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Eine Nacht wie Samt und Seide

Titel: Eine Nacht wie Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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schreiben.«
    Eugenia ließ ihre Klöppel sinken. »Daraus schließe ich, dass du etwas Beunruhigendes erfahren hast. Was ist es?«
    Pris ließ ihre Handschuhe auf den Tisch fallen, schwang ihre schweren Reitröcke zur Seite und setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. Beide, Eugenia und Adelaide, wussten, wo sie gewesen war und weswegen. »Ich hatte erwartet zu hören, dass Paddy mit dem Oberstallmeister gestritten habe oder etwas Ähnliches. Ich hatte gehofft, der Grund für seine Kündigung bei Cromarty wäre einfach und unverdächtig. Leider ist das nicht der Fall.«
    Über den verblassten Prunk des Aubusson-Teppiches hinweg schaute Pris ihrer Tante in die weisen Augen. »Paddy hat davon gesprochen, dass etwas in Cromartys Stallungen vor sich ginge, das ihm überhaupt nicht gefiele - daher ist er auch gegangen. Jetzt ist er verschwunden - seine Freunde glauben, man habe ihn aus dem Weg geräumt.«
    Eugenias braune Augen weiteten sich. »Gütiger Himmel!«
    »Oh je!« Adelaide schaute sie bestürzt an.
    Pris drehte sich zu dem Schreibtisch um und zog die Schublade auf. »Ich werde Russ schreiben und ihm sagen, dass er unverzüglich seine Stellung aufgeben soll. Wenn da etwas Unschönes mit den Pferden geschieht - nun, ihr kennt ja Russ. Er wird sich einmischen, versuchen, es in Ordnung zu bringen. Aber ich will nicht, dass er in Gefahr gerät. Schon gar nicht an einem Ort, wo Menschen auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Wenn er nicht heimkommen kann und sich mit Papa auseinandersetzen, dann muss er sich eben anderswo nach jemandem umsehen, für den er Pferde trainieren kann.«
    Zu ihrem nicht geringen Erschrecken bebte ihre Stimme; sie machte eine Pause, um tief Luft zu holen.
    Russ war immer schon verrückt nach Pferden gewesen. Sein Ziel war es, einen irischen Derby-Sieger zu trainieren. Auch wenn sie seine Begeisterung nicht teilte, verstand Pris voll und ganz seinen Drang, diesen Traum zu verwirklichen. Unheilvollerweise hatte ihr Vater Denham Dalloway, der Earl of Kentland, reichlich unbeugsame Ansichten dazu, was sich als angemessene Beschäftigung seines Sohnes und Erben eignete - nämlich vor allem die Verwaltung und Hege des Familienbesitzes. Pferde zu züchten und auszubilden war gut und schön für andere Menschen - im Sinne von Menschen niedrigeren Ranges -, aber für den nächsten Earl of Kentland war es völlig unangemessen.
    Von den drei Söhnen des Earls war Russ derjenige, den die Rolle des Landbesitzers als Dreh- und Angelpunkt seines Lebens am wenigsten ausfüllen würde. Wie Pris schlug er mehr nach ihrer Mutter, war mehr keltisch als englisch, wild, mit einem Hang zur Dramatik und lebensfroh. Beide Zwillinge sahen ein, wie wichtig es war, dass der Besitz gut verwaltet wurde, aber die Aufgabe an und für sich besaß keinen Reiz für sie. Glücklicherweise geriet ihr jüngerer Bruder Albert - inzwischen einundzwanzig Jahre alt - nach ihrem Vater: solide, zuverlässig und unerschütterlich; Albert begeisterte sich für die Gutsverwaltung und würde zweifellos darin brillieren.
    Pris, Russ und Albert hatten sich immer nahegestanden, wie alle Dalloway-Kinder, aber die anderen drei - Margeret, Rupert und Aileen - waren mit zwölf, zehn und sieben Jahren wesentlich jünger. Daher wurden sie weniger als mögliche Mitverschwörer angesehen. Noch bevor ihre Mutter gestorben war, hatten die drei ältesten Geschwister einen Pakt geschlossen: Russ würde tun, was ihr Vater verlangte, und sich um den Besitz kümmern, bis Albert von der Universität in Dublin zurückkehrte, dann würden sie ihren Plan ihrem Vater präsentieren. Albert sollte in Russ’ Namen die Verwaltung der Ländereien übernehmen, während Russ selbst sich der Aufgabe widmete, ein Gestüt für Rennpferde aufzubauen.
    Es war eine Vorstellung für die Zukunft, die allen dreien zusagte.
    Vor zwei Monaten war Albert dann aus Dublin zurückgekehrt, seine Studien hatte er abgeschlossen. Nachdem er sich mit dem Besitz wieder vertraut gemacht hatte, waren die drei wie besprochen zum Earl gegangen und hatten ihm ihr Vorhaben vorgetragen, doch der hatte den schönen Plan sogleich weit von sich gewiesen.
    Russ würde weiterhin die Verwaltung leiten. Wenn er unbedingt wollte, dürfte Albert ihm helfen. Aber auf keinen Fall würde je ein Dalloway so tief sinken, sich geschäftsmäßig mit der Pferdezucht zu befassen.
    So lautete die unmissverständliche Antwort des Earls.
    Russ war explodiert. Pris und Albert verstanden ihn; er hatte seinen

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