Eine Nachbarin zum Verlieben
Lieferanten vom Baumarkt weg waren, setzte sie sich mit einer Tasse Kaffee und dem Betriebshandbuch auf die Terrasse. Dann startete sie den grünen Flitzer. Einige kräftige Hopser später kapierte sie langsam, wie er funktionierte. Jetzt musste sie nur noch die Geschwindigkeit unter Kontrolle bekommen.
Ihre Stimmung verbesserte sich mit jedem gemähten Streifen. Sie brauchte keinen Mann für solche Arbeiten. Dass sie kein handwerkliches Genie war, hieß nicht, dass sie nicht einige einfache Tätigkeiten in Haus und Garten erlernen konnte – oder ihrer Tochter dabei helfen konnte, sie zu erlernen.
Sie würde Mike zeigen, dass sie es draufhatte. Er brauchte nicht zu wissen, wie wichtig es ihr war, sich zu ändern und sich nicht mehr auf einen Mann stützen und verlassen zu müssen. Vielleicht zählten Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationen nicht zu ihren Kernkompetenzen, aber die Arbeit mit diesem Rasentraktor machte richtiggehend Spaß.
Irgendwann war ihr Rasen fertig gemäht. Amanda musste zugeben, dass sie einiges dabei gelernt hatte. Am Anfang hatte sie einige Stellen ausgelassen, weil ihr das Rangieren um Bäume und Steine so schwergefallen war. Manche Stellen waren kürzer geschnitten als andere. Unmittelbar vor dem Haus hatte sie einen Streifen komplett vergessen. Dafür war sie einem Büschel Ziergras etwas zu nahe gerückt. Aber im Laufe der Zeit würde das schon wieder werden.
Mikes Rasenfläche war größer als ihre, aber dafür einfacher zu mähen. Weniger Bäume und Blumenbeete. Den Wassergarten würde sie einfach großräumig umfahren.
Endlich konnte sie zur Abwechslung einmal ihm einen Gefallen tun und sich auf diese Art dafür entschuldigen, dass sie ihn heute so angezickt hatte.
Besonders praktisch fand sie, dass er nicht zu Hause war. Wenn er zurückkehrte, würde er überrascht feststellen, dass sein Rasen frisch gemäht war, und er würde noch nicht einmal wissen, dass sie es gewesen war.
Kurz bevor sie mit dem vorderen Abschnitt von Mikes Grundstück fertig war, wurde ihr grüner Flitzer plötzlich langsamer. Dann begann er zu stottern. Und schließlich starb er vollkommen ab.
Ihr war der Treibstoff ausgegangen.
7. KAPITEL
Mike kam gegen zwei Uhr nachmittags zurück nach Hause. Teddy war schlechter Laune. Sein erster Besuch beim Zahnarzt hatte ihn nicht begeistert, obwohl Mike seinem Sohn danach noch einen Hamburger gekauft und mit ihm im Park herumgetollt war.
„Es tut immer noch weh, Dad“, beschwerte sich Teddy, während er sich aus dem Sicherheitsgurt befreite. Beim Aussteigen sah er den Rasentraktor. Damit war das Thema Zahnarzt gegessen, und er hatte nur noch Augen für das grüne Spielzeug: „Oh, wow!“
Mike stieg langsamer aus seinem Pick-up, doch er teilte die Faszination seines Sohnes. „Wir setzen uns nicht auf etwas, das uns nicht gehört, Teddy.“ Dabei fiel es ihm schwer, mit gutem Beispiel voranzugehen. Immerhin konnte es nicht schaden, das Gerät einmal in respektvoller Entfernung zu umrunden.
Slugger bequemte sich, aus dem Haus zu kommen und sie zu begrüßen. Um die Wahrheit zu sagen, eigentlich nur Teddy. Der Hund trug Mike nämlich immer noch nach, dass er ihn vor ein paar Tagen zur Kastration zum Tierarzt gebracht hatte.
Andächtig standen sie vor dem Rasentraktor.
„Gehört der uns, Dad?“
„Nein.“
„Warum nicht, wenn er in unserem Garten steht? Wem könnte er sonst gehören?“
„Ich weiß es nicht, aber ich habe da so eine Ahnung.“
„Darf ich darauf sitzen, Dad, nur ganz kurz? Bitte!“
„Ohne die Erlaubnis des Eigentümers kommt das überhaupt nicht infrage.“
Mike konnte nur noch den Kopf schütteln. Nicht wegen seines Sohnes, sondern wegen des Rasentraktors. Es war ein John Deere. Ein Traumstück aus der X700-Serie. Mit dem größten lieferbaren Mähwerk, farbcodierten Bedientasten, Tempomat, CD-Player, Vierradsteuerung.
Die Zielgruppe für diese Art von Rasentraktoren waren Landschaftsgärtner. Oder Golfplätze. Mike wusste nicht viel über Rasentraktoren, aber dieser hier kostete mit Sicherheit Tausende von Dollars. Niemand, zumindest niemand, der bei Verstand war, würde sich ein solches Teil für den Garten eines durchschnittlichen Einfamilienhauses anschaffen. Diese Erkenntnis lieferte bereits den ersten Hinweis auf den möglichen – um nicht zu sagen, wahrscheinlichen – Eigentümer.
Der zweite Hinweis war, dass sein Rasen gemäht worden war. Glücklicherweise würde er sich wieder erholen. Gras wuchs immer nach,
Weitere Kostenlose Bücher