Eine Mutter fuer die kleine Cassie
verlieren würden, und irgendwie, in unserem verqueren Denken, redeten wir uns ein, dass du unsere Enkeltochter nicht haben solltest.” Er seufzte. “Vielleicht haben wir versucht, den Menschen zu ersetzen, der uns geraubt worden war. Catherine.”
Er machte eine Pause und rang nach Worten. “Als du Sharon geheiratet hast … na ja, das gab uns den Rest. Unsere Angst, Cassie zu verlieren, wurde plötzlich konkret. Ich meine, Sharon hat ihre eigene Familie und du deine. Ihr beide brauchtet uns nicht mehr.”
Grant wollte widersprechen, aber Hugh hob die Hand. “Wir sind hergekommen, weil wir um Cassie kämpfen wollten. Statt dessen wurde uns klar, wie glücklich sie ist.”
“Sie wird Catherine niemals vergessen. Wir würden es nicht zulassen”, versprach Grant mit sanfter Stimme.
Hugh nickte. Er schwieg fast eine Minute lang, dann räusperte er sich geräuschvoll. “Ich weiß, es kann nie wieder so werden wie früher … aber ich hoffe, du wirst uns eines Tages verzeihen können.”
Verzeihung. Eine Kraft, von der Grant geglaubt hatte, dass er sie nicht mehr besaß. Es wäre einfacher, sicherer, zu Hugh und Dorothy auf Distanz zu gehen. Abstand zu gewinnen. Doch dann dachte er an Sharons stille Überzeugung, dass er das Richtige tun konnte und tun würde.
Ein Gefühl des Friedens, der Gelassenheit durchströmte ihn.
“Wie es scheint, sind wir schon auf halbem Wege dorthin”, sagte er.
Als Grant in sein Zimmer zurückkehrte, war Sharon eingeschlafen. Er suchte und fand seinen Pyjama, zog ihn an und schlich auf Zehenspitzen an ihre Seite des Bettes. Lächelnd betrachtete er ihr von Locken eingerahmtes Gesicht.
Er hob die Hand, um mit den Knöcheln über ihre Wange zu streichen, und wünschte plötzlich, er könnte sie wecken und mit ihr reden. Nur reden, sagte er sich. Von Freund zu Freundin, denn das war sie. Ohne sie wäre er niemals in die Küche gegangen und hätte sich nicht mit Hugh ausgesprochen. Jetzt war ihm, als wäre ihm eine gewaltige Last von den Schultern genommen worden. Mit der Fingerspitze strich er an ihr Kinn entlang und berührte noch einmal die rosige Wange. Dann hob er ihr Buc h vom Boden auf, legte es auf den Nachttisch und schaltete die Lampe aus.
Vorsichtig schlüpfte er auf der anderen Seite unter die Decke und schloss die Augen Sharons leiser Atem drang an sein Ohr, und er spürte ihre Wärme. Mit einem leisen Seufzer drehte sie sich auf den Rücken, die Hand, an der Hüfte, das Gesicht im Schein des Radioweckers.
Einige Sekunden lang starrte Grant auf ihre schmalen Finger, dann konnte er nicht widerstehen und strich über den Handrücken. Schließlich legte er seine Hand um ihre, und ihre Finger passten hinein, als gehörten sie dorthin. Er verstand nicht, warum er sie berühren musste, aber er gab dem Bedürfnis einfach nach.
Es erschreckte ihn nicht. Vielleicht war er zu erschöpft, um darüber nachzudenken. Er schloss die Augen wieder und schlief ein, Sharons Hand in seiner.
Zwei Tage später reisten Hugh und Dorothy ab. “Pass ja gut auf dein Mädchen auf. Sie liebt dich sehr”, sagte Hugh zu Grant, als sie das Gepäck einluden.
“Ich passe immer gut auf Cassie auf”, erwiderte Grant. “
“Ich meinte Sharon.”
Auf dem Flughafen zog Dorothy Grant zur Seite. “Ich weiß, es geht mich nichts an, aber ich wünschte, du und Sharon würdet eure Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, noch einmal überdenken. Ihr seid beide wunderbare Eltern.”
Vor Verblüffung wäre Grant fast die Kinnlade heruntergeklappt. Dorothy tätschelte ihm den Arm.
“Denk darüber nach”, wiederholte sie.
Cassie weinte zum Abschied. Hugh und Dorothy umarmten und küssten Sharon.
Dann ging Hugh zu Grant. “Nun ja …” Er streckte die Hand aus.
Grant betrachtete die Hand und hob den Blick. Nach kurzem Zögern schloss er Hugh fest in die Arme.
“Ihr müsst uns unbedingt besuchen.” Hughs Augen glitzerten, und er schaute verlegen zu Boden. Grant nickte. Er hatte einen Kloß im Hals und brachte kein Wort heraus. Rasch nahm er die noch immer weinende Cassie auf den Arm. Sharon stand neben ihm. Zusammen sahen sie den beiden nach, als sie über das Vorfeld zum wartenden Flugzeug gingen.
Obwohl Sharon in dieser Nacht in ihrem Zimmer schlief, musste Grant immerzu an sie denken. Eigentlich hatte er erwartet, sofort einzuschlafen. Doch als er auf dem Rücken lag und an die Decke starrte, sah er Sharon vor sich. Ihr Gesicht, von Locken umrahmt, die dichten Wimpern auf den hellen
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