paßten . Er signalisiert mir nur, daß dies ein Freizeit-, kein geschäftliches Treffen ist, sagte sie sich, doch das Gefühl ängstlicher Erregung kehrte zurück.
Er führte sie ins Wohnzimmer, das sich über die ganze Länge des Hauses erstreckte. Am anderen Ende war ein kleiner runder Tisch gedeckt, die langen Fenster mit Fliegenschutz waren geöffnet, um die Nachtluft hereinzulassen. Auf dem mit Silber und Kristall gedeckten Tisch brannten Kerzen.
»Zum Bad geht’s hier entlang«, sagte er. »Geh nur, ich gieße uns Drinks ein. Was möchtest du?«
Das Kerzenlicht, der schön gedeckte Tisch, die friedliche Abendstimmung — die ganze Atmosphäre flößte Jane Unbehagen ein. Da sie direkt aus der Stadt kam, kam sie sich auch ziemlich zerzaust und nicht elegant genug für diesen Rahmen vor. »Einen guten Scotch «, sagte sie. »Ich bin wirklich sehr müde. Es war eine harte Woche.«
So wie der Rest des Hauses war auch die kleine Damentoilette sauber und aufgeräumt. Als sie ihr Gesicht im Spiegel anschaute, sah Jane, daß ihre Wangen gerötet waren, ihre Augen glänzten, ja, sie sah erstaunlich gut aus. Ihr Haar, das der Wind durcheinandergewirbelt hatte, stand in einem Wust dunkelblonder Wellen vom Kopf ab. Schnell wusch sie sich das Gesicht, zog ihren Lidstrich nach, verzichtete aber auf das übrige Make-up, das sie sonst benutzte. Sie kämmte ihr Haar glatt, putzte sich die Zähne mit einer kleinen Zahnbürste, die sie in ihrer Handtasche mit sich trug, und zupfte ihre Seidenbluse zurecht. Auf der Fahrt hierher hatte sie den zweiten Knopf an ihrer Bluse geöffnet, um die kühle Luft zu genießen; jetzt knöpfte sie ihn wieder zu. Als sie noch einmal in den Spiegel blickte und in ihr vor Farbe und Leben glühendes Gesicht schaute, war es trotzdem, als stecke in ihr noch eine andere, abenteuerlustige Frau, die Jane gegenüber indifferent war und nicht die Absicht hatte, ihre Regeln zu beachten.
Malcolm servierte Jane eine kalte Suppe aus einer großen Steinguttterrine , dann holte er eine Platte mit Pasta Primavera und eine große Glasschüssel mit Salat aus der Küche. An den schwachen Geräuschen, die aus der Küche drangen, erkannte Jane, daß er jemanden bis spät hatte bleiben lassen, um für sie zu kochen, und das verstärkte ihr Unbehagen noch. Malcolm redete mit ihr über seine Farm, über seine geliebten Pferde und das Haus, für dessen Umbau er zehn Jahre gebraucht hatte. An seinen Gesprächsthemen war nichts Persönliches, nichts an seinem Gesicht oder an der Art, wie er sie ansah, weswegen sie sich Sorgen machen mußte.
Sie verstand nicht, was vor sich ging. Auf der einen Seite das Abendessen, das Kerzenlicht, die Art, wie er am Auto zu ihr hinuntergeschaut hatte, ihre eigene körperliche Reaktion. Andererseits sein ruhiges, entspanntes, freundliches Verhalten. Sie unterhielten sich auch über Pat.
»Ich
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