Eine Nachbarin zum Verlieben
noch mehr Kinderärzte auf deiner Liste?“
Sie nickte. „Sicher. Als Nächstes ist Dr. Alan Rivers dran.“
„Das ist auch einer meiner Favoriten, aber ich war noch nicht dort.“
„Wenn das so ist …“
„Hm.“
Ihnen gefiel die Idee, sich Dr. Rivers gemeinsam anzusehen. Vier Augen sahen immer mehr als zwei. Da sie beide mit dem Wagen unterwegs waren, fuhren sie getrennt und trafen sich am Praxiseingang. Dr. Rivers’ Praxis war nur einige Straßen weiter als die von Dr. Weavers, und doch trennten sie Welten.
Mike war schon vom mehr als nur kindgerecht eingerichteten Wartezimmer begeistert. Auf einem großen Flachbildschirm lief Free Willy . Den Großteil der gegenüberliegenden Wand nahm ein Aquarium mit bunten Fischen ein, das in einer Höhe montiert war, in der es sich die Kinder ohne die Hilfe ihrer Eltern ansehen konnten. Kinder konnten hier viel tun und hatten gar keine Zeit, sich zu fürchten.
Amanda hatte inzwischen Dr. Rivers aufgetrieben. Er war beinahe so klein wie seine Patienten und hatte eine große Brille, krauses Haar und ein knallblaues Stethoskop. Der Arzt nahm sich zwischen zwei Terminen einige Minuten Zeit für sie – weder Amanda noch Mike brauchten mehr.
Auf dem Weg nach draußen erklärte Amanda: „Hier gefällt es mir, meine Entscheidung ist gefallen. Das ist Mollys neuer Kinderarzt.“
„Weil alles so kinderfreundlich eingerichtet ist?“
„Ja, das finde ich wichtig. Sauber war es übrigens auch. Außerdem trug von den Angestellten niemand beängstigend weiße Arztkleidung.“
„Und von den kleinen Patienten sah niemand aus, als hätte er oder sie Angst.“
Sie lächelte. „Auch ein sehr gutes Argument.“
Vor ihren nebeneinander geparkten Autos blieben sie unschlüssig stehen. „Dann können wir also Vorschule und Kinderarzt abhaken, oder?“, fragte er.
„Ja. Ein Glück. Mir reicht es für heute.“
Mike lachte. „Dann denkst du, wir schaffen es, uns die nächsten paar Stunden aus dem Weg zu gehen?“
Sie hörte auf zu lächeln, legte den Kopf schief. Zwischen ihnen passierte etwas – etwas, das alle Geräusche um sie herum ausblendete, aber das Rauschen nasser Blätter und den winzigen blauen Schimmer, der sich am Himmel zeigte, verstärkte. Mike konnte den Blick kaum von Amanda losreißen.
„Ich glaube nicht, dass wir das schaffen“, sagte sie leise.
Vor lauter Schauen hatte er völlig den Faden verloren. „Was schaffen?“
„Ärger zu vermeiden.“ Sie drehte sich um und flüchtete in ihren Wagen.
Er stand noch da, versonnen ins Leere starrend, als Amanda schon lange den Parkplatz verlassen und die Straße hinuntergefahren war.
Er war zu etwa achtzig Prozent sicher, dass sie ihn gerade herausgefordert hatte. Zwar hatte sie nicht wörtlich gesagt: „Ich will Ärger“, doch genau das hatte im Klang ihrer Stimme gelegen. Und in ihren Augen, mit denen sie ihn provokativ angefunkelt hatte, sowieso. Ihr Körper, ihr Lächeln … bei ihr drehte sich alles um Gefahr, Ärger und Risiko.
Es war keine gute Idee, einen Mann herauszufordern, dessen Hormone Samba tanzten und der kurz davor war, seine nur noch mühsam aufrechterhaltene Beherrschung zu verlieren. Bisher hatte er sich tapfer gehalten und war brav geblieben. Doch, wie sein vierjähriger Sohn sagen würde, keiner kann die ganze Zeit brav sein.
Amanda kam mit Molly gegen zehn vor sieben im Gemeindezentrum an. Sie hatte eine Einladung zu einer Ortsteilversammlung in ihrem Briefkasten gefunden und sich entschlossen, daran teilzunehmen. Vielleicht war das eine gute Möglichkeit, erste Kontakte zu ihren Nachbarn zu knüpfen und Molly dabei zu unterstützen, Freundschaften zu schließen.
Auf der Wiese vor dem Gebäude spielten schon viele kleinere Kinder unter der Aufsicht einiger Teenager. Amanda hatte nicht vor, ihre Tochter Fremden anzuvertrauen, aber sie hatte aus dem ganzen Raum beste Sicht auf alles, was draußen vorging, und die Kinder schienen jede Menge Spaß zu haben.
Molly, ehrgeizig und kontaktfreudig, wie sie war, schloss sich ihnen sofort beim Spielen an.
Amanda entspannte sich – ein wenig – und begann sich umzusehen. Es gab viele freundliche Gesichter, und da fast alle Anwesenden Kinder hatten, fiel der Einstieg in ein Gespräch nicht schwer.
Sie trug ein T-Shirt mit Rundhalsausschnitt, eine weiße Hose und Sandalen. Ihre widerspenstigen Haare hatte sie mit einer Spange gebändigt, so gut es eben ging. Während sie für jedes geschäftliche Meeting blind die richtigen
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